Die Marathonläuferin Lina Maria Kotschedoff ist fast blind und will sich davon nicht unterkriegen lassen. Stattdessen hat sie sich vorgenommen ihre Sehbehinderung zu ihrer Stärke zu machen. Sie will mit ihrer Geschichte Aufmerksamkeit generieren und Spenden sammeln. Wie sie sich das vorstellt, erzählt sie im Gespräch mit Achilles Running.
Wenn man Lina mit drei Zahlen beschreiben müsste, dann wären es 4,8 – 42,195 – 20.000. Sie hat eine Restsehstärke von 4,8 Prozent, will alle zwei Jahre einen Marathon laufen, um Spenden zu sammeln und diesmal sollen 20.000 Euro für eine Ballettschule in Brasilien zusammenkommen. Okay, alles einmal der Reihe nach…
„Ich konnte das Datum auf dem Kalender nicht mehr lesen“
Lina Maria Kotschedoff im Achilles-Podcast
Lina war neun Jahre alt als auffiel, dass etwas mit ihrer Sehfähigkeit nicht stimmte. Im Büro ihrer Mutter konnte sie die Zahlen auf dem Kalender nicht lesen. Beim Augenarzt hieß es dann, dass sie nur noch eine Sehstärke von 40 Prozent habe. Tendenz steigend. Es begann eine für sie als Abenteuerreise getarnte Suche nach einer Heilung oder zumindest der Bestätigung, dass die Diagnose falsch ist. War sie aber nicht. Lina ist heute 36 Jahre alt und sieht ihre Umwelt wie durch Milchglas. Umrisse, Schatten, weichgespülte Farben. Nicht einmal fünf Prozent sind übrig geblieben.
Davon ließ sie nicht unterkriegen. Nach einer wilden Zeit der Überkompensation und dem Motto „Ich will allen zeigen, dass ich besser bin als alle Sehenden“, Schulrauswürfen und Depressionen, fand sie ihren Ausgleich während des Studiums im Laufen. Erst drei Kilometer, dann fünf, dann zehn. Das klingt erstmal nach einer mehr oder weniger gewöhnlichen Laufanfänger*innen-Geschichte. Aber Lina wollte mehr.
Lina will Spenden sammeln
Für sich alleine laufen war ihr nicht genug. Sie wollte mit ihrer Lauferei Gutes tun und beschloss Geld zu sammeln. Das war 2016. Also erstellte sie mit mehr Herzblut, als Professionalität eine Facebook-Seite und ein Spendenkonto. „Zielgruppe waren eher so Friends, Families and Fools“, lacht sie heute. Dennoch: Lina lief mit einer Freundin in Frankfurt die Marathonstaffel und sammelt knapp zweitausend Euro für ein Projekt in Indien.
Zwei Jahre später folgte die Idee erneut Geld zu sammeln. Dieses Mal sollten es 10.000 Euro sein und ein ganzer Marathon in Düsseldorf. Um sich besser vorzubereiten, suchte sie sich dieses Mal einen Laufcoach, einen Guide, der sie trainierte, bei ihren Läufen mitlief und letztendlich bei ihrem ersten Marathon begleitete. Ein voller Erfolg. Sie besiegte die 42 Kilometer und erreichte ihr Spendenziel von 10.000 Euro. Sie setzte sich dann ein neues Ziel:
„Das ist einer meiner Big Five for Life. Alle Zwei Jahre möchte ich einen Marathon für einen guten Zweck laufen“
Lina im Achilles Podcast
Alle zwei Jahre. Deswegen steht 2020 das nächste Projekt an. Dieses Mal soll es der Marathon in Barcelona sein. Lina will Geld für eine Ballettschule in Brasilien sammeln. Eine ganz besondere Ballettschule, die Tanzstunden für sehbehinderte und blinde Kinder anbietet. Lina hat diese NGO bereits als Deutsch-Brasilianerin besucht. Die Eindrücke haben sie nachhaltig geprägt und zu ihrer Spendenaktion inspiriert.
Im Podcast mit Achilles Running erzählt das Energiebündel, wie ihr Training aussieht, wieso sie mit ihrer Sehbeeinträchtigung auch mal provozieren will und warum sie schon wie ein Frosch durch die Düsseldorfer Innenstadt gehopst ist.