Diese Frau muss es ja wissen: Petra Wassiluk, frühere Spitzen-Läuferin und Olympia-Starterin, gibt im Interview Tipps für Lauf-Einsteiger*innen. Fortgeschrittenen rät sie außerdem zu Abwechslung im Training.
Achilles Running*: Frau Wassiluk, die Lauf-Saison hat begonnen, welche Tipps geben Sie den Läufer*innen, die jetzt wieder durchstarten wollen?
Petra Wassiluk: Wenn die ersten Sonnenstrahlen locken, ist die Versuchung natürlich groß, einfach loszulaufen. Doch man sollte sich fragen: Wie lange bin ich inaktiv gewesen? Nur im Winter oder schon länger? Es wird wärmer, aber speziell Einsteiger sollten einen kühlen Kopf bewahren und sich nach Möglichkeit einem örtlichen Lauftreff anschließen. Dort gibt es Tipps von erfahrenen Läufern und in der Gruppe läuft es sich leichter.
Welche Ratschläge haben Sie für die Ernährung?
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist die Basis, um langfristig gesund und leistungsfähig zu sein. Der Speiseplan sollte reich an Vollkornprodukten, Gemüse, Obst, Milchprodukten und hochwertigen Fetten sein. Fisch, Fleisch und Eier sind gelegentlich einzuplanen.
Und insbesondere in der Trainingsphase bitte nur auf bekannte Lebensmittel zurückgreifen. Wer sich auf einen Marathon vorbereitet, sollte sich in einer Nährwerttabelle über die korrekte Kohlenhydratverteilung informieren. Ein Tipp: Unmittelbar vor dem Marathon-Start liegt der optimale Kohlenhydratanteil bei 65 bis 70 Prozent der Gesamtenergiebilanz.
Was sollte man bei Schuhen und Ausrüstung beachten?
Die Wettkampfschuhe sollten ein-, aber nicht abgelaufen sein und die Socken schon am Tag vor dem Wettkampf getragen werden. Zudem müssen die Fußnägel geschnitten sowie die kritischen Stellen mit Pflaster geschützt sein. So wird schmerzhaften Reibungen und Blasenbildung vorgebeugt.
Bei der Kleidung ist darauf zu achten, dass das bevorzugte Outfit vor längeren Wettkampfstrecken mindestens einmal auf die entsprechende Tauglichkeit getestet wurde. Einstellen müssen sich Ambitionierte auch auf das Wetter. Das heißt: Für warme Tage ein Netzhemd und eine leichte Cap als Sonnenschutz, für etwas kühlere Temperaturen ist ein angenehm zu tragendes Funktionsshirt empfehlenswert.
Worauf müssen sich Aktive einstellen, die jetzt mit der Vorbereitung für einen Herbst-Marathon beginnen?
Ein Muss ist natürlich regelmäßiges Lauftraining, dreimal in der Woche. Einmal wöchentlich sollte zudem der Rumpf gekräftigt werden. Längere Läufe über zwei bis drei Stunden müssen ab Mitte August eingeplant werden. Und im September sollte ein Test-Halbmarathon absolviert werden. Trotz aller notwendigen Disziplin, dazu gehört auch das Üben der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme während des Laufens. Aber bitte immer mit Spaß und Leidenschaft laufen!
Reichen sechs Monate Training für Einsteiger*innen aus, um 42 Kilometer hinter sich bringen zu können?
Ja, wenn gravierende Fehler wie zu hohe Trainingsintensitäten vermieden werden. Dies kann zu einer absolut unbefriedigenden Entwicklung und aufgrund von Überlastung schlimmstenfalls zu medizinischen Beschwerden führen. Wer jetzt ins Marathon-Training einsteigt, sollte 30 bis 45 Minuten am Stück laufen können, um im Herbst gut trainiert im Marathon-Ziel anzukommen.
Sie leiten in Frankfurt ein Laufprojekt zur Marathon-Vorbereitung an. Was für Vorteile hat dieses Projekt?
Dass wir die Teilnehmer mit sportwissenschaftlichem Background auf den Start vorbereiten. Mit vielen diagnostischen Elementen, Diplom-Sportlehrern und Laufexperten, also quasi einer Rundumbetreuung. Im Marathon-Projekt wird niemand alleine gelassen, was ein entscheidender Punkt speziell bei Marathon-Debütanten ist. Und feste Termine lassen weniger Ausreden zu.
Was noch?
Wichtige Punkte sind natürlich auch der Eingangscheck im Rahmen des Eröffnungsseminars und die individuellen Trainingspläne. Laufen ist mehr, als nur die Füße nach vorne zu bringen. Laufen ist eine ganzheitliche Beanspruchung für den Körper, der entsprechend der Wettkampflänge vorbereitet sein muss. Und mit Muskeldehnung und -Kräftigung haben viele Läufer nicht viel Erfahrung. Wer immer nur läuft und läuft und läuft, wird kein VW-Käfer werden, sondern mit einiger Wahrscheinlichkeit früher oder später körperliche Probleme bekommen.
Zur Person: Die Darmstädterin Petra Wassiluk, Jahrgang 1969, arbeitet seit 2002 im Organisationsbüro des Frankfurt Marathons. Zuvo war sie auf den Langstrecken international erfolgreich und nahm zweimal (1996, 2000) an den Olympischen Spielen teil.
*Um die Antworten der Interviewpartner*innen nicht zu verfälschen, werden lediglich die Fragen “gegendert”.