Wer läuft, braucht Laufschuhe. Doch welche soll ich kaufen? Nike, Adidas, Brooks oder Asics? Neutral oder Natural? Boost, Gel oder Flyknit? Die Auswahl wird zur Qual. Dämpfung, Preis, Schuhgröße – Achilles Running klärt, worauf es ankommt.
Christian Manz schaut auf seine Schuhe herunter. “Tja,” sagt der 30-jährige Hobbyläufer aus Berlin. “Bislang sind meine Treter ganz gut mitgelaufen” Er lacht. “Ich bräuchte schon mal neue, aber Schuhe kaufen ist anstrengend. Es gibt einfach viel zu viel Auswahl.”
So oder so ähnlich äußern sich viele Jogging-Anfänger und Freizeitläufer. Dass Laufschuhe wichtig sind, ist jedem klar. Aber nicht jeder hat die Zeit und Lust, ins Fachgeschäft zu stiefeln und sich beraten zu lassen. Doch genau das sollte man tun. “Der Schuhkauf ist eine ganz individuelle Sache”, sagt Jürgen Stöcker, Filialleiter vom Lauf-Fachgeschäft Lunge. “Pauschalurteile sind da schwierig.” Doch wer bestimmte Aspekte berücksichtigt, findet mit ein bisschen Hilfe schnell den passenden Schuh.
1. Worauf sollte ich achten, wenn ich einen Schuh extra fürs Laufen kaufe?
Das entscheidende Kriterium beim Laufschuh ist der Komfort und nicht, wie lange angenommen wurde, eine hohe Stabilität und Dämpfung. Dein perfekter Laufschuh sollte immer Deiner Konstitution und Bedürfnissen angepasst werden – am besten im lokalen Laufladen mit guter Beratung.
Der Berater sollte sich Deine Füße und Kniestellung genauestens anschauen und sich nach Deinem Trainingslevel und Gewicht erkundigen.
2. Die richtige Schuhgröße
Wie kann man verhindern, dass der Schuh drückt? Hier gibt es eine Faustregel, an die man sich halten kann. Ein Laufschuh muss größer sein als ein normaler Straßenschuh. “Vor dem großem Zeh sollte ein Daumenbreit Platz sein, am Abend ein Fingerbreit”, sagt Stöcker. Denn beim Abdrücken vom Boden rutscht der Fuß nach vorn. Und abends ist der Fuß größer als morgens.
In der Regel wird ein Laufschuh 1 bis 1,5 Nummern größer als Dein normaler Schuh gekauft – eine Daumenbreite sollte hinten in der Fersenkappe noch Platz sein.
Unterschiedlich große Füße
Bei unterschiedlich großen Füßen dient der größere Fuß als Orientierung. Es gibt beim Laufen nichts Schlimmeres als einen zu kleinen Laufschuh zu tragen und dadurch Probleme an den Zehennägeln, sowie Blasen oder Druckstellen zu bekommen.
3. Welche Laufschuh-Marke sollte ich wählen?
Bei den einschlägigen Lauf-Marken gibt es keine gravierenden Qualitätsunterschiede. Ob Adidas, Nike, Brooks oder Asics – hier kommt es eher auf das jeweilige Modell an als auf die Marke. Jürgen Stöcker verkauft in seinem Laden auch die Hausmarke Lunge: Ein reiner Laufschuh für den ambitionierten Läufer, vegan und nachhalitg hergestellt und im Gegensatz zu den internationalen Herstellern nicht in Fernost produziert, sondern “Made in Germany”. “Den meisten Kunden ist die Marke aber egal”, sagt Stöcker. “Und das ist genau der richtige Ansatz. Man sollte nicht auf eine Marke fixiert sein.”
4. Laufschuh-Dämpfung
Lange Jahre hieß es: Je mehr Dämpfung, desto besser. Der Schuh erhielt Luftkissen, dicke Geleinlagen und bettete den Fuß regelreicht in Watte. Matthias Marquardt, Arzt und Autor der “Laufbibel”, ist der Meinung, dass diese “Verwöhnkur” eher Verletzungen provoziert als eindämmt.
Stark gedämpfte Schuhe können dem Läufer schaden.
Dr. Matthias Marquardt
Auch Jürgen Stöcker vom Lunge-Laufladen hält Dämpfung für überbewertet. “Die Dämpfung verlangt keine große Beachtung.” Anfänger bevorzugten etwas weichere Schuhe, Fortgeschrittene würden eher zu festerem Material und flacheren Schuhen greifen, berichtet er. Der neueste Trend “Natural Running”, also (Fast-)Barfußlaufen, ist im Übrigen mit Vorsicht zu genießen. “Anfänger sollten moderat einsteigen und nicht gleich zu Beginn lange Läufe absolvieren”, sagt Jürgen Stöcker. Denn diese Art von Schuh fordert die Fußmuskeln – und die sind die Belastung oft nicht mehr gewöhnt.
5. Sprengung
Als Sprengung versteht man den Höhenunterschied der Sohle unter der Ferse zum Vorfußbereich. In den allermeisten Laufschuhen ist dieser 10 bis 12mm. Die Rolle der Sprengung lässt sich an einem Beispiel sehr gut erklären: Sieht man sich einmal an, wie sich der Körper einer Frau verändert, sobald sie Stöckelschuhe anzieht: Brust und Po kommen mehr heraus, die Fesseln werden schlanker, da die Wadenmuskeln sich im oberen Bereich konzentrieren. Sehr sexy, aber nicht natürlich und schon gar nicht gut für das Laufen geeignet.
Die erhöhte Ferse verringert die Spannung der Achillessehne. Diese Energie steht dann nicht mehr beim Abstoßen des Fußes zur Verfügung (Man denke an einen Gummizug…) und verhindert, dass die Sehne an ihren Aufgaben wächst. Wie du deine optimale Sprengung ausrechnest, erfährst du hier.
6. Aussehen
Laufschuhe sind meist bunt und fallen auf. Lupenreine weiße Laufschuhe findet man eben so selten wie tiefschwarze Modelle. Zum einen hat es natürlich modische Gründe. Zum anderen sind Läufer auch darauf angewiesen, dass man sie in der Dunkelheit sieht. Und weiße Schuhe werden eben schnell dreckig.
Läufer*innen lassen sich aber meist von der Funktionalität überzeugen, auch wenn sich manche schwertun einen ästhetisch unattraktiven Schuh zu kaufen, sitzt er noch so perfekt. “Vor allem Kundinnen sind oft optikgesteuert”, sagt Jürgen Stöcker lachend. “Aber meist sind sie auch vernunftbegabt und nehmen den Schuh, der passt.”
7. Preis
Qualität hat ihren Preis, aber man muss kein Monatseinkommen für einen ordentlichen Laufschuh hinblättern. “Mit 100 bis 130 Euro sollte man aber schon rechnen”, sagt Jürgen Stöcker. “Wobei es nicht so ist, dass der Schuh für 180 Euro automatisch besser ist als der für 99.” Um ein Vielfaches günstiger sind reduzierte Schuhe aus der Vorsaison – aber meist gibt es die nur in Restgrößen.
8. Haltbarkeit
Laufschuhe sind wie Autos. Irgendwann haben sie etliche Kilometer auf dem Buckel und sollten ausgetauscht werden. Hier lautet die Faustregel: Nach 1000 bis 1200 Kilometern haben die meisten Laufschuhe ihr Soll erfüllt. Je leichter der Schuh, desto kürzer ist die Lebensdauer.
Ein Lightweight-Modell trägt den Läufer vielleicht 500 bis 800 Kilometer über die Strecke. “Wenn man merkt, dass der Schuh nicht mehr den gewohnten Halt gibt, ist es meist schon zu spät”, sagt Stöcker. Viele Wettkampfläufer haben deshalb gleich mehrere Paare parallel in Gebrauch und wechseln nahezu täglich.
9. Modelle
Es gibt Lightweight, Stabil-, Dämpfungs-, Bewegungs–Kontroll-, Gelände– und Barfußschuhe. Dazu Laufschuhe mit oder ohne Pronationsstütze. Welcher Schuh der richtige ist, hängt von verschiedenen Parametern ab: Fuß- und Beinstellung, persönliche Vorlieben, Lauf-Untergrund – etwa Wald oder Straße – dem sportlichen Leistungsniveau usw. Der Achilles-Laufschuh-Berater kann einen ersten Aufschluss darüber geben, welche Fragen sich jeder Läufer beim Laufschuhkauf stellen sollte – wo laufe ich? Wie oft? Wie rollt mein Fuß ab?
Fest steht: “Jeder Läufer braucht einen anderen Schuh.” Bei Lunge wird deshalb nicht nur individuell beraten, sondern auch eine Laufanalyse auf dem Laufband gemacht. 30 bis 45 Minuten sollte man für den Laufschuhkauf in einem Fachgeschäft generell einplanen. Schlechte Verkäufer erkennt man daran, dass sie Laufschuhe anpreisen, ohne Fragen zu stellen.
10. Wohlfühl-Effekt
Bei all dem Fachvokabular und den zahlreichen wissenschaftlichen Studien über Dämpfung und Fußstellung darf man eins nicht vergessen. Es geht in erster Linie darum, dass man sich in den Schuhen wohlfühlt – meint auch Matthias Marquardt. “Das Bauchgefühl ist das Wichtigste. Es gibt Daten, die andeuten, dass ein Läufer seltener verletzt ist, wenn er sich in seinen Schuhen wohlfühlt.” Nicht zu unterschätzen, aber oft vergessen: die Socken.
Tipp: Zieh beim Schuhkauf die Socken an, die du später beim Laufen tragen wirst. Sonst machen Blasen dem Lauferlebnis einen mächtigen Strich durch die Rechnung.