Der Winter hat zumindest Teile Deutschlands in seinen eisigen Händen. Doch wer glaubt, man müsse deswegen auf das Laufen unter freiem Himmel verzichten, irrt. Den arktischen Temperaturen zu trotzen, gibt Energie und stärkt das Immunsystem. Damit das Laufen bei Minusgraden seine positiven Effekte erzielt, sollten folgende Tipps von Orthopäde und Triathlet Ulrich Nieper beachtet werden.
6 Tipps zum Laufen bei Minusgraden
1.Mach das Warm-up im Warmen
Das Aufwärmen vor dem Laufen ist ein wichtiger Schutz vor Bänder- und Muskelverletzungen. Bei Minustemperaturen sollte das Aufwärmprogramm in der Wohnung stattfinden. Langsames Laufen auf der Stelle und leichte Dehnübungen bereiten den Körper auf die bevorstehende Belastung in der Kälte vor. Fünf bis zehn Minuten reichen dafür aus.
2. Kenne deine Laufstrecke
Vereiste Strecken, matschige Wege, schlechte Sicht – die Witterungs- und Bodenverhältnisse im Winter bergen durchaus Risiken. Daher sollte eine Laufstrecke gewählt werden, die bekannt ist. Dadurch minimiert man Sturzgefahren und Orientierungslosigkeit bei schnell einsetzender Dunkelheit oder überraschendem Schneefall.
Frischer Schnee ist übrigens einer der problemlosesten Laufuntergründe, da er erstaunlich viel Grip bietet. Generell sollte bewusst darauf geachtet werden, den gesamten Fuß aufzusetzen und bei Unsicherheit das Tempo zu drosseln.
3. Laufen bei Minusgraden: Weniger ist oft mehr
Bestzeiten nimmt man sich lieber für Frühjahr und Sommer vor. Im Winter heißt es: den Ehrgeiz drosseln, entspannt laufen und das Trainingspensum dosieren. Während des Joggens bei Kälte sollte der Puls bei etwa 65 bis 70 Prozent des Maximalpulses liegen und durch die Nase oder ein Tuch geatmet werden.
Dadurch strömt nur vorgewärmte Luft in die Lungen, wobei dank des Hagen-Poiseuille-Gesetzes ein Vereisen der Bronchien nicht zu befürchten ist. “Um die Belastung für Muskel- und Bänderapparat sowie Immunsystem durch die besonderen Bedingungen im Winter möglichst gering zu halten, sollte die Dauer eines Laufes den Temperaturen angepasst werden”, empfiehlt Sportarzt Ulrich Nieper.
4. Die richtige Kleidung
Die richtige Laufkleidung ist für ein gesundes Joggen sehr wichtig. Einerseits stellt reflektierende beziehungsweise fluoreszierende, helle Laufkleidung die Sichtbarkeit auch bei Dunkelheit sicher. Andererseits schützt die Bekleidung vor Erkältungen und Infektionen.
Der sogenannte “Zwiebel-Look”, bei dem sich zwischen mehreren dünnen Kleidungsschichten wärmende Luftpolster bilden, ist ideal. Dabei sollte windundurchlässige, schnelltrocknende Funktionsbekleidung getragen werden. Wichtig sind zudem lange Socken, Handschuhe und Mütze.
5. Nach dem Laufen bei Minusgraden ab ins Warme
Die “Cool-down-Phase” darf auch im Winter nicht fehlen, sollte aber nicht zu wörtlich genommen werden. Dehnübungen werden idealerweise in frischer, trockener Kleidung in der Wohnung durchgeführt. Anschließend geht es unter die heiße Dusche oder in die Sauna. Das wärmt und lockert die Muskulatur.
6. Genug trinken
Es ist ein Irrglaube, dass Läufer*innen im Winter weniger schwitzen als im Sommer. “Geschwitzt wird immer und im Winter verstärkt die trockene Luft sogar eine Dehydration. Daher sollte man darauf achten, den Flüssigkeits- und Mineralienhaushalt nach dem Sport wieder aufzufüllen”, erläutert Ulrich Nieper. Statt zu stark zucker-, koffein- oder alkoholhaltigen Getränken lieber zu mineralstoffreichen und isotonischen Durstlöschern greifen.
Fragen und Antworten zum Laufen bei Minusgraden
Lockeres Laufen, nicht schnell, dafür ein bisschen länger, ist auch bei Schnee machbar. Bei extremen Minusgraden und empfindlichen Bronchien sollte man aber in der Tat vorsichtig sein. Erst ab etwa minus 15 Grad empfehlen Expert*innen Freizeitsport an der frischen Luft nur noch den Kerngesunden. Denn dann schafft es der Körper nicht mehr, die eingeatmete Luft ausreichend aufzuwärmen, ehe sie die Lunge erreicht.
Schnee und Eis verursachen beim Laufen eine ungewohnte Belastung, die schmerzlich enden kann. Dem beugt man mit ausreichend Kraft- und Stabisilationstraining sowie Dehnung nach dem Laufen vor. Bei Minusgraden werden Haut, Bindegewebe, Sehnen und Gelenke schlechter durchblutet. Das macht sie weniger elastisch und anfällig für Verletzungen. Empfehlung: Tempo drosseln. Außerdem sollte man möglichst auf geräumten oder gestreuten Wegen laufen. So lassen sich Verletzungen vermeiden, insbesondere Zerrungen oder Einrisse der kurzen Fußmuskeln, die durch das Festklammern auf rutschigem Boden entstehen.
Damit die Muskeln nicht verhärten, sollte man sein Trainingsprogramm mit mindestens einer Minute lockerem Auslaufen abschließen. Und dann heißt es: Ab ins Warme und rein in die trockenen Klamotten. Nach der Belastung durch den Lauf ist nämlich das Immunsystem besonders anfällig, das Risiko, sich zu erkälten, steigt.
Bevor man wieder in die Laufschuhe schlüpft, sollte man eine Erkältung unbedingt auskurieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich die Erkältung durch einen Trainingslauf erst so richtig in den Bronchien festsetzt – und dann kann die Genesung dauern. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko einer Herzmuskelentzündung durch die Erkältungsviren. Ist die Infektion abgeklungen, sollten die ersten Trainingstage mit lockerer Grundlagenausdauer gestaltet werden.