Auf Social Media teilen viele ihre Wettkampfergebnisse, ihre Pace und Medaillen – und obwohl wir uns gerne für die Erfolge anderer freuen möchten, gelingt uns das nicht immer ganz so einfach. Besonders im (Lauf-)Sport ist Konkurrenzdenken oder auch Neid auf die Leistungen anderer nicht ungewöhnlich. Doch woher kommt Neid überhaupt und ab wann wird dieses Gefühl ungesund? Wie können wir besser damit umgehen – und vielleicht sogar als Leistungspush für uns nutzen? Antworten auf diese Fragen und jede Menge wertvolle Denkimpulse gibt uns Sportpsychologin Viktoria Vida.
Wie entsteht Neid?
Vermutlich hat jeder von uns schon einmal Neid verspürt. Es ist ein alltägliches Phänomen, das jedoch häufig tabuisiert wird. Neid entsteht, sobald wir wahrnehmen, dass wir in einem bestimmten Bereich schlechter abschneiden als jemand anderes oder etwas nicht besitzen, das wir gerne hätten. Er ist eng mit unserem Selbstwertgefühl verbunden: Menschen mit einem stabilen Selbstwert sind weniger anfällig für Neidgefühle als Personen mit geringem Selbstwert. Zumindest ist das die vorherrschende Vorstellung von Neid in Deutschland. Von Viktoria erfahren wir nämlich, dass in anderen Ländern zwischen zwei Arten von Neid unterschieden wird – und nicht beide sind negativ konnotiert.
Der „schwarze Neid“ ist geprägt von Missgunst und negativen Emotionen. Er kann dazu führen, dass wir anderen ihren Erfolg nicht gönnen. Dieser Zustand belastet nicht nur emotional, sondern kann auch körperliche Symptome auslösen. Im Gegensatz dazu bietet der „weiße Neid“ eine konstruktive Perspektive. Er inspiriert und motiviert uns. Wie erwähnt, wird diese Unterscheidung im deutschsprachigen Raum selten gemacht. Das könnte ein Grund dafür sein, dass Neid hierzulande stärker stigmatisiert ist und seltener offen besprochen wird.
Was macht es mit uns?
Neid kann sich auf ganz unterschiedliche Weise auf uns auswirken. Besonders der schwarze Neid kann uns dabei ordentlich zusetzen. Stressreaktionen wie Schlaflosigkeit, schnelle Atmung oder ein erhöhtes Anspannungslevel sind keine Seltenheit. Diese körperlichen Symptome beeinträchtigen nicht nur unser Wohlbefinden, sondern auch unsere Konzentration und Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig können Selbstzweifel aufkommen, die uns innerlich blockieren und unsere Energie rauben. Auch in Freundschaften oder sozialen Gruppen kann das belastend werden, denn Konkurrenzdenken führt nicht selten zu Spannungen. Genau deshalb ist es so wichtig, Neid nicht einfach wegzudrücken, sondern sich mit ihm auseinanderzusetzen und – wenn möglich – offen darüber zu sprechen. Mit Techniken wie Meditation, positiven Selbstgesprächen und mehr Selbstmitgefühl können wir außerdem lernen, diese Emotionen besser zu verstehen und damit umzugehen.
Aber Neid hat nicht nur Schattenseiten. Weißer Neid kann uns viel darüber verraten, was wir uns wirklich wünschen oder wo Unsicherheiten liegen, die wir bisher vielleicht nicht erkannt haben Der Erfolg anderer kann uns zudem inspirieren, eigene Schritte zu wagen. In diesem Fall wird Neid zu einer treibenden Kraft, die uns motiviert, statt uns zurückzuhalten.
Neid im Laufsport
Der Laufsport bietet ideale Bedingungen für Vergleiche: persönliche Bestzeiten, Distanzen oder Trainingsfortschritte sind nämlich leicht messbar und vergleichbar. Dies kann uns zwar anspornen, birgt aber auch das Risiko, in ungesunde Vergleiche abzudriften. Je ähnlicher uns die Vergleichsperson – sei es in Alter, Geschlecht oder Trainingserfahrung –, desto intensiver empfinden wir den Neid. Das Leistungsniveau allein ist dabei oft weniger entscheidend als die subjektive Wahrnehmung.
Apps wie Strava oder Instagram verstärken den Druck des Vergleichens zusätzlich. Sie machen Erfolge und Fortschritte anderer jederzeit sichtbar. Diese permanente Verfügbarkeit kann dazu führen, dass unser Fokus ausschließlich auf Zahlen und Leistung liegt. Gleichzeitig leidet oft das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Laufcommunity. Ein bewusster Umgang mit Social Media, wie die gezielte Auswahl von Followern und Inhalten, kann dabei helfen, Negativspiralen zu vermeiden. Auch im Wettkampf selbst spielt Neid häufig eine Rolle. Schlechte Ergebnisse können frustrieren und demotivieren. Hier ist es entscheidend, die Selbstkritik eher als Chance für persönliches Wachstum zu betrachten. Rückschläge sollten nicht als persönliche Niederlagen gewertet werden, sondern als Möglichkeit, Selbstmitgefühl zu entwickeln und langfristig die Freude am Sport zu bewahren.
Neid mag im Laufsport präsent sein, doch wie wir damit umgehen, liegt in unserer Hand. Wenn wir unseren Fokus auf unsere eigenen Ziele und Werte richten, können wir uns von überflüssigen Vergleichen lösen und den Sport so genießen, wie es uns am meisten erfüllt.
Wenn du mehr zum Thema Neid und Konkurrenz erfahren willst, hör gerne in unsere neue Folge rein! diese findest du wie immer auf Spotify, Apple Podcasts und überall da, wo es Podcasts gibt.