Übertraining – ein Begriff, den viele Läufer*innen nicht gerne hören. Aber wie erkenne ich eigentlich, dass ich im Übertraining stecke? Unsere Redakteurin Anna hat neun Symptome hier für euch.
Du bist gefrustet. Seit Wochen ackerst du dich ab. Du verausgabst dich bei Tempoeinheiten, opferst deinen Sonntag für Long-Runs. Du gehst regelmäßig in dieses doofe Yoga, weil Beweglichkeit ja angeblich so wichtig ist, und außerdem ziehst du diese blöde Low-Carb-High-Fat-Ernährung durch.
Auf dem Papier ist alles richtig, aber irgendwie fühlt sich alles falsch an. Müde, schlapp, ausgelaugt – du willst einfach nur noch zehn Jahre schlafen. Urlaub von deinem Leben, das wär’s jetzt.
Was ist da nur los?
Die Antwort wollen die meisten nicht hören. Sie liegt aber auf der Hand: Übertraining. Als eine chronische Überlastungsreaktion wird Übertraining häufig durch ein zu hohes Trainingspensum und zu kurze Recovery-Zeiten ausgelöst.
Wir haben bereits im ACHILLES RUNNING Podcast mit Dr. Pouria Taheri zum Thema gesprochen. Als Sportmediziner und Orthopäde weiß er, dass Übertraining vor allem im Hochleistungssport an einem Leistungseinbruch – obwohl das Trainingspensum gleichbleibt, oder sogar steigt – zu erkennen ist.
Aber auch Lauf-Normalos, die sich „nur“ auf einen Marathon vorbereiten, oder am hiesigen Dorflauf teilnehmen wollen, können ins Übertraining geraten. Wir haben die Symptome für Übertraining aufgeschrieben, die jede*r kennen sollte.
Symptome für Übertraining
1. Leistungsabfall trotz gleichbleibendem Pensum
Du läufst und läufst und läufst. Quälst dich durch lange, kurze und schnelle Einheiten. Aber irgendwie wird das Laufen nicht leichter. Im Gegenteil. Die lockere Einheit von letzter Woche fällt dir noch schwerer. Du musst kämpfen, um die Pace zu halten, die laut Trainingsplan vorgesehen ist. Und das tust du. Verbissen suchst du nach dem Rhythmusgefühl, das sich schon seit einiger Zeit nicht mehr blicken lässt. Beim Blick auf die Uhr merkst du schnell, das Kämpfen lohnt sich nicht. Du bist trotzdem zu langsam. Genau an dieser Stelle solltest du die Notbremse ziehen.
Eine Trainingspause ist angesagt. Nein! Auch kein Ausgleichssport. Außer du zählst Netflix-and-Chill dazu. Du solltest deinem Körper und deinem Kopf eine Pause gönnen. Und zwar nicht nur einen Tag. Probier’s mal mit einer Woche. Und danach vielleicht mal was anderes? Wie wär’s mit Tennis? Volleyball? Basketball? Schwimmen? Fahrradfahren? Die Abwechslung kann eine Art Reset-Button sein und dir den Weg zurück zu Leistung und Spaß beim Laufen ebnen.
2. Stimmungsschwankungen
Training ist ein bewusster Stress, dem wir unseren Körper aussetzen. Um sich davon zu erholen, sollten Pausen geplant werden, denn auch bei körperlichem Stress werden Stresshormone wie Cortisol ausgeschüttet. Tatsächlich kommt es Studien zufolge bei Übertraining zu einer höheren Cortisolproduktion und geringeren Testosteronproduktion. Das wirkt sich nicht nur auf die Leistungsfähigkeit aus, sondern kann auch emotional belastend sein und bis hin zu Depressionen führen.
Natürlich schlägt sich das auch auf eure Stimmung nieder und kann im schlimmsten Fall eure Beziehungen mit Freund*innen und Familie beeinträchtigen. Isso. Also am besten mal eine Runde chillen. Das tut euch gut. Das tut uns allen gut.
3. Ständig krank
Auch eine Erkältung, oder grippale Infekte, die du wochen- und manchmal sogar monatelang nicht loswirst, können ein Indikator für Übertraining sein. Abgesehen davon, dass du bei Krankheit sowieso eine Pause einlegen solltest, um dein Herzkreislaufsystem zu schonen, ist es wichtig auf seinen Körper zu hören. Ja, wir verstehen den Frust, der durch den Klang des Wortes „Pause“ ausgelöst wird. Aber manchmal muss man eben die bitteren Pillen des Lebens schlucken, um danach umso stärker zurückzukehren. #comebackstronger
4. Immer müde
Der Wecker klingelt und du fühlst dich, als ob du erst vor fünf Minuten das Licht ausgemacht hast. Die ganze Nacht hast du dich hin und her gewälzt. Wie ein Zombie mit blutunterlaufenen Augen schleppst du dich durch den Alltag und funktionierst eigentlich nur noch, weil du dich selbst mit einer strikten Routine so programmiert hast, dass du alles quasi im Halbschlaf erledigen kannst. Statt Wasser trinkst du nur noch Kaffee, der schlägt aber inzwischen auch nicht mehr an.
Die Warnzeichen sind da. Schlaf sollte erholsam sein. Auch in intensiven Trainingsphasen. Wenn das nicht so ist, könnte das ein weiteres Zeichen für Übertraining sein. Am besten du schließt erstmal die Trigger für Schlaflosigkeit aus: Kaffee streichen, Handy und andere Bildschirme eine Stunde vor Zubettgehen weglegen. Probier’s mal mit einem Buch. Das wirkt Wunder. Und wenn das alles nichts hilft, dann solltest du eine Trainingspause einlegen.
5. Plötzliche Gewichtszunahme
Ja, die Sache mit den Stresshormonen kann auch sichtbare Auswirkungen auf deinen Körper haben. Dein Körper beginnt Fett einzulagern und Muskeln abzubauen. Say what?
Ja, das kann schon mal bei einem Cortisolüberschuss passieren. Denn deine Fettzellen reagieren empfindlicher auf Insulin und lagern es ein. Dagegen reagieren deine Muskeln weniger auf Reize und bauen ab. Also im Prinzip das Gegenteil von dem, was du mit dem vielen Training erreichen willst. Brauchst du noch einen weiteren Grund für eine Trainingspause als dass die ganze Arbeit für die Katz‘ ist? Wahrscheinlich nicht.
6. Einheiten sind nicht konstant und fallen schwer
Wenn du dich an einem Tag wie ein Superheld in Laufschuhen fühlst und am nächsten Tag, wie eine Schnecke, dann gilt es zu hinterfragen, woran das liegt. Klar kann die Einheit am Vortag schwer gewesen sein. Aber war sie wirklich so hart, oder hast du es übertrieben? Am leichtesten checkst du das, indem du deine Pace überprüfst. Bist du zum Beispiel schneller als im Trainingsplan vorgeschrieben gelaufen?
Falls die Pace „normal“ war, könnte deine anschließende Müdigkeit ein Zeichen für Übertraining sein.
7. Deine Buddies weisen dich immer wieder darauf hin
„Sag mal, meinst du nicht, dass du gerade etwas übertreibst“, fragt sich dein liebster Laufbuddy. Du winkst ab, aber beim nächsten Lauftreff hörst du es noch von anderen Mitstreiter*innen. „DIE LIEGEN ALLE FALSCH,“ schießt es dir in Großbuchstaben durch den Kopf. Bevor du jetzt in die Defensive gehst, überleg mal kurz. Könnte etwas dran sein? Wie fühlt sich dein Körper an? Schläfst du gut? Bist du motiviert? Wie viele Kilometer bist du in letzter Zeit gelaufen? Hältst du dich an deinen Trainingsplan? Vielleicht haben deine Buddies doch recht? Sie wollen ja nur das Beste für dich.
8. Motivationsprobleme
Du schleppst dich ins Training und dein Beine fühlen sich an wie aus Beton. Du denkst sehnsüchtig an dein Bett, während du die Runden im Stadion läufst. Früher war das mal anders. Früher hast du dich den ganzen Tag auf deine Einheit gefreut. Da war dieses Prickeln in den Beinen und die Schmetterlinge im Bauch. Als ob du frisch verliebt wärst. Aber jetzt ist irgendwie alles grau und klebrig. Laufen? Warum mache ich das nochmal?
Wenn dir diese Gedanken kommen, solltest du dir tatsächlich erstmal die Sinnfrage stellen. Warum quälst du dich so, wenn du absolut keinen Spaß hast? Schau in dein Trainingstagebuch und check mal, wann du dich das letzte Mal gut gefühlt hast. Wenn das länger als drei Wochen her ist, dann solltest du eine Pause machen. Urlaub vom Laufen. Geh eine Runde schwimmen, oder radfahren.
9. Periode bleibt aus oder verschiebt sich
Falls das passiert und du nicht gerade in der Menopause steckst, ist das ein Warnzeichen, das du unbedingt ernst nehmen solltest. Denn eine ausbleibende Periode ist immer ein Zeichen dafür, dass dein Körper gerade mehr zu tun hat, als er sollte. Bleibt die Periode über Monate aus, kann das sogar bis zu einer Amenorröh führen, die wiederum ernstzunehmende Folgen für deinen Körper haben kann.
Krank will nun wirklich niemand vom Laufen werden. Also ist hier definitiv die Notbremse gefragt. Und ein Besuch in der Arztpraxis deines Vertrauens.
Das kannst du tun
PAUSE! RECOVERY! Einfach eine Runde die Beine hochlegen und lesen. Schau einen Film oder binge gleich eine ganze Serie. Triff deine Freunde. Aber egal was du tust: Lass die Laufschuhe aus – außer natürlich, sie passen zum Outfit.