Vegan ist im Trend, aber für viele Sportler*innen trotzdem tabu. Brendan Brazier hat sportliche Extremleistungen vollbracht – nur mit Pflanzenkost. Im Interview mit Achilles Running erklärt der frühere Ironman-Triathlet, woher er seine Energie für den Sport bezieht.
Achilles Running: Herr Brazier, auch dank Ihnen sieht Wolverine im Film so gut aus, oder?
Brendan Brazier: Naja, ich habe vielleicht etwas Anteil, ja (lacht).
Hollywoodstar Hugh Jackman, der die Action-Figur Wolverine spielt, war so begeistert von Ihrer veganen “Thrive-Diät”, dass er sogar das Vorwort zu Ihrem Buch schrieb.
Ja, er ist zwar kein Veganer geworden, aber er versucht, mehr basische Lebensmittel zu sich zu nehmen und Dinge zu essen, die ihm gut tun. Vorher hat er Masse zugelegt, ohne sich wohlzufühlen. Er war schwerfällig, hatte keine Energie und Probleme mit Entzündungen. Das wollte er ändern und hat deswegen einige Grundprinzipien meiner Thrive-Diät übernommen. Er wollte athletisch sein, muskulös – und trotzdem beweglich bleiben.
Sie waren professioneller Ironman-Triathlet und ernähren sich seit rund 20 Jahren vegan. Warum sollte pflanzenbasierte Ernährung der sportlichen Leistung dienen?
Es gibt viele gute Gründe für eine pflanzenbasierte Ernährung, vor allem für Sportler*innen. Entscheidend ist: Um pflanzliche Nahrung zu verdauen, braucht man nicht so viel Energie aufzuwenden. Dadurch steht dem Körper mehr Energie zur Verfügung.
“Zuerst hatte ich ständig Hunger”
Viele machen aber genau die entgegengesetzte Erfahrung: Sie fühlen sich schlapp.
Das war bei mir am Anfang auch so. Da habe ich viel stärke- und kalorienhaltige Lebensmittel wie Pasta oder weißen Reis zu mir genommen. Ich hatte ständig Hunger und war immer müde. Nach einiger Zeit habe ich diese Dinge durch Lebensmittel ersetzt, die leichter zu verdauen sind und mehr Energie liefern: Amaranth, Quinoa, Buchweizen oder Wildreis.
Leicht verdauliche Nahrung sorgt für mehr Energie fürs Training. Ganz so einfach ist es aber nicht, oder?
Im Grunde schon. Wenn du mehr Energie verbrauchst, hast du weniger. Fleisch, Fisch und Milchprodukte fördern Entzündungen. Und die sind das letzte, was Sportler*innen gebrauchen können. Je weniger der Körper mit Entzündungen zu kämpfen hat, desto leichter ist es für ihn, die Muskeln zu kontrahieren. Man ist in der Lage, härter zu trainieren.
Video: Brendan Brazier erklärt die Thrive-Diät
“Meine sportliche Leistung hat sich schnell verbessert”
Warum hatten Sie überhaupt das Gefühl, etwas an Ihrer Ernährung ändern zu müssen?
Ich wollte das Beste aus mir herausholen und Profi-Sportler werden. Ich war 15 Jahre alt und wusste, dass es hart sein würde, meinen Traum wahrzumachen. Also suchte ich nach einem Vorteil, der es wahrscheinlicher machen würde. Ich schaute mir die Trainingsprogramme der Spitzen-Sportler*innen an und merkte schnell, dass die Art zu trainieren sich nicht groß vom Training der Durchschnitts-Sportler*innen unterscheidet. Ich fragte mich, was den Leistungsunterschied ausmachen würde.
Was ergaben Ihre Recherchen?
Es ist die Erholung. Die Regeneration der Muskeln macht den Unterschied. Und die hängt stark von der Ernährung ab. Also habe ich mich mehr mit Ernährung beschäftigt. Ich wusste, wenn ich mich damit auskenne, habe ich eine Chance, Profi zu werden.
Sie haben es tatsächlich geschafft, waren einer der wenigen veganen Ironman. Als Sie anfingen, sich für vegane Ernährung zu interessieren, waren Sie ein Teenager. Das war Anfang der 1990er-Jahre. Die Leute müssen Sie für verrückt erklärt haben.
Klar. Auch mein Trainer damals war sehr skeptisch und überhaupt nicht unterstützend. Kein Wunder, er hatte sein System, das funktionierte.
Wie konnten Sie sicher sein, dass eine vegane Ernährung Ihnen als Extrem-Sportler gut tut?
War ich nicht. Ich hatte vorher schon alle möglichen Diäten probiert: mit viel Kohlenhydraten, mit wenig, mit viel Eiweiß, mit wenig. Ich war überzeugt davon, dass mich die richtige Ernährung weiterbringen würde, deswegen experimentierte ich weiter. Es war ein langer Prozess, der Jahre gedauert hat.
Sie blieben beim Veganismus. Was hat er Ihnen gebracht?
Als ich beschloss, mich vegan zu ernähren, habe ich schnell Veränderungen bemerkt. Ich habe in einer Gruppe trainiert, wo wir alle dasselbe Trainingsprogramm absolvierten. Nach der Umstellung bin ich nach einer harten Einheit am nächsten Morgen aufgewacht und habe mich frisch gefühlt. Meine sportliche Leistung hat sich schnell verbessert, weil ich mehr trainieren konnte als alle anderen. Nach einer Weile bemerkte ich auch, dass sich die Qualität meines Schlafes verbesserte.
Wie würden Sie eine gute Ernährung definieren?
Lebensmittel, die möglichst unverarbeitet und leicht zu verdauen sind, die viel Energie liefern und viele Nährstoffe enthalten. Vollwertkost und ballaststoffreiches Gemüse.
Zur Person: Brendan Brazier, Jahrgang 1975, ist einer von wenigen veganen Berufs-Sportler*innen weltweit. Der Kanadier war professioneller Ironman-Triathlet und beschäftigt sich seit seinem 15. Lebensjahr mit pflanzenbasierter Ernährung. Seine Erfahrungen hat er in seinem Buch Vegan in Topform: Der vegane Ernährungsratgeber für Höchstleistungen in Sport und Alltag aufgeschrieben. Das Vorwort schrieb der amerikanische Hollywood-Schauspieler Hugh Jackman (“Wolverine”).