Die Lunarglide Serie ist eine der beliebtesten Laufschuhserien aus dem Hause Nike. Mittlerweile gibt es sogar schon die siebte Version, was aber nicht heißt, dass das Vorjahresmodell nichts taugt. Zudem werden diese günstiger als das neueste Modell angeboten, vorteilhaft für das Preis-Leistungsverhältnis. Dachte sich auch unser Laufschuh-Blogger Namri und prüfte den Schuh.
Laufschuh Nike Lunarglide 6
Modell: Lunarglide 6
Hersteller: Nike
Das sagt der Hersteller: Sorgt für Halt, Stabilität und Dämpfung bei geringem Gewicht.
Passform: Leichte Stabilität
Obermaterial: Synthetik Mesh mit Flywire Schnürung
Gewicht: 273 / 248 g (mit / ohne Innensohle) bei Größe 44
Sprengung: 10 mm
Gelaufen auf: Asphalt, Laufband, Park
UVP: 130 € (gesehen für ca. 90 € im Ausverkauf)
Der erste Eindruck: Die dicke Mittelsohle
Der Aufbau des Schuhs erinnert auf den ersten Blick an den Nike Structure, meinem ersten und bisher einzigen Laufschuh von Nike, mit dem ich vor über glorreichen zehn Jahren den Köln-Marathon gelaufen bin. Das waren noch andere Zeiten. Damals liefen gefühlt 90 Prozent aller Läufer in Asics oder Adidas. Bei Nike dachten viele eher an Air Jordan als an ernstzunehmende Laufschuhe.
Außerdem auffällig am Lunarglide: diese vielen Schnüre, die wie ein Spinnennetz unter dem Obermaterial verlaufen.
Alles eine Frage des Image
Dem Autohersteller Volvo eilt der Ruf voraus besonders sichere Autos herzustellen. Dieses Image hält sich hartnäckig. Auch bei mir. Ob das gerechtfertigt ist, kann ich aufgrund mangelnden Sachverstands nicht beurteilen. Klar ist aber: Wenn eine Marke ein bestimmtes Image hat, hat sie ein bestimmtes Image.
Und Nike hing in der Läuferszene lange das Image nach, zwar schöne Schuhe zu designen, die aber völlig unbrauchbar zum Laufen sind. Also quasi das Gegenteil von Asics, die designtechnisch so prickelnd sind wie ein lauwarmer Sekt, aber vom Otto Normalläufer als DIE Laufmarke angesehen wird.
Ich schließe mich da nicht aus, denn während meines Läuferlebens habe ich deutlich mehr Schuhe von Asics als von Nike verschlissen. Genau genommen habe ich mir nur ein Mal Laufschuhe von Nike gekauft. Und obwohl ich damals mit dem Schuh zufrieden war, habe ich danach keinen Nike mehr gekauft. Weshalb? Keine Ahnung. Umso gespannter war ich, wie sich der Lunarglide 6 so machen würde.
Probelauf: Hart, aber herzlich
Also, ab zum ersten Lauf. Hopp, hopp, Hoppla! Denn aufgrund der dick gepolsterten Mittelsohle hatte ich erwartet, dass es relativ weich zugehen werde. Stattdessen spürte ich bereits auf den ersten Metern wie relativ hart das Laufgefühl ist.
Nicht unangenehm bretthart, sondern gut gepolstert hart. Klingt bekloppt, ist aber so. Was mir auf Anhieb gefallen hat, ist die eng anliegende Inner Sleeve, was das ingesamte Laufgefühl und Mittelfußsitz zu stabilisieren vermag.
Abrollverhalten: nur mittelgut
Ich wünschte mir lediglich, dass das Abrollverhalten dynamischer ist, aber richtig unzufrieden war ich damit auch nicht. So ein bisschen wie die Note 2- damals in der Schule. Damit konnte ich nicht richtig unzufrieden sein, aber eine bessere Note wäre auch cool gewesen.
Trotzalledem, meinen ersten Lauf auf Asphalt mit dem Lunarglide bezeichne ich als ereignisarm. Und das meine ich durchaus positiv.
Ideal für lange Läufe?
Da der Schuh relativ leicht für so einen gepolsterten Schuh ist, dachte ich mir nach dem ersten Lauf, dass der Nike ideal für meine längeren Läufe über 15 km sein könnte. Leider hatte ich die Rechnung ohne das Flywire Schnürsystem gemacht. Das sind diese besagten Schnüre, die kreuz und quer unter dem Obermaterial verlaufen.
Autsch! Flywire-Druckstelle am kleinen Zeh
Irgendwo nach dem zehnten Kilometer meldete sich mein kleiner rechter Zeh zu Wort. Anfangs war es nur ein diffuses, unangenehmes Druckgefühl, das aber kontinuierlich schmerzhafter wurde. Während des Laufs hatte ich noch keinen Schimmer, woher diese Druckstelle gekommen war.
Als ich mir aber nach dem Lauf den Schuh genauer anschaute stellte ich fest, das eine der Flywire-Schnüre genau mittig an der Außenseite meines kleinen Zehs verläuft. Und das verursachte die Druckstelle bei mir.
Jeder verdient eine zweite Chance
Aber so leicht wollte ich nicht aufgeben und gab dem Schuh eine zweite Chance. Der Druckstelle wollte ich diesmal mit etwas dickeren Laufsocken ein Schnippchen schlagen. Um es vorwegzunehmen: Eine Weile ging es gut, aber langfristig setzt sich eine Druckstelle halt immer durch.
Problemstelle Fersenpolsterung
Apropos, dickeren Socken: Der Fersenbereich ist stark gepolstert, aber dafür ziemlich steif. Mit dünneren Socken umschloss die Fersenpolsterung meinen Fuß noch annehmbar gut, aber mit dickeren Socken war das nicht mehr der Fall, weshalb meine Ferse immerzu leicht aus dem Schuh herausrutschte.
Fazit: Gut, wenn nur die Druckstelle nicht wäre
Es mag der Eindruck entstanden sein, dass ich den Lunarglide schlecht finde. Das stimmt so nicht ganz. Denn auf kürzeren Strecken unter 10 km, fand ich den Schuh angenehm gepolstert und gleichzeitig recht stabil im Abrollverhalten.
Das wahre (Luxus-) Problem ist, dass ich keine echte Verwendung für den Schuh habe. Aber wieso? Aaaaalsooo, kurze Strecken laufe ich eher schnell und dafür habe ich dynamischere und leichtere Schuhe als den Lunarglide 6. Und auf den langsamen Läufen ist der Lunarglide für mich leider keine Option wegen der Flywire-Druckstelle.
Positiv formuliert: Prüft doch selber, ob bei euch Druckstellenalarm ist. Denn wenn das nicht der Fall ist, halte ich den Nike Lunarglide 6 ideal für langsame, lange Läufe. Und deshalb schließe ich mit den weisen Worten, die in keinem gut geführten Poesiealbum fehlen dürfen: Wenn das Wörtchen “wenn” nicht wär, dann wär mein Vater Millionär.
Urteil Nike Lunarglide 6
8/10 Punkten (für kürzere Strecken)
4/10 Punkten (für längere Strecken)
“Mit Dekubitus am Fuß, ist ganz schnell Schluss.”
UPDATE 14.10.2015: In meinem Test hatte ich beanstandet, dass die Flywire-Schnürung am rechten Zeh drückt. Ich habe eine Lösung gefunden: Ich lasse die vorderen zwei Reihen ungeschnürt. Und schon läufts.
Disclaimer: Einige der in diesem Blog getesteten Produkte hat der Tester gekauft, andere wurden von den Herstellern zur Verfügung gestellt, ohne dass sie Einfluss auf Inhalt oder Bewertung hatten. Der Beitrag spiegelt die persönliche Meinung des Testers und nicht automatisch die Meinung der Achilles-Redaktion wider.
Zum Autor: Namri Dagyab, Jahrgang 1975, entdeckte seine Lauf (schuh) leidenschaft während des Studiums in Bonn. Sein erster Laufschuh war der Asics 2040. Ein Jahr später lief er in Köln seinen ersten Marathon in 4:18 Stunden.