Under Armour sagt, dass ihr neuer Laufschuh Hovr Infinite mit integriertem Bluetooth und GPS-Chip der beste neutrale Laufschuh für einen superweichen Lauf sein soll. Namri von Achilles Running hat ihn getestet.
- Geeignet für: Neutralläufer*innen
- Untergrund: Asphalt, befestigte Wald- und leichte Schotterwege
- Laufgefühl: fest und wenig dynamisch
- UVP des Herstellers: 140 Euro
- Gewicht: 306 g (Herstellerangabe)
- Sprengung: 8mm
Nerdiges Schuh-Vorgeplänkel
Under Armour, das viertgrößte Sportunternehmen in den USA, ist im Fitnessbereich groß geworden und versucht seit 2016 auch im Laufsport Fuß zu fassen. Seit zwei Jahren besteht in Deutschland eine groß angelegte Kooperation mit SportScheck, wo sie als Hauptsponsor von Laufveranstaltungen auftreten.
Dass das kein einfaches Unterfangen ist, kann man sich vorstellen. Die Platzhirsche Nike und Adidas, die Alteingesessenen Asics und Brooks, die erfolgreichen Newcomer Hoka One One und On bedienen mit ihren Schuhen viele von uns Laufenden. Zumindest sind das die Schuhbrands, die ich bei meinen Läufen am Berliner Maybachufer entlang am häufigsten sehe. Bis heute habe ich noch nie einen Under-Armour-Schuh live in Action gesehen. Das wird keine einfache Kiste für Under Armour.
Gemischte Gefühle
Hand aufs Herz, bisher haben die Laufschuhe von Under Armour bei mir gemischte Gefühle hinterlassen. Dafür gibt es zwei Gründe:
Der erste Grund war der Under Armour Speed Gemini 2. Der erste Laufschuh, den ich von Under Armour testen durfte. Das war vor drei Jahren. Um es diplomatisch auszudrücken: Es war nicht Liebe auf den ersten Blick. Und leider auch nicht auf den zweiten.
Der zweite Grund war eine Veranstaltung im Rahmen der Ispo 2018. Dort wurde ich von Under Armour zum Veröffentlichungs-Launch der neuen Hovr-Technologie eingeladen. Dieser Schuh war deutlich besser als der Speed Gemini 2. Vor allem das Obermaterial machte einen guten, wertigen Eindruck auf mich. Doch leider war die knöchelhohe Konstruktion nichts für mich. Leichte Druckstellen waren der Grund. Trotz des festen Sitzes am Knöchel hatte ich ein schwammiges Gefühl und dies machte einen unrunden Laufeindruck auf mich. Also auch im zweiten Anlauf keine größeren Glücksgefühle. Schade.
Alle guten Dinge sind drei
Aber wie wir alle aus unzähligen Laufschuhrezensionen wissen: Jeder Fuß ist anders. Und deswegen gibt es nicht DEN einen guten oder schlechten Schuh. Gerade deshalb ist es immer wieder erstaunlich wie die Emotionen hochkochen, wenn es um den „perfekten“ Laufschuh geht. Den gibt es nämlich nicht wirklich. Dafür sind unsere Füße zu unterschiedlich, es hängt vom Einsatzbereich, Lauftechnik, Körpergewicht, etc. ab. Wer Tipps für den Laufschuhkauf sucht, für den/die ist dieser Beitrag vielleicht interessant. Oder fragt in unserer Facebook-Gruppe Laufschuhfreaks um Rat.
Meine liebe Frau sagt gerne „3 Mal ist Bremer Recht“. Ich weiß zwar bis heute nicht was dieser Spruch soll und woher er stammt, aber er klingt ganz catchy. In dem Sinne war ich umso gespannter als ich das unverbindliche Angebot bekam den Hovr Infinite Laufschuh zu testen, der im Februar 2019 auf dem deutschen Markt landete.
Der erste Eindruck
Ein prächtiges Farbenspiel mit gelben und orangenen Highlights empfängt mich als ich den Karton öffne. Das wabenähnliche Mesh, das fast vollständig das Upper umfasst, erinnert entfernt an den Lifestyleschuh Deerupt von Adidas.
Das Spezielle am Schuh ist, dass der rechte Schuh einen GPS-fähigen Chip implantiert bekommen hat. Wie es beim Gemini 2 auch der Fall war. Über Bluetooth kann der Schuh mit der Tracking App mapmyrun von Under Armour verknüpft werden. Über mein iPhone 7 klappte das schnell und ohne Probleme. Sehr schön. Nun wird jeder Lauf in diesen Schuhen getrackt. Das hat den Vorteil, dass man GPS-Uhr oder Handy zu Hause lassen kann und der Lauf trotzdem gespeichert wird.
Kritisch finde ich, dass zusätzlicher Elektromüll anfällt. Zusätzliche Challenge: Wenn es sich mit dem Schuh ausgelaufen hat, sollte man ihn korrekt entsorgen.
Das Laufschuh-Versprechen
Marketing-Sprech mag schön klingen, kann aber auch nach hinten losgehen. Vor allem, wenn die Werbetexte große Versprechungen machen. Das gilt für alle Hersteller. In unserem Fall verspricht Under Armour ein Laufgefühl der Schwerelosigkeit. Das klingt schwierig machbar – und war es auch.
Mein Eindruck war, dass der Schuh kein besonderes Abrollverhalten hat. Aber dennoch keinen schlechten Eindruck macht. Was erfreulich ist. Von Schwerelosigkeit würde ich jetzt aber nicht reden wollen. Unrealistische Erwartungen widersprechen dem Prinzip des Erwartungsmanagements – um es zuuu akademisch und gaaaanz vorsichtig auszudrücken.
Obermaterial des Schuhs
Der Aufbau des Obermaterials sagt mir weniger zu, weil der Schuh eher massig auf mich wirkt. Aber von der Optik gefällt mir das abgespacete Colorway gut und die Farbexplosion versprüht einen 2000er Flavor. Wem es nicht gefällt, für den/die gibt es fünf weitere Colorways. Ganz in Weiß (mit einem Blumenstrauß) sticht da besonders ins Auge. Blöd nur, wenn die schmutzig werden.
Leicht und breit
Erfreulich auch, dass der Infinite recht leicht ist. Aufgrund des eher breiten Vorderfußbereichs eignet sich der Schuh für Normal- und „Breitfuß“-Laufende. Schmaleren Füßen rate ich von dem Schuh eher ab.
Die Zunge des Schuhs ist für meinen Geschmack zu ausgiebig wattiert. Das führt zu folgendem Problem bei mir: Damit der Schuh eng genug sitzt, schnüre ich die Schuhe fester als bei geringer gepolsterter Schuhzunge. Das hat bei längeren Läufen (5k+) manchmal zu unangenehmen Druckstellen im Fußspannbereich geführt. Manchmal ist weniger auch mehr. Was mich nicht stört ist, dass die Schuhzunge dazu tendiert, zur Seite zu rutschen.
Mein Fazit zum Under Armour Hovr Infinite
Vorab, der Schuh ist okay für mich. Womit ich meine Schwierigkeiten habe, sind die überhöhten (Marketing-) Versprechungen. Egal, ob sie von Under Armour oder einer anderen Laufschuhmarke kommen. Im gewissen Rahmen bin ich damit ok, frei nach dem Motto “Respect the hustle”. Aber dafür steigt meine Erwartungshaltung und gleichzeitig auch die Fallhöhe an ein Produkt.
Under Armour versprach mir den besten Schuh für einen superweichen Lauf. Das ist der Hovr Infinite in meinen Augen leider nicht. Dazu ist mir der Schuh als Mittelfußläufer nicht dynamisch genug. Das mag auch mit dem stabil anmutenden Aufbau des Obermaterials zusammenhängen. Aber wie gesagt, es ist kein schlechter Schuh. Der Infinite läuft sich ähnlich unspektakulär wie beispielsweise der Brooks Glycerin 17, den ich schätze. Aber er hält nicht was er verspricht – Thema Schwerelosigkeit – und das löst bei mir leichte Enttäuschung aus.
Disclaimer: Der Schuh wurde uns als PR-Muster zur Verfügung gestellt. Das hat keinen Einfluss auf unsere Einschätzung zum Schuh.