Der Metaride soll Asics neuestes, innovatives Laufschuh-Flagschiff sein. Die Technologie mit der geschwungenen Außensohle ist vom Fahrrad inspiriert. Der Schuh soll rollen. Achilles-Running-Laufschuhexperte Namri hat ihn getestet. Kein ganz normaler Schuh, dementsprechend kein ganz normaler Test.
- Geeignet für: Fersen- und Neutralläufer*innen
- Untergrund: Straße, befestigte Wege
- Laufart: langsam
Der Schuh-Release des Asics Metaride Ende Februar 2019 war ungewöhnlich. Wir hatten euch von unseren ersten Impressionen dazu berichtet. Wer das übliche, bodenständige Asics-Look-and-Feel erwartet hatte, lag völlig daneben. Aber sowas von! Denn der nigelnagelneue Metaride erinnerte an eine wippende Banane. Eine 250 Euro teure Banane.
Es tut sich was bei Asics
Das japanische Unternehmen Asics ist dafür bekannt, uns Läufer*innen Altbewährtes an Produkten zu bieten. Eine Strategie, mit der sie seit Jahrzehnten gut gefahren sind. Aber offensichtlich hat sich viel hinter den Kulissen in Kobe, Japan, getan. Dort befindet sich nicht nur der Hauptsitz, sondern auch das unternehmenseigene Institute of Sport Science. Dort wird fleißig an den neuesten Asics-Schuhen getüftelt. Darüber konnten wir uns selbst im Frühjahr 2018 überzeugen als der Kayano 25 erschien. Hier seht ihr ein paar Videoimpressionen dazu:
Dass jetzt ausgerechnet Asics mit einem neu anmutenden Konzept um die Ecke kommt, überrascht. Es signalisiert den Willen, etwas ändern zu wollen. Und nicht am bisherigen Erfolgskonzept auf Teufel komm raus festhalten zu wollen. Das ist aus Unternehmenssicht vielleicht auch notwendig. Im Jahresbericht 2018 enthüllte Asics, dass sie einen weltweiten Umsatzrückgang von 3,4 Prozent zum Vorjahr bei einem Minus von rund 155 Mio. Euro verzeichneten. Im selben Bericht spricht Asics davon, dass 2019 das Jahr des Revivals für sie sein würde und den Umsatz im Performance-Running-Segment von 1,3 Mrd. Euro auf 1,32 Mrd. Euro steigern wollen.
Idealerweise gehen positive Impulse von einem neuen Flagschiffmodell aus, um diese gesteckten unternehmerischen Ziele zu erreichen. Ob ihnen das gelingt, wird sich auf der nächsten Jahreshauptversammlung zeigen. Der Schuh erscheint jedenfalls zu einem interessanten Zeitpunkt.
Das Versprechen
Asics sagt, dass die ungewöhnliche Schuhform vom Fahrrad abgekupfert worden sei. Und die Form des Metarides soll uns Läufer*innen zu höherer Laufeffizienz als in gewöhnlichen Laufschuhen verhelfen. Außerdem verringere die geringere Knöchelflexion den Kraftaufwand.
Aha.
Im Grunde genommen ist es doch ganz einfach. Die geschwungene Form stellt kinetische Energie zur Verfügung, die sich vor allem bei längeren Läufen bezahlt machen soll. Anders formuliert wird versprochen: Mit weniger Aufwand gleich schnell laufen.
Die Fragezeichen
Ist der Metaride auch geeignet für Mittelfuß- und Vorderfußläufer*innen? Sicher, Hauptsache der Schuh passt und ist bequem. Aber gerade Läufer*innen mit Vorfußtechnik profitieren aufgrund ihres Laufstils wenig bis hin zu gar nicht von der Wippenenergie.
Hält der Schuh die Bestimmung des Weltleichtathletikverbands IAAF und DLV Bestimmungen ein? In den Regularien zu Wettkampfschuhen steht: “Sie dürfen jedoch nicht so beschaffen sein, dass sie Wettkämpfern irgendeine unfaire Unterstützung oder einen Vorteil geben. Jedes Schuhmodell muss für jeden im Geist der Universalität der Leichtathletik hinreichend verfügbar sein.”
Dieselbe Diskussion hatte sich seinerzeit bereits beim Release des Nike Vaporfly 4% entsponnen. Der Vorwurf lautete, dass die eingebaute Carbonplatte im Vaporfly den Nutzer*innen einen regelwidrigen Vorteil verschaffen würde. Bisher ist das von offizieller Seite als unproblematisch eingestuft worden. Ähnlich wird es sich meines Erachtens auch beim Metaride verhalten. Jetzt muss nur noch jemand im Metaride schneller laufen als Eliud Kipchoge, der in seinen Nikes fröhlich Rekorde bricht.
Führt geringerer muskulärer Einsatz zu muskulärer „Rückbildung“ bei Läufer*in? Beantworten können wir diese Frage an dieser Stelle leider nicht. Gut, dass wir dafür unseren Freund und Orthopäden Dr. Pouri Taheri haben. In der Achilles-Running-Podcast-Sprechstunde stellen wir ihm genau derartige Fragen. Bevor wir das bei nächster Gelegenheit tun, hört euch seine Hilfemaßnahmen beim Läuferknie an.
Meine Eindrücke & Gedanken
Ich als alter Mittelfußläufer finde den Metaride und das Abrollverhalten jedes Mal aufs Neue ungewohnt. Bei meinem ersten Lauf beim Asics-Event in Berlin im März 2019 waren die anfänglichen Schritte darin ein überwältigend neues Gefühl für mich. Nach zwei bis drei Kilometern Einlaufzeit stellte sich aber ein gefühlt unauffälliges Laufverhalten bei mir ein. Viele, mit denen ich an dem Tag lief – auch ein Läufer des Nike Running Clubs – teilten diesen Eindruck mit mir. Insgesamt bin ich mit dem Schuh knapp 40 Kilometer gelaufen. Nun wage ich ein erstes, kurzes Zwischenfazit.
Die rutschige Gripsole / Außensohle ist griffig und hat sich tadellos auf der Straße und lockerem Waldgelände bewährt. Für richtig roughes Terrain ist der Metaride nicht konzipiert und daher ungeeignet. Dafür fehlt ihm schlussendlich die notwendige Profilierung. Die Ferse sitzt bei mir passgenau. Darauf sollten interessierte Käufer*innen unbedingt achten. Denn aufgrund der beschriebenen, dauernden Wipp-Bewegung werden hohe Ansprüche an die Passgenauigkeit und -komfort im Fersenbereich gestellt.
Ästhetisch erinnert der Metaride an die Gesundheitsschuhe von MBT, Masai Barefoot Technology. Die fand ich nie so richtig schön. Der Metaride ist ästhetisch nicht ganz so meins. Aber mir gefällt das dezente Schwarz des Obermaterials in Kombination mit der leuchtend roten Sohle gut.
Bei höheren Geschwindigkeiten fühlte ich mich in dem Metaride ein wenig unsicher. Deswegen setze ich den Schuh bei eher langsamen Geschwindigkeiten ein. Für schneller Geschwindigkeiten ist mir Schuh zu schwer.
Alles eine Frage des Gewichts?
Das Gewicht eines Schuhs ist für mich eines der Kriterien, ob ich einen Laufschuh in meiner Laufschuhrotation einsetzen möchte. Mit dem Prophecy, Flagschiff von Mizuno, werdet ihr mich niemals im Leben beim Laufen erwischen. Die 395 Gramm an jedem Fuß ähneln Betonklötzen. Schönen Betonklötzen, weswegen ich sie in meiner Freizeit gerne trage. Da ist es nicht weiter schlimm, dass für den Prophecy “Abrollverhalten” ein Fremdwort ist.
Laufschuh (Gr. 44) | Gewicht in Gramm |
Asics Metaride | 326 |
Mizuno Prophecy 4 | 395 |
Brooks Glycerin 17 | 322 |
Asics Dynaflyte 2 | 277 |
Asics Kayano 25 | 343 |
Zurück zum Metaride. Der Metaride ist leichter als der Prophecy und wiegt ungefähr so viel wie der Brooks Glycerin 17. Der Kayano 25, das Stabilitätsmonster, ist marginale schwerer. Aber allesamt gewichtsmäßig kein Vergleich zum Asics Dynaflyte 2, einem meine All-Time Favourites.
Ein Absatz mit 6 Fragezeichen
Gibt es auf den ersten Blick Möglichkeiten Gewicht einzusparen? Dadurch würde der Schuh deutlich attraktiver werden. Die “Plastikkralle” im Fersenbereich fällt ins Auge, die wiegt sicher einiges. Aber was passiert mit der Ferstenstabilität ohne sie? Und ist die große Menge an Schaum beim Metaride notwendig? Können die angepriesenen Vorteile der Bananenform auch auf andere Asics Modelle bei reduzierter Schaummenge übertragen werden? Ich bin mir sicher, dass schlaue Köpfe bei Asics im Schuhlabor die wildesten Sachen dazu ausprobieren. Sie sollten sich beeilen.
“Normale” Laufschuhe sind mir ein Hilfsmittel, auf die ich angewiesen bin. Deswegen wäre ich ohne Schuhe, also barfuß, sicherlich nicht in der Lage dieselben Distanzen laufend zurückzulegen. Das bedeutet, dass ich in gewisser Weise abhängig von “normalen” Laufschuhen bin. Was aber, wenn ich nur noch den Metaride laufe und mein ganze körperliche Konstitution, Laufstil, Gelenke, Muskeln, etc. sich darauf einstellen sollten? Mache ich mich als Läufer*in vom Metaride abhängig? Genauso wie ich mich von einem Taschenrechner abhängig mache, wenn ich das kleine 1×1 nicht beherrsche? Die Frage muss jede*r für sich beantworten.
Der Metaride ist ein disruptiver Schuh mit großen Versprechen. Weniger Verletzung, obwohl man schneller und länger läuft. Ob das zutrifft, vermag ich nach so wenigen Testkilometern nicht sagen. Auch wird sich zeigen, ob er im Asics-Laufschuhkosmos neue Impulse setzen kann.
Aber jede*r Läufer*in ist da anders. Deswegen hoffe ich für Asics, dass so viel Neuerung nicht ihre alten Stammkunden vergrault. Gleichzeitig sehe ich nicht, dass sich jüngere Käuferschichten aus Lifestyle-Sicht den Metaride kaufen werden. Dafür ist er schlicht nicht stylish genug. Auch wenn die Fashion-Seite Highsnobiety darüber berichtet hat.
Mein persönliches (Zwischen-)Fazit
Ich werde den Metaride nicht als Stammgast in meine Laufschuhrotation einbinden. Aber ich werde ihn sicherlich ab und zu einsetzen. Da der Metaride sich deutlich von meinen sonstigen Schuhen unterscheidet, setzt er andere Reize an meinen Körper beim Laufen. Wie beim Nike Free, der das Barfußlaufen simuliert und andere Muskelgruppen trainiert. Von dieser Abwechslung verspreche ich mir eine geringere Verletzungsanfälligkeit. Und wenn das der Fall ist, dann hat der Metaride vielleicht doch alles richtig gemacht. Oder?
Die Fakten
- Gewicht 326g (Herren, Größe 44)
- Sprengung: 0 mm (!!!), was man auf den ersten Blick nicht vermutet
- Herstellerpreis: UVP 250 Euro, nicht gerade ein Schnäppchen
- Zurückgelegte Kilometer: Knapp 40
Die Technologien
- Guidesole
- So wird die wippenartige Schuhform genannt
- Flytefoam
- Dieses Material wurde erstmalig beim Asics Metarun verbaut und sorgt halt für Dämpfung
- Gripsole
- Die Außensohle fühlt sich verdammt glatt an und erinnert an Klavierlack
- Das Material besteht aus Mesh mit Kunststoffpartikeln
Der Schuh wurde uns als PR-Muster zur Verfügung gestellt. Das hat keinen Einfluss auf unsere Einschätzung zum Schuh.