Es ist ein heiß diskutiertes Thema in der Laufszene: Wettkämpfe zu Zeiten einer Pandemie. Soll man? Soll man nicht? Wie sicher ist das? Susi von Laufblog Runskills ist ihren ersten Wettkampf schon gelaufen und hat unserer Redakteurin Anna berichtet, wie es war.
„Ich habe mich vor allem gefragt, spürt man das?“. So beschreibt Ultramarathonläuferin Susi Lehmann die Skepsis vor ihrem ersten Lauf-Event, während der Corona-Krise. Die erfahrene Läuferin, die in der Laufszene vor allem durch ihren Laufblog @runskills bekannt ist, spricht vom Wettkampfgefühl. Also dem Hoch, das viele Läufer*innen erleben, wenn sie an einer Veranstaltung teilnehmen.
Dieses Gefühl kommt nicht nur vom Hormon-Cocktail, der beim Laufen ausgeschüttet wird. Zuschauer*innen, Cheer-Zones, der gemeinsame Start, die Siegerehrung – sie alles tragen zum Wettkampfgefühl bei. Beim diesjährigen Sachsen Trail gab es zwar den Mix aus Adrenalin und Endorphinen, der Rest war entweder nicht oder in stark abgespeckter Form dabei.
Sicherheit ist Nummer eins
Aber Sicherheit geht zu Zeiten einer Pandemie vor. Gerade bei großen Veranstaltungen, wie Laufevents. Das hieß für die Veranstalter*innen kurzfristig umplanen. Statt eines eintägigen Wettkampfs, wurde die Veranstaltung kurzerhand auf zwei Tage verteilt, um das Event etwas zu entzerren. Teilnehmer*innen mussten eine Maske oder ein Tuch beim Start tragen, Nettozeiten – also die Zeit nach überlaufen der Start- und Ziellinie – wurden genommen, die Siegerehrung gab’s als Facebook-Live-Stream. Klingt fast wie ein komplett anderes Event.
„Für mich waren die Strecke und der familiäre Charakter des Events ausschlaggebend.“ erzählt Susi, die zum insgesamt dritten Mal Teil der Veranstaltung war. „Aber der Lauf ist einer meiner absoluten Trail-Lieblingsläufe, deshalb konnte mich auch nicht abschrecken, dass erst drei Wochen vorher feststand, dass er tatsächlich stattfindet.“
Dieses Gefühl, wenn sich Training auszahlt
Nach dem Lauf war Susi überrascht. „Ich habe während des ganzen Laufs nicht an Corona gedacht. Nicht mal, als ich beim Start die Maske tragen musste“, betont sie.
Susi wird vierte und ist besonders zufrieden, dass sich ihr Training rentiert hat. „Das ist immer das geilste Gefühl,“ lacht die Läuferin, die gerne in ihrer Freizeit mit Freund*innen ihre eigenen Trailläufe plant. Im Juni lief sie zum Beispiel zusammen mit einer Freundin 116 Kilometer von München bis zum Eibsee. Einfach so. „Es ist immer ein geniales Gefühl, wenn sich das Training auszahlt.“ Dieses Gefühl, dieser „es-hat-sich-gelohnt-Moment“ – danach das versuchen die meisten Läufer*innen mit Wettkämpfen herzustellen.
Aber sollte dem Ziel dieses Gefühl zu erreichen, Sicherheit untergeordnet werden? Fakt ist, jede Laufveranstaltung birgt das Risiko das Virus weiter zu verbreiten. Zwischen „The-Show-must-go-on“ und „Sicherheit-geht-vor“ – in diesem Dilemma steckt die Laufszene derzeit.
Die Diskussion um den Hamburg-Marathon
Um den Hamburg-Marathon tobt zum Beispiel eine hitzige Diskussion. Sollte ein Wettkampf mit 15.000 Teilnehmer*innen stattfinden? Ein 40-seitiges Hygiene-Konzept wurde von den Veranstalter*innen vorgelegt. Dennoch hängt die Frage im Raum: Kann man so einen Wettkampf während einer Pandemie überhaupt verantwortungsvoll veranstalten?
Auch Susi steht dem Thema kritisch gegenüber. „Der Hamburg-Marathon ist der geilste Lauf Deutschlands, aber ich muss den nicht laufen, wenn es keine Wettkampf-Stimmung gibt.“ Ohne Zuschauer*innen über die Kopfsteinpflaster der Hansestadt zu laufen und dabei das Infektionsrisiko zu erhöhen, klingt in der Tat wenig verlockend.
Kleine Veranstaltungen supporten
Ihr Tipp für alle, die trotz Corona das Wettkampfgefühl suchen, sich aber nicht in Menschenmassen durch Stadtschluchten schieben wollen: „Ich würde persönlich nach kleinen Events Ausschau halten.“ Da seien weniger Menschen und damit auch das Hygiene Konzept deutlich leichter einhaltbar – so wie beim Sachsen Trail. Oder warum nicht einen virtuellen Lauf probieren?