Nordic Walking ist spazieren mit Stöcken, oder? Nicht wirklich. Es ist ein Sport, der wie jeder andere Technik erfordert. Zehn Tipps vom Nordic Walking-Trainer zeigen dir, wie du die typischen Anfänger*innen-Fehler vermeidest und Spaß am Walken haben kannst.
Fehler 1: Du nimmst die Sache zu locker
Nordic Walking lernen? Extra einen Kurs besuchen? So ein Quatsch! Gehen kann doch jede*r. Das kriege ich sicher auch ohne Anleitung hin! Stimmt nicht. Zumindest nicht für “Bewegungs-Normalos”.
Nordic Walking ist nicht unbedingt schwierig, aber dennoch ein komplexer Bewegungsablauf. Und entscheidend für den Trainingserfolg ist die Qualität der Bewegungsausführung. So, wie bei jeder anderen Sportart auch.
Deshalb solltest du die Sache ernst nehmen und dir die technischen Grundlagen auf jeden Fall von jemandem zeigen lassen, die*der sich wirklich auskennt.
Denn je besser deine Technik ist, desto geringer ist dein Verletzungsrisiko und desto schneller wirst du Fortschritte machen.
Fehler 2: Du hast ein falsches Bild im Kopf
Nordic Walking ist Gehen mit Stöcken, oder? Jein. Wenn du mit dem Nordic Walking beginnst, solltest du dir ein passenderes Bild von der Technik auf deine mentale Festplatte laden.
Nordic Walking kommt vom Ski-Langlauf und dient(e) den Athlet*innen als sportart-spezifisches Sommertraining. Also Ski-Langlauf ohne Ski? Genau!
Wenn du damit beginnst, die Technik zu lernen, stelle dir vor, du machst Ski-Langlauf ohne Ski. Deine Bewegungen werden länger und kraftvoller sein, als bei der Vorstellung, ein*e Walker*in mit Stock zu sein.
Fehler 3: Deine Stöcke sind zu lang
Was passiert, wenn du versuchst, auf einem viel zu großen Fahrrad, das Fahrradfahren zu lernen? Du machst es dir viel schwerer als nötig. Beim Nordic Walking ist das genauso: Sind die Stöcke viel zu lang, läuft es nicht so rund. Achte also unbedingt darauf, die für dich passenden Stöcke zu verwenden.
Mit der folgenden Faustformel ermittelst du einen groben Richtwert: Körpergröße (in Zentimeter) x 0,66. Noch besser: Du bittest eine*n erfahrene*n Trainer*in, dir bei der Bestimmung deiner individuellen Stocklänge zu helfen.
Fehler 4: Deine Stöcke sind vom Discounter
Zum Ausprobieren erst mal einen Stock vom Discounter? Keine gute Idee. Investiere dein Geld lieber in einen guten Einführungskurs. Dort bekommst du eine vernünftige Einführung und auch gleich hochwertige Stöcke. Es geht nicht darum, dass die Ausrüstung immer sehr teuer sein muss – sie muss aber funktionieren.
Und bei Discounterstöcken gibt es eine Komponente, die fast immer zu wünschen übrig lässt und nicht funktional ist: die Handschlaufe. Wenn die Schlaufen nicht richtig sitzen oder deine Hände und Stöcke nicht sicher miteinander verbinden, sind sie zum Nordic Walking nicht geeignet.
Spar dir diese Erfahrung und mache erst einen Kurs beziehungsweise verwende von Anfang an funktionale Stöcke.
Fehler 5: Du machst zu viele Dinge gleichzeitig
Nordic Walking ein komplexer Bewegungsablauf. Wenn du die Stöcke sicher und wirkungsvoll einsetzen möchtest, wirst du dich zum Beispiel mit folgenden technischen Details beschäftigen müssen: die Position und Bewegungsamplitude der Arme, das räumlich und zeitliche Koordinieren des Schließens und Öffnens deiner Hände, die Oberkörperposition und -aktivität, die angepasste Schrittlänge …
Alles machbar, wenn du beim Üben methodisch geschickt vorgehst. Das bedeutet konkret: Nimm dir immer nur einen Technik-Baustein vor. Übe ihn so lange, bis du ihn beherrschst und nimm erst dann den nächsten ins Visier.
Einer der größten Anfänger*innen-Fehler ist es, alles gleichzeitig richtig machen zu wollen. Schritt für Schritt kommst du mit Sicherheit leichter ans Ziel.
Fehler 6: Du walkst zu schnell
In der Ruhe liegt die Kraft. Das gilt ganz besonders beim Nordic Walking. Vor allem, wenn du ein*e Einsteiger*in bist, solltest du auf dein Tempo achten. Die weit verbreitete Formel “schneller ist besser” gilt ganz besonders nicht für Nordic-Walking-Einsteiger*innen.
Denn je schneller du wirst, umso weniger Zeit steht dir für eine saubere und effektive Oberkörperaktivität zur Verfügung. Erklärtes Ziel des Nordic Walking ist es aber, möglichst lange möglichst viel Kraft des Oberkörpers auf den Boden zu übertragen, um so Vortrieb zu erzeugen und die Muskulatur deines Oberkörpers mal so richtig zu bearbeiten.
Je höher dein Tempo ist, desto schlechter ist das am Anfang möglich. Also, nimm dir Zeit und geh es ruhig an.
Fehler 7: Deine Arme sind angewinkelt
Laubsammler*innen, Kippenpieker*innen und Waldvertikutierer*innen haben eine Gemeinsamkeit: Sie alle walken mit angewinkelten Armen und berauben sich damit effektiv der Möglichkeit, einen positiven Trainingsreiz in ihrem Oberkörper zu erzielen.
Mach nicht den gleich Fehler und beachte folgende Hinweise. Die Arme sind weder durchgestreckt noch am Körper gewinkelt. Sie sind einfach locker und lang.
Stell dir vor, du gibst einem kleinen Kind die Hand. So passt die Armposition. Auch wichtig: Dreh- und Angelpunkt der Armbewegung sind nicht die Ellenbogen. Die Bewegung erfolgt aus den Schultern.
Auf dem Weg nach vorne (Schwungphase) schwingst du den Arm locker in etwa bis auf Bauchnabelhöhe. Auf dem Rückweg (Schubphase) drückst du den Stock möglichst kraftvoll so weit nach hinten, bis Stock und Arm hinter dem Körper eine Linie bilden. Du wirst deutlich spüren, wenn du es richtig machst!
Fehler 8: Du hast zu wenig Kontrolle über deine Stöcke
Nordic Walking ist laut. Die Stöcke schleifen, kratzen und scharren über den Boden. Das ist absolut nervig und – das dürfte so manchen überraschen – absolut unnötig. Die Geräuschkulisse von Walker*innen ist ein klares Indiz für die Qualität ihrer Handtechnik.
Je leiser, desto besser! Nur mit einer gut koordinierten Handtechnik hast du eine gute Stockkontrolle, reduzierst dein Sturzrisiko und erhöhst die Effektivität deines Stockeinsatzes.
Und so geht’s: auf dem Weg des Arms nach vorne schließt du deine Hand, wenn diese sich etwa auf Hüfthöhe befindet. Auf keinen Fall später – das richtige Timing beim Schließen der Hände ist das Geheimnis!
Das Öffnen der Hand auf dem Rückweg erfolgt dagegen früher oder später automatisch. Darauf solltest du dich nicht extra konzentrieren. Sei an diesem Punkt gründlich und gewissenhaft. Es wird sich für dich lohnen.
Fehler 9: Du machst zu große Schritte
Wenn du Einsteiger*in bist, solltest du darauf achten, dass du zu Beginn keine zu großen Schritte machst. Das kann dazu führen, dass du deinen Körper überforderst, besonders dann, wenn er bislang in erster Linie im Sitzen trainiert wurde. Der verlängerte Schritt ist außerdem keine Aktion, sondern eine Reaktion.
Konzentriere dich zu Beginn gar nicht auf die Schritte, sondern nur auf eine kraftvolle Oberkörperaktivität. Das wird dazu führen, dass deine Schritte sich quasi von selbst verlängern, weil der Oberkörper zusätzlich Schub für die Fortbewegung liefert.
Übrigens: der verlängerte Schritt beim Nordic Walking ist ein hervorragender Ausgleich zum vielen Sitzen.
Fehler 10: Du walkst zu einseitig
Wie viele Technik-Varianten des Nordic Walking kennst du? Keine? Dann bist du nicht alleine. Es ist schade, dass nur sehr wenig Menschen die volle Bandbreite und damit das volle Potential von Nordic Walking kennen.
Denn zusätzlich zum herkömmlichen Grundschritt gibt es zahlreiche koordinativ und konditionell herausfordernde Varianten. Neben Doppelstocktechniken und einarmigen Techniken gibt es intensive Varianten wie den Hopserlauf oder den Skating-Sprung.
Solche Variationen ins Training zu integrieren, macht Sinn, denn Abwechslung ist gut für den Körper und den Geist. So beugst du Langeweile und Monotonie vor und forderst deinen Körper immer wieder neu heraus. Das macht mehr Spaß und bringt langfristig bessere Trainingsergebnisse.