Die Schuhfirma On hat ein innovatives Dämpfungssystem entwickelt: CloudTec. Die Schweizer versprechen ein Laufen wie auf Wolken. Unser Laufschuh-Tester Namri hat den On Cloudcruiser getestet – und fand dieses eine Modell eher bewölkt.
Laufschuh On Cloudcruiser
Modell: Cloudcruiser
Hersteller: On
Das sagt der Hersteller: Macht Asphalt weich
Passform: Neutral
Obermaterial: Old School mit vielen aufgenähten Overlays
Gewicht: 328 g / 309 g (mit / ohne Innensohle) bei Größe 44
Sprengung (Drop): 7 mm
Gelaufen auf: Asphalt, Laufband
UVP: 160€
Der erste Eindruck: Liegt schwer in der Hand
Das Obermaterial mit den vielen Nähten sieht aus wie 1991. Der neueste Schuh des Schweizer Herstellers On verspricht nicht weniger als das Laufen auf Wolken mit seinem CloudTec-System. Das soll den Griff zur Kreditkarte auslösen. Bei mir löst es Marketing-Bullshit-Warnsignale aus. Ich war skeptisch, aber ich fand das System okay. Aber: schwer liegt der Schuh in der Hand. Ich mag leichte Schuhe.
Lieber Cloudcruiser: Du und ich – die Vorzeichen stehen auf bewölkt.
Probelauf: Mehr Off als On
Womit fange ich an: Grundsätzlich bemühe ich mich darum, eine Diskussion mit positiven Merkmalen zu beginnen. Und im Laufe der Diskussion gegebenenfalls auf die negativen Punkte zu sprechen zu kommen.
Leider fällt es mir beim Cloudcruiser schwer, viel Positives hervorzuheben. Prinzipiell läuft sich der Schuh recht schwerfällig und ist trotz des patentierten CloudTec Systems mit 15 hochprofilierten Cloud-Elementen” nicht die Offenbarung, auf die ich gewartet habe.
Folterinstrument Schuhzunge
Vom ersten Schritt an hatte ich nämlich ein ganz anderes Problem als nach Wolken Ausschau zu halten, und das war die Schuhzunge. Ich bin schon so in einigen Laufschuhen gelaufen, aber SO eine Schuhzunge ist mir bislang nicht untergekommen. Diese ist bretthart! Sie lässt jegliche Polsterung vermissen, dass sie bei jedem Schritt schmerzhaft in meine Füße stechen.
Um nur einigermaßen auf ein paar Testkilometer im Cloudcruiser zu kommen, musste ich immer wieder anhalten, habe die Schuhzunge Richtung Vorderfuß gedehnt. Aber dass das nicht Sinn der Sache sein kann, sollte jedem einleuchten.
Abrollverhalten: wenig dynamisch
Als wenn das noch nicht genug wäre, kommt noch das wenig dynamisch anmutende Duo “Abrollverhalten & Gewicht” um die Ecke geschlichen.
Der Schuh ist gerade im Vorfußbereich recht steif und verringert Abrolldynamik, weshalb sich bereits nach wenigen Kilometern die Schritte immer schwerer anfühlen. Gepaart mit dem relativ hohen Gewicht von knapp 330 Gramm nimmt mir der Cloudcruiser jeglichen Laufspaß.
Ich würde ja wirklich gerne mehr zu dem Laufgefühl und Eindrücken zu den Schuhen sagen. Aber aus den oben genannten schmerzhaften Gründen war es mir schlichtweg nicht möglich, den Cloudcruiser so häufig zu laufen, wie ich es gerne getan hätte.
Vor einigen Wochen bin ich den Cloudsurfer gelaufen, und der war bei Weitem besser als der Cruiser. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass ich On-Modelle generell ablehne, aber dieses Modell hier ist anscheinend einfach nicht mein Fall.
Was sagen die Kunden von On?
Routinemäßig werfe ich bei Testschuhen auch einen Blick auf deren Webseite für technische Details. Auf der Webseite von On heißt es zum Cloudcruiser im üblichen Marketingsprech: “Ein maßgeschneiderter, weicher Kragen aus Memory-Schaum sorgt für angenehmen Halt um Ferse und Knöchel.” Dem muss ich leider widersprechen. Der Fersenbereich ist hart wie ein Pappkarton und trägt sich maßgeschneidert unangenehm – finde ich. Vielleicht bin ich aber auch zu weich.
Fazit: Cloudcruiser und ich?– passt nicht
Innovation und technischer Fortschritt sind Faktoren, gegenüber denen ich mich als aufgeschlossen bezeichne. Gerade als Schuhtester ist das wichtig. Wenn ich aber den Eindruck gewinne, dass Innovation nur der Innovation wegen verfolgt wird, setzt bei mir Stirnrunzeln ein. Das CloudTec-Prinzip stelle ich nicht infrage. Damit hatte ich keine Probleme, finde ich okay. Ein Laufen wie auf Wolken habe ich aber nicht erfahren.
Beim Cloudcruiser-Schuhdesign hört bei mir der Spaß auf. Die Zunge! Es ist mir schleierhaft, wie das On-Schuhdesignteam eine Schuhzunge in meinen Augen derart fehl konstruieren konnte. Noch mal: Es geht um nur um dieses eine Modell. Die Schuhe von On haben auch viele Anhänger, gewinnen Preise und die Verkaufszahlen steigen kontinuierlich. Der Triathlet Frederik van Lierde läuft in On – und der ist Ironman-Hawaii-Sieger. Ganz schlecht können die Schuhe nicht sein.
ABER jeder muss sich an seinen eigenen Worten messen lassen. Ich kann nur das schreiben, was ich empfinde. Ich hatte weder das Gefühl, dass ich mit dem Cloudcruiser auch nur annähernd wie auf Wolken gelaufen bin, noch, dass dadurch Zement weich oder ?einfach” gemacht werden würde.
Der Cruiser und ich passen einfach nicht. Deshalb gibt es von mir ein deutliches “Daumen runter”. Das trifft auch auf das Preis-Leistungsverhältnis zu, denn der Schuh kostet 160 Euro.
Urteil On Cloudcruiser
1,5 / 10 Punkten
Stark bewölkt, mit Schauern, ohne Sonnenschein.
Disclaimer: Einige der in diesem Blog getesteten Produkte hat der Tester gekauft, andere wurden von den Herstellern zur Verfügung gestellt, ohne dass sie Einfluss auf Inhalt oder Bewertung hatten. Der Beitrag spiegelt die persönliche Meinung des Testers und nicht automatisch die Meinung der Achilles-Redaktion wider.
Zur Person: Namri Dagyab, Jahrgang 1975, entdeckte seine Lauf (-schuh) leidenschaft während des Studiums in Bonn. Sein erster Laufschuh war der Asics 2040. Ein Jahr später lief er in Köln seinen ersten Marathon in 4:18 Stunden.
Viele Trainingsrunden am Rhein später stellte er mit 3:17 Stunden seine Bestzeit in Budapest 2007 auf. In der Folgezeit lief er aus Spaß an der Freud’, bis der Ehrgeiz ihn nochmals packte.
Sein Ziel ist es, den Marathon in unter 3:15 Stunden zu laufen, um sich so für den Boston Marathon zu qualifizieren. Sein Lieblingsverein ist der 1.FC Köln.