Der Brooks Glycerin 13 ist ein Runningschuh der oberen Preisklasse. Wie sich der Laufschuh läuft, was seine Schwächen und Stärken sind und ob die besonders weiche EVA-Mittelsohle tatsächlich mehr Aufprallenergie absorbiert, weiß unser Laufschuhtest-Blogger Namri. Er war insgesamt sehr positiv überrascht.
Laufschuh Brooks Glycerin 13
Modell: Glycerin 13
Hersteller: Brooks
Das sagt der Hersteller: Eine völlig neue Definition von Komfort.
Passform: Neutral
Obermaterial: Mesh, ?3D-Fit-Print-Overlays”, Inner sleeve
Gewicht: 331 g / 312 g (mit / ohne Innensohle) bei Größe 44
Sprengung: 10 mm
Gelaufen auf: Asphalt, Laufband, Nasser Waldboden
UVP: 160 ?
Was macht Brooks anders als die anderen?
Unter den großen Schuhanbietern ist Brooks das einzige Unternehmen, das sich fast ausschließlich dem Laufsport widmet. Ob das nun zu guten oder schlechten Laufschuhen führt, vermag ich zwar nicht zu beurteilen, aber prinzipiell finde ich es gut, wenn ein Unternehmen den Mut aufbringt sich auf eine Kernkompetenz zu berufen und nicht überall mitmischen möchte.
Der mögliche Nachteil ist, dass Laufneulinge die Marke Brooks wahrscheinlich nicht kennen ? ganz im Gegensatz zu Marken wie Nike, Adidas & Co. die querbeet in anderen Sportarten zu finden sind.
Und nur um Missverständnissen vorzubeugen: Brooks ist keine kleine Marke und mehr als 500 Millionen US-Dollar-Umsatz (2013) zeigen, dass Brooks offensichtlich irgendetwas richtig macht.
Bei uns auf dem Basketballplatz im Freizeitpark Rheinbach hieß es damals immer “Wer trifft, hat Recht.”
First Time? First Love?
Brooks und ich hatten unser erstes Rendez-vous bei meinem Laufschuhdealer in Bonn. Ich wollte für einen weiteren Marathon trainieren und brauchte dafür ?unbedingt” einen neuen Schuh (Laufschuhfan? Laufschuhfan!).
Damals lief ich ausschließlich mir bekannte Marken wie Puma. Vor allem der Puma Tenos ist mir noch in guter Erinnerung, aber dazu ein andermal mehr. Da ich noch nie von der Marke Brooks gehört hatte, war ich skeptisch als der Händler mir einen Brooks-Schuh unter die Nase hielt.
Aber die Neugierde siegte. Und ein paar Wochen später lief ich mit dem Schuh beim Budapest-Marathon eine neue persönliche Bestzeit. Ich war also sehr zufrieden. Peinlich nur, dass ich mich beim besten Willen nicht mehr an den Namen des Schuhmodells erinnere. Und ich weiß auch nicht, weshalb ich mir danach keinen Brooks mehr gekauft habe.
Es war jedenfalls keine bewusste Entscheidung gegen Brooks. Aber bevor der palavernde Rheinländer in mir so richtig ins Rollen kommt, höre ich besser auf von Nebensächlichkeiten zu erzählen. Let’s talk about Schuh, Baby.
Statt Promis – Motto: Run happy!
Für gewöhnlich versprechen Sportunternehmen ihren Kunden, so schnell wie Usain Bolt zu laufen (Puma), so cool zu sein wie Michael Jordan (Nike Werbung der 90er: ?Be like Mike”) oder sonstige sportliche Höchstleistungen. Aber nur wenn man den richtigen Schuh hat.
Im Gegensatz dazu steht Brooks. Das Motto von Brooks ist “Run Happy“, steht auch so auf der ganzen Ausrüstung. Klingt ganz schön ehrlich. Aber auch ein bißchen nach Yoga. Ommmm.
Brooks setzt auf Langlebigkeit
Positiv fällt mir die gute Verarbeitung und das wertig-wirkende Material des Schuhs auf. Optisch, also designtechnisch, finde ich den Glycerin leider wenig ansprechend. Aber es gibt ja auch andere Farbkombinationen des Schuhs, der zum 13. Mal neu aufgelegt wird.
Damit reiht sich Glycerin 13 nahtlos ein in eine Phalanx von Brooks-Laufschuhen mit langjähriger Tradition: Adrenaline 16, Beast 14, Addiction 12 und Cascadia 11. Ich finde das bemerkenswert, wie langlebig Brooks die Modellpflege ihrer Schuhe betreibt.
Was kann die Brooks-Technologie?
Wer denkt sich eigentlich die Schuhnamen aus? Wahrscheinlich dieselben Menschen, die Schuhtechnologien benennen. Alle namhaften Hersteller haben ?ihre” Schuhtechnologie, was dem Asics ihr Gel, ist dem Adidas ihr Boost.
Bei Brooks soll es das SuperDNA in der Mittelsohle richten. Brooks verspricht, dass 25 Prozent mehr Aufprallenergie absorbiert wird. Es handelt sich also um eine besonders weiche EVA-Mittelsohle. Wieso das dann gleich “Super” und “DNA” genannt werden muss? Da hat die Marketingabteilung von Brooks wohl ganze Arbeit geleistet.
Aber egal, ob mit oder ohne Schuhtechnologie, am wichtigsten ist die Frage, ob der Schuh beim Laufen bequem ist.
Der Clou am Schuh: Man merkt ihn nicht
Schon bevor ich für Achim Achilles meinen Senf zu Laufschuhen gegeben habe, habe ich mehr über dieses Thema recherchiert und nachgedacht als gesund ist. Und jedes Mal überlege ich mir, was der Clou am Schuh ist.
Weshalb der Schuh richtig gut oder richtig schrottig für mich ist bzw. sein könnte? Ist er bequem? Wie ist das Abrollverhalten? Mit welchem anderen Schuh ist er vergleichbar? Hat er Problemzonen? Und was ist mit meinen Problemzonen?
Vorab, ich bin beschwerdefrei und vor allem gerne mit dem Glycerin gelaufen. Es war mir aber nicht möglich, DAS eine besondere technische Merkmal am Schuh zu finden. Ich bin vom ersten Schritt an gelaufen. Einfach so. Und sonst nichts. Linker Fuß, rechter Fuß, linker Fuß, rechter Fuß.
Und dabei habe ich dann vergessen weiter über den Schuh zu sinnieren und was ich besonderes über ihn im Probelaufbeitrag sagen könnte. Linker Fuß, rechter Fuß. Es fiel mir nur wenig ein. Und dann vergaß ich ganz, dass ich einen Schuh anhatte. Linker Fuß, rechter Fuß.
Als sehr gelungen empfinde ich die Polsterung im Fersen-, Knöchel- und Schuhzungenbereich. Erinnert mich an streichzarte Butter, die rechtzeitig aus dem Kühlschrank geholt wurde.
Ein meditativer Erlebnisschuh
Mit seinen gut 330 Gramm ist der Glycerin leider eher in der oberen Gewichtsklasse angesiedelt. Dass das aber nicht von vorne herein ein Ausschlusskriterium für schnellere Läufe sein muss, hatte ich beim Adidas Boost Glide 7 festgestellt. Beide Schuhe wiegen nämlich fast gleich viel. Aber im direkten Vergleich zum Glide 7 läuft sich der Glycerin 13 weniger dynamisch, auch wenn sein Abrollverhalten unauffällig tadellos ist.
Ich meine, dass der Brooks sich am besten für die alltäglichen, gemütlichen Läufe eignet, bei denen man alles um sich herum vergessen und nur das Mantra “Run Happy” zelebrieren möchte. Für Sprinteinheiten eignen sich andere Schuhe aber deutlich besser. Dürfte klar sein.
Zusammenfassung: Auf Glycerin ist Verlass
Der Glycerin 13 kommt ohne nennenswerte, besondere Schuhtechnologie aus. Aber ist das wirklich ein Nachteil? Läufer, die auf der Suche nach dem neuesten “Hot Shit” sind, könnten ihn vielleicht langweilig finden. Das mag sein.
Ich sehe diese vermeintliche Langeweile aber nicht negativ, sondern konnte dem Schuh gerade deswegen Positives abgewinnen. Denn auf den Schuh ist Verlass, man weiß, was man an ihm hat und er ermöglicht beschwerdefreies Laufen ohne Ablenkung. So ein bisschen wie ein alter Schulfreund. So richtig aufregende Sachen erlebt man zusammen vielleicht nicht mehr, aber dafür ist Verlass auf ihn.
In Zeiten von “Schneller! Besser! Weiter!” finde ich es erfrischend, dass ein Sportunternehmen wie Brooks mich daran erinnert, dass es neben der ganzen Leistungshatz auch noch eine ganz andere Seite bei meinem, deinem, unserem Lieblingssport gibt: Unbekümmert Spaß haben.
Man läuft und vergisst, dass der Schuh da ist. Dafür bin ich diesem Schuh schon mal dankbar. Denn ein “Happy Run” ist ja wie der kleine Bruder des ?Runner’s High”. Und den gibt es auch nicht alle Tage. Auch wenn er 160 Tacken kostet.
Urteil
8 / 10 Punkte
“Don’t worry, run happy.”
Fotos vom Brooks Glycerin 13
Alle Fotos: Namri Dagyab
Disclaimer: Einige der in diesem Blog getesteten Produkte hat der Tester gekauft, andere wurden von den Herstellern zur Verfügung gestellt, ohne dass sie Einfluss auf Inhalt oder Bewertung hatten. Der Beitrag spiegelt die persönliche Meinung des Testers und nicht automatisch die Meinung der Achilles-Redaktion wider.