Viele Läufer*innen wollen im Frühling einen Halbmarathon laufen. Sie fragen sich: Reicht es aus, wenn ich nur jogge, also Dauerläufe in einem schönen gleichmäßigen Tempo mache? Oder muss ich auf Tempo trainieren? Lauf-Trainer Piet Könnicke gibt Antwort.
Mich erreichen ständig Fragen wie diese: “Ich will im Frühjahr einen Halbmarathon laufen. Bislang bin ich nur Rad gefahren, immer gleichmäßig im konstantem km/h-Schnitt. Reicht es nicht aus, wenn ich nur Dauerläufe absolviere, um einen Halbmarathon zu schaffen? Die Antwort ist ja! – Und: nein.
Brauche ich Tempoläufe, um einen Halbmarathon zu schaffen?
Das Vermögen, das wir brauchen, liegt allein schon in der Bezeichnung, was wir sind: Ausdauersportler. Ein 21 Kilometer langer Lauf ist eine Ausdauerleistung. Ausdauer ist die Grundlage für Erfolg in unserem Sport. Und Erfolg ist zunächst darin zu sehen, 21 Kilometer zu schaffen, dabei Spaß und Freude zu haben, Strecke und das Laufen zu genießen.
Daher ist es völlig richtig: Wer über einen ausreichend langen Zeitraum regelmäßig läuft und sein Ausdauervermögen schult, konditioniert sich im ausreichenden Maß, um 21 Kilometer problemlos laufen zu können. Wer zwei bis drei Mal pro Woche einen Dauerlauf macht, wird auch einen Halbmarathon schaffen.
Genauso wird jemand mit dem Rad die Alpen überqueren können, auch wenn er nur im Flachland trainieren kann. Mit ausreichend Kraft und vor allem genügend Ausdauer lässt sich diese Herausforderung meistern. Noch so gut trainierte Bergfahrer*innen werden in den Serpentinen Probleme bekommen, wenn ihnen die Luft ausgeht. Dann helfen auch keine kräftigen Oberschenkel mehr.
Tempo-Spiel gegen Dauerlauf-Monotonie
Doch Laufen an sich ist schon eine derart monotone Angelegenheit, dass Abwechslung im Trainingsalltag nicht verkehrt ist. Für den Kopf ist es eine gute Sache, wenn man sich körperlich auch mal anders fordert. Dabei muss es nicht gleich ein hartes Tempolauf-Progamm sein.
Einen Dauerlauf als freudbetonten Tempowechsellauf zu gestalten, bei dem man im Wechsel einen bestimmten Zeitabschnitt etwas zügiger bzw. dann wieder lockerer läuft, kann schon einen neuen Reiz bedeuten.
Statt eines Dauerlaufes ein schönes Fahrtspiel, bei dem man mit dem Tempo spielt, kann gleichfalls unterhaltsam sein: Etwas schneller laufen – “bis zu der Bank dort vorn, bis zu dem markanten Baum oder bis die entgegenkommenden Laufenden auf meiner Höhe sind” – das ist schon ein spielerisches Moment.
Der Tempolauf ist die Kür im Training eines Ausdauerläufers
Hin und wieder höheres Tempo zu laufen fördert zudem die und erhöht die muskuläre Belastungsverträglichkeit: Es macht uns leistungsfähiger. Und es verschafft Spielraum bzw. Reserven: Meist beginnt man bei einem Wettkampf wie eine Halbmarathon zu schnell – vor allem unerfahrene Läufer*innen erliegen der Euphorie und der Begeisterung eines Laufes und laufen zu Beginn über ihren Verhältnissen.
Wer dann das höhere Tempo gewohnt ist, wird in der Lage sein, es zu verkraften und nicht so viel Tribut zollen müssen als jemand, der in unbekannten Tempo-Dimensionen unterwegs ist.
Fazit: Dauerläufe sind die Pflicht, etwas Tempo die Kür im Ausdauerlauf-Training. Das Spiel mit dem Gaspedal erheitert den Trainingsalltag und macht immun gegen Kickstarts bei Wettkämpfen.
Tempoläufe auch bei schlechtem Wetter?
Es ist immer sinnvoll, sein Training den äußeren Bedingungen anzupassen. Widrige Umstände wie Regen, Wind und Hitze können ein limitierender Faktor sein, sodass es zusätzlich Kraft und Energie kostet, gerade Tempoläufe in einer hohen Intensität zu machen.
In solchen Fällen ist es durchaus eine kluge Entscheidung, Tempovorgaben oder selbst gestellte Tempoziele nicht zu erzwingen, sondern die Bedingungen zu berücksichtigen. Es zeichnet mündige und gute Läufer*innen aus, Trainingspläne nicht als Dogma zu sehen, sondern auf äußere Einflüsse zu reagieren.
Nicht zwangsläufig bedeutet es ein “schlechteres” Training, wenn man dann nicht so schnell läuft wie geplant. Erfahrene Läufer*innen können einschätzen, wie sich eine intensive Belastung – wie bei einem Tempolauf-Programm – anfühlen muss.
Außerdem besteht immer die Möglichkeit, ein Alternativtraining zu machen und die schnelle Einheit auf den nächsten Trainingstag zu verschieben. Das reduziert zudem die Gefahr, sich zu erkälten.
Fazit: Da sich das Wetter nicht ändern lässt, liegt es an den Läufer*innen, sich beziehungsweise das Training anzupassen. Nicht starr an Vorgaben festhalten, sondern flexibel sein, bedeutet unter Umständen, auch besser zu trainieren.