Beschämende Fahrten mit dem Tuk-Tuk, schweißtreibende Kita-Treffen und ein kaputt geschwitztes Handy – meine Lernerfahrungen von Laufen in Tansania.
Als ich noch in Berlin wohnte, betrachtete ich mich als einen durchschnittlichen bis gut trainierten Läufer. Meist lief ich Strecken von zehn bis zwanzig Kilometer im Wald oder vom Büro durch die Stadt nach Hause.
Ich lief keine Marathons, las kein Runner-Magazin, aß keine Energieriegel, und da Läufer*innen-Quetschpäckchen meinem Magen nicht bekamen, trank ich beim und nach dem Laufen einfach nur ordinär Wasser. Ich liebte beim Laufen die Ruhe, Natur, frische Luft und den Wechsel der Jahreszeiten.
Vor etwas mehr als zwei Jahren zog ich mit meiner Familie nach Daressalam. Daressalam – war mal Hauptstadt von Deutsch-Ostafrika – ist heute die größte Stadt Tansanias und liegt direkt am Indischen Ozean gegenüber der Insel Sansibar. Es herrscht Tropenklima. Das Land liegt nur wenig südlich vom Äquator.
Das erste Mal laufen in Tansania
Bevor wir hierher zogen, wusste ich nicht viel über das Land. Da Tansania aber direkt neben Kenia, dem Land der Läufer*innen schlechthin, liegt, erhoffte ich mir insgeheim, auch irgendeinen positiven Effekt auf meine Laufleistung.
Als ich zu meinem ersten Lauf in DAR aufbrach, waren wir erst zwei Tage im Land. Wir wohnten noch im Hotel, lebten aus dem Koffer und warteten auf die Ankunft unseres Containers. Alles war neu. Ich war das erste Mal überhaupt in Afrika.
Bei meinem ersten Lauf wollte ich die Umgebung erkunden. Unser Hotel lag auf der Masaki-Halbinsel, dem edelsten Stadtviertel Daressalams. Eine Umrundung der länglich-geformten Halbinsel von Daressalam, auf der wir, wie der Großteil aller Expats, heute immer noch wohnen, bot sich als Laufstrecke an. Wahrscheinlich nicht mehr als zehn bis zwölf Kilometer, schätzte ich.
Da es aber mein erster Lauf war und ich mich erst einmal herantasten wollte, peilte ich dennoch einen kurzen Lauf zur Eingewöhnung an. Entspannte fünf bis sechs Kilometer. Ich lief los, wie immer: mit der Strava-App auf dem Handy im Hüftgurt, ohne Wasserflasche (wollte ja nur eine kurze Runde laufen) und ohne Geld (war ja kein naiver Tourist und wollte mich nicht ausrauben lassen).
Die ersten Schritte fühlten sich super an.
Fotos: Thomas Grigoleit
Wo ist die Eistonne?
Die Euphorie über mein erstes Mal Laufen in Tansania beflügelte mich und ich flog leichtfüßig die staubige Straße entlang, wich geschickt den regelmäßigen Schlaglöchern aus und ließ mich nicht von riesigen Geländewagen aus der Ruhe bringen, die mich meist ohne großen Sicherheitsabstand überholten.
Ich war keine zehn Minuten gelaufen, da erwischte mich bereits der Hammer. Nach nicht mehr als zwei Kilometern war ich total durchnässt, nach drei Kilometern saß ich auf einem einsamen Stein am Straßenrand im Schatten. Ich war vollkommen fertig, hatte gefühlte sechs Liter Wasser verloren, meine Zunge war staubtrocken und ich hatte trotz Hitze eine Gänsehaut.
Nach einer langen Pause wankte ich langsam nach Hause. Es war Februar, und wie ich später lernte, die heißeste Zeit des Jahres. Eine Woche zuvor hatte ich noch einen 20-Kilometer-Waldlauf in Berlin bei angenehmen zehn Grad gemacht. Laufen in Tansania ist definitiv anders.
Jetzt kreisten meine Gedanken nur noch um Mertesackers Eistonne. Und ich konnte mir noch nicht mal was zu trinken kaufen, weil ich ja schlauerweise mein Geld zu Hause gelassen hatte.
Vielleicht doch lieber segeln?
Ich hatte einen guten Vorgeschmack auf das bekommen, was mich hier beim Laufen in der Hitze erwartete. Während Deutschland nur im Sommer über eine kurze Hitzewelle stöhnt, ist es hier nämlich mehr oder weniger immer heiß. Vielmehr: Oft ist es brüllend heiß und selbst im Winter (Juni/ Juli) immer noch irgendwie: heiß!
Die Hitze wird ergänzt von meist hoher Luftfeuchtigkeit, die besonders direkt nach Regenschauern gnadenlos ist! Zudem ist Tansania so nah am Äquator, dass die Sonne den ganzen Tag gnadenlos hoch am Himmel steht, nur kurze Schatten wirft und abends wie ein Stein vom Himmel fällt.
Als ich nach meinem ersten Lauf mit letzten Kräften das Hotel erreichte, war ich davon überzeugt, dass man oder ich in dieser Hitze einfach nicht laufen sollte.
Eine Alternative für mich wäre hier am Indischen Ozean natürlich das Segeln gewesen. Da ich aber schon auf spiegelglattem Wasser seekrank werde, gab ich die Idee schnell auf und nahm die Herausforderung an, trotz der widrigen Umstände weiterzulaufen.
Im Tuk-Tuk nach Hause
In den anschließenden ersten Monaten musste ich ziemlich leiden und viel Lehrgeld zahlen. Ich wollte meinen Strava-Aufzeichnungen manchmal nicht glauben, dass ich nur fünf Kilometer statt 15 Kilometer gelaufen war und das nicht im 5-, sondern im 6:15-Minuten-Schnitt.