Nordic Walker haben es nicht leicht. Müssen ständig Hohn und Spott ertragen, sich überholen lassen und dann ist da noch dieser Achilles. Aber wenn man genau hinschaut, ist Nordic Walking irgendwie doch eine Art Sport – wenn man es richtig macht. Zehn Fakten und zehn Tipps zum Einstieg.
1. Nimm’s locker – Leute werden blöde Witze machen
Du hast beschlossen mit Nordic Walking zu beginnen? Prima. Sicher ist das eine gesunde Entscheidung. Für dich jedenfalls. Dein Umfeld könnte das aber anders sehen. Erwarte keinerlei Unterstützung, sondern mach dich auf Stirnrunzeln und blöde Kommentare gefasst.
Kleiner Vorgeschmack gefällig? Bitteschön:
Was haben Nordic Walking und ein Döner gemeinsam? – Beide sind altes Fleisch am Stock.
Lustig, nicht wahr? Und wo die herkommen, gibt es noch mehr.
Glaube fest an dein Vorhaben – die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es kein anderer tut. Aber allen Demütigungen zum Trotz: Nordic Walking ist ein hervorragender Einstieg in den Gesundheitssport – wenn man es richtig betreibt.
2. Achte auf die Technik
Zur Wirksamkeit des Nordic Walking gibt es zwei ziemlich gegensätzliche Meinungen. Besonders in Läuferkreisen wird dem Sport so gut wie jede positive Wirkung abgesprochen. Zugegeben, immer noch besser als ein gänzlich bewegungsloses Dasein vor dem Fernseher zu fristen. Aber nicht viel besser.
Das andere Lager arbeitet dagegen schon länger auf die offizielle Heiligsprechung des Nordic Walking hin. Nordic Walking kann alles, ist sozusagen der heilige Gral des gesundheitsorientierten Fortbewegens und niemand braucht jemals etwas anders. Und wie so häufig, liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte.
Wenn die Technik stimmt, ist Nordic Walking ohne Zweifel ein effektiver Gesundheitssport. Moderates, gut dosierbares Herz-Kreislauf-Training trifft auf Ganzkörpertraining mit stabilisierender und zugleich mobilisierender Wirkung auf den Bewegungsapparat.
Damit ist Nordic Walking der perfekte Ausgleich zu einer sitzenden Tätigkeit. Es stärkt den Rücken, lockert die Schulter- und Nackenmuskulatur und entschleunigt den Geist durch den ruhigen Bewegungsrhythmus.
3. Benutze immer Walking-Stöcke
Nordic Walking ohne Stöcke ist wie Rennradfahren ohne Rennrad. Irgendwie sinnlos. Manche fragen, wo denn eigentlich der Unterschied ist zwischen Walking und Nordic Walking liegt. Man schwingt doch bei beiden Bewegungen die Arme mit. Stimmt.
Aber beim Nordic Walking macht man mehr, als nur die Arme zu schwingen. Durch die Nutzung des Stockes werden die Arme und der Oberkörper fest mit dem Boden verbunden. Neben der Schwungphase wird dadurch auch eine Schubphase möglich.
Ähnlich wie beim Ski-Lang-Lauf kann so die Kraft des Oberkörpers direkt für die Erzeugung von Vortrieb genutzt werden. Gehen mit Allrad sozusagen. Und eben das macht den Unterschied aus.
Nordic Walking immer mit Stock. Wenn du ein echtes Ganzkörpertraining durchführen und auch deine Arme und den Oberkörper bearbeiten möchtest, brauchst du eine feste Verbindung deines Oberkörpers mit dem Boden.
Und das geht nur mit Stock ? oder im Vierfüßler-Gang. Aber das sähe sicher noch komischer aus?
4. Mach es wie die Profis
Hast du schon einmal gesehen, was ein Bob-Fahrer kurz vor seinem nächsten Lauf tut? Tief in sich gekehrt fährt er die Strecke noch einmal ab ? und zwar in seiner Vorstellung. Er sieht die Strecke vor einem inneren Auge und geht die bevorstehenden Bewegungsabläufe noch einmal ganz genau durch. Ideomotorisches Training nennt sich das.
Warum ich dir das erzähle? Weil auch für dein Nordic-Walking-Training das innere Bild der Zieltechnik von großer Wichtigkeit ist. Welches Bild hast du vom Nordic Walking im Kopf? Gehen mit Stock? Falsch!
Nordic Walking entstammt dem klassischen Ski-Lang-Lauf. Deshalb lade dir unbedingt das richtige Bild der Bewegung auf deine geistige Festplatte. Du bist ein Ski-Lang-Läufer ohne Ski. Schon hast du eine ganz andere Bewegungsvorstellung und lernst die Technik leichter und schneller.
5. Nordic Walking kann jeder (nicht ganz)
Richtig ist, dass Nordic Walking verhältnismäßig leicht zu erlernen ist. Jedenfalls dann, wenn du genau weißt, worauf es ankommt! Und genau hier liegt das Problem von Nordic Walking. Gerade weil es den Ruf hat, einfach und für jeden geeignet zu sein, versuchen es sich viele selbst beizubringen.
Gehen mit Stöcken. Was soll daran schwer sein? Was dabei herauskommt, ist hinlänglich bekannt: Laubsammler, Kippenpieker, Waldvertikutierer und Stockenten. Wandernde Dauerbaustellen auf den beliebten Laufstrecken.
Da zahlenmäßig in der Überzahl, haben eben genau solche Exemplare der Nordic Walking Gemeinschaft die öffentliche Wahrnehmung der Sportart stark geprägt.
Wie gesagt: Nordic Walking ist leicht zu erlernen, wenn du genau weißt, was wichtig ist. Und das erfährst du am besten in einem Kurs, oder bei einem guten Personal Trainer.
Wenn du schon länger keinen Sport getrieben hast, statte zuerst deinem Hausarzt einen Besuch ab und lassen prüfen, ob der Hochleistungskörper von 1977 überhaupt noch TÜV bekommt?
6. Such dir jemanden, der es wirklich drauf hat
“Nordic Walking Trainer” ist kein geschützter Begriff. Jeder kann sich so nennen. Und tut es auch. Mastertrainer, Bundestrainer, Dalai Lama des Nordic Walking. Erfahrungsgemäß stehen Qualität des Anbieters und dessen Selbstdarstellungen in reziproker Proportionalität zueinander. Sprich: Viel heiße Luft!
Deshalb solltest du besonders Aufmerksam sein, wenn du dich auf die Suche nach einem Kursanbieter oder Personal Trainer machst. Folgende Tipps helfen dir bei der Trainersuche.
Hör dich in deinem Bekanntenkreis um. Hat Jemand bereits gute Erfahrungen mit einem Anbieter gemacht, ist das ein gutes Zeichen. Frag bei deiner Krankenkasse nach.
Diese hat in der Regel eine Liste mit qualifizierten Trainern. Guter Unterricht ist Erfahrungssache. Schau dich nach Anbietern um, die schon länger am Markt und bis heute aktiv sind.
7. Warum die Länge doch wichtig ist
Der Stock ist der wichtiges Teil der Nordic Walking Ausrüstung. In erster Linie geht es hier um die richtige Länge – immer das gleiche. Theoretisch kannst du diese mit einer Faustformel errechnen. Besser wäre es, sie von einem erfahrenen Trainer in der Praxis ermitteln zu lassen.
Warum? Weil du beim Kauf eines neuen Fahrrads ja auch erst mal eine Probefahrt machst, bevor du an die Kasse gehst, oder? Die optimale Stocklänge hängt nämlich nicht nur von der Körpergröße ab. Auch Faktoren, wie das “sportliche Vermögen”, der aktuelle Trainingszustand und evtl. körperliche Einschränkungen spielen eine wichtige Rolle.
Nordic Walking Faustformel
Buche einen Einführungskurs oder ein Individualtraining. Gemeinsam mit deinem Trainer findest du sicher das passende Stockmodell und die richtige Stocklänge. Als grober Richtwert für die Ermittlung der Stocklänge kannst du die folgende Faustformel verwenden:
- Körpergröße (in cm) x 0,66.
8. Kauf deine Ausrüstung beim Profi
Was sonst noch wichtig ist? Ein guter Schuh, funktionale Sportbekleidung und evtl. ein Herzfrequenzmessgerät. Aber der Reihe nach. Lerne die Sportart zuerst kennen, bevor du deinen Bausparvertrag auflöst, um dich perfekt auszurüsten. Wenn du sicher bist, dass der “Ski-Lang-Lauf ohne Skier” dir liegt, kann es losgehen.
Ein guter Schuh soll deine Fußmuskeln bei ihrer Arbeit unterstützen und dir einen hohen Tragekomfort bieten. Funktionsbekleidung reguliert Feuchtigkeit und Körperwäre bestmöglich und stellt so ein optimales Trainingsklima bei jeden Wetter bereit.
Ein Herzfrequenzmessgerät hilft dir dabei, die richtige Trainingsbelastung zu finden und beizubehalten. Außerdem kannst du damit dein Training dokumentieren und auswerten und deinen Trainingserfolg objektiv darstellen.
Das trifft besonders für den Schuh zu. Nimm dir ausreichend Zeit, beschreibe dein sportliches Vorhaben und lass die Experten ihre Arbeit tun. So bekommst du perfektes Equipment, an dem du jahrelang Spaß haben wirst.
9. Beim Nordic Walking kann man sich auch verletzen
Neben allgemeinen Verletzungsrisiken, die durch unsachgemäßen Gebrauch des eigenen Körpers und der Umwelt gegeben sind, gibt es beim Nordic Walking ein ganz besonderes Risiko. Das Stolpern bzw. Stürzen über den Stock auf unebenen Böden. Klingt komisch – ist es aber nicht.
Entscheidend ist an dieser Stelle die Qualität der Handtechnik – das Öffnen und Schließen der Hände. Ist dieses Zusammenspiel räumlich und zeitlich gut koordiniert, ist das Ergebnis eine effektive Stockkontrolle. Die Stöcke werden sicher geführt, egal auf welchem Untergrund.
Nimm besonders das Erlernen einer korrekten Handtechnik ernst. Es lohnt sich, an dieser Stelle intensiv und ausdauernd zu üben. Schließlich geht es um deine Sicherheit. Kleiner Selbsttest gefällig?
Walke einmal auf einem festen Untergrund. Welche Geräusche machen deine Stöcke am Boden? Hörst du ein Kratzen und Schleifen? Dann ist deine Handtechnik noch nicht optimal. Du hast noch Luft nach oben?
10. Nordic Walking strengt an
Nordic Walking ist nicht sehr anstrengend, oder? Muss es nicht ? kann es aber. Zu guter Letzt kommen wir zu einem Punkt, den nur die wenigsten wissen. Nordic Walking kann auch richtig anstrengend sein.
Das Salz in der Trainingssuppe ist ja bekanntlich die Variation. Immer das Gleiche machen? Schwerer Anfängerfehler! Abwechslung und Vielseitigkeit sind Trumpf. Nordic Walking hat da so einiges zu bieten.
Mit zahlreichen Technikvarianten und Intensivtechniken kann Nordic Walking auch konditionell eine echte Herausforderung werden. Ergebnis: “Hätte ich nicht gedacht, dass das auch so anstrengend sein kann!”
Mach dich fertig – mit Nordic Walking
Lös dich von der Vorstellung, dass Nordic Walking nur etwas für Weicheier ist. Nordic Walking ist gerade deshalb ein effektives Gesundheitstraining, weil es die vielen verschiedenen Techniken und Zusatzübungen ermöglichen, den Anstrengungsgrad erheblich zu variieren und damit eine große Bandbreite an Trainingswirkungen zu erzielen.
Für Einsteiger gilt aber: Lerne zunächst die technischen Grundlagen. Wenn die sitzen, steht dir ein großes Arsenal an Zusatztechniken zur Verfügung, mit denen du die Zweifler in deinem Umfeld das Fürchten lehren kannst.