Es ist Sommer, es ist Ferienzeit, da trinken selbst die asketischsten Hobbysportler*innen das ein oder andere Bier zu viel. Aber dürfen Läufer*innen überhaupt Alkohol trinken? Und macht ein Gläschen womöglich sogar schneller?
Dürfen Läufer*innen Alkohol trinken?
Ja, sie dürfen. Bei manchen Lauftreffs müssen sie sogar. Geselligkeit ist ein nicht zu vernachlässigender Faktor im Training.
Ist mäßiger Alkoholgenuss womöglich sogar gesund?
Studien haben gezeigt: Bier und Wein enthalten Stoffe, die eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben können. Geringe Mengen (0,25 l Wein, bis 0,5 l Bier) schützen vor Arteriosklerose, wirken entzündungshemmend auf die Blutgefäße und erhöhen den Anteil des guten HDL-Cholesterins. Über 100 Studien aus den vergangenen 30 Jahren belegen zudem: Menschen, die regelmäßig Alkohol in kleinen Mengen und im Rahmen eines ausgewogenen Lebensstils genießen, sind durchschnittlich gesünder oder leben länger als die, die darauf verzichten.
Für das Fachgespräch beim Lauftreff hier ein paar Fakten:
Ein Liter Bier enthält nach Angaben der Brauereien ca. 920 Gramm Wasser, 554 mg Kalium (27 Prozent des täglichen Bedarfs Erwachsener), 96 mg Magnesium (45 Prozent), 37 mg Kalzium, 308 mg Phosphor und 44 mg Natrium. Bier aus Malz enthält Vitamine des B-Komplexes. Selbst Spuren von essenziellen Aminosäuren können nachgewiesen werden.
Bier ist besser als sein Ruf. Britische Wissenschaftler fanden heraus: Im Blutplasma regelmäßiger Biertrinker*innen ist 30 Prozent mehr Vitamin B6. Das Vitamin verhindert die Bildung einer chemischen Substanz, die Herzkrankheiten verursacht. Außerdem fanden Wissenschaftler*innen im Bier Xanthohumol, einen Stoff, der die Bildung von Krebs hemmen kann, was allerdings bisher nur im Tierversuch nachgewiesen wurde. Aber viele Läufer*innen sind ja Tiere.
Was spricht gegen Alkohol?
Vor allem die hässlichen Bierbrüste, aber auch die mögliche Überbelastung der Leber, die nicht nur als Entgiftungsorgan, sonder auch als Glykogenspeicher dient.
Tipp: Wochenkontingente festlegen, die du nach eigenen Wünschen einteilen darfst. Wer sich fünf Bier (gleich fünf kleine Gläser Wein) als wöchentliche Gesamtmenge erlaubt, kann entscheiden, ob er die ganze Ladung am Samstagabend pichelt, gelegentlich mal eins oder sich zehn Streckgetränke wie Radler oder Weißweinschorle gönnt. Dann kommt man sogar jeden Abend auf einen guten Drink. Im Notfall: Eisig kaltes alkoholfreies Bier geht ganz gut.
Laufen und Saufen – geht das?
Aber ja. Beim Marathon de Medoc und Marathon du Cahora wird Rotwein an den Verpflegungsständen gereicht. Beim Marathon Deutsche Weinstraße werden als besonderes Highlight Riesling-Schwämme zum Erfrischen ausgegeben. Aber Vorsicht: Schlangenlinien verlängern die gelaufene Strecke bisweilen dramatisch.
Was macht Alkohol eigentlich mit dem Läufer?
Beeinträchtigt Koordination und Gleichgewicht, schränkt die Urteilsfähigkeit ein, verlangsamt die Reaktionszeit, vermindert Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer. Die Blutgefäße werden erweitert, weshalb das Herz größere Pumpkraft aufwenden muss. Muskeln, die beim Sport benötigt werden, werden dadurch unterversorgt. Zudem sinkt der Blutzuckerspiegel, womit das Risiko des Unterzuckerns steigt. Weil der Körper Kohlenhydrate als Brennstoff benötigt, um Alkohol abzubauen, nimmt die Muskelkraft während des Laufens ab.
Die Körpertemperatur wird nur noch mangelhaft reguliert, zugleich mehr Wasser ausgeschieden, was die Gefahr der Austrocknung steigert und den Verlust von Mineralstoffen beschleunigt, womit die Wahrscheinlichkeit eines Krampfes zunimmt. Weil die Risikobereitschaft steigt, wächst auch die Anfälligkeit für Verletzungen. Praktisch: Das Schmerzempfinden ist vermindert. Für Leistungsläufer*innen gilt: Möglichst 48 Stunden vor einem Wettkampf keinen Alkohol trinken. Um Dehydrieren auszugleichen und Kater in Maßen zu halten: immer reichlich Wasser dazu trinken.
Darf ich nach einem langen, harten Lauf ein, zwei Bierchen trinken?
Klar. Aber es ist hirnrissig, die Leber gleich nach dem Sport mit Alkohol zu schocken. Ein großer Teil der Energiebereitstellung im Ausdauersport kommt aus der Leber. Dieses Organ gut funktioniell vorzubereiten, ist das Ziel jeden Trainings. Alkoholische Getränke verzögern zudem die Regeneration. Der Grund: Der Abbau von Milchsäure als Abfallstoff der Muskeln wird verlangsamt, weil die Leber erst mal den Alkohol abbaut. Zudem wird die Magnesiumbilanz verschlechtert und die Ausschüttung des körpereigenen Wachstumshormons reduziert (gilt ab 0,5 l Bier oder mehr als 0,25 l Wein).
Tipp: Nach dem Training nicht sofort Alkohol trinken, sondern zuerst Wasser oder ein Sportgetränk, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Außerdem etwas essen.
Was tun, wenn man einmal zu viel getrunken hat?
Zuerst schämen. Dann reichlich Mineralwasser oder Fruchtsaftschorlen trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Dem Appetit auf sauer eingelegte Lebensmittel wie Rollmöpse, Bratheringe oder saure Gurken nachgeben. Das Salz trägt dazu bei, den Mineralhaushalt wieder in Ordnung zu bringen.
Alternativ hilft ein kräftiges Vollkornbrot oder deftiger Gemüseeintopf. Masochisten würgen einen herzhaften Sauerkrauttopf hinab – danach aber besser nicht laufen.
Stimmt es, dass ein Vollrausch die Kondition zunichtemacht?
Nein, beim Vollrausch geht keine Kondition verloren. Die Kondition entsteht aus dem Zusammenspiel von Herz, Kreislauf, Lunge, Blut und Muskeln. Ein einmaliger heftiger Alkoholkonsum bewirkt keine anhaltenden Schäden dieser Organe.
Nach einem Saufgelage ist die Leistungsfähigkeit jedoch kurzfristig eingeschränkt, denn beim Stoffwechsel des Alkohols entstehen Abfallprodukte, und der Körper muss sie zuerst beseitigen, bevor man ans Laufen denken kann. Und wenn Sie zu häufig feiern, wird das Training zu kurz kommen. Dadurch wird die Kondition sicherlich leiden.
Gut zu wissen: Der Weltklasse-Marathonläufer Antonio Pinto, der die Strecke unter 2:09 Stunden laufen konnte, trank nach eigenen Angaben mehr als einen Liter Wein am Tag.
Im Kalorienvergleich schneiden alkoholische Getränke schlechter ab als unalkoholische, stimmt das?
Nicht unbedingt. Zum Vergleich: Ein kleines Pils oder Kölsch (0,3 l: 126 kcal) hat weniger Kalorien als ein Glas Orangensaft (0,3 l: 130 bis 140 kcal).
Stimmt es, dass Bier viele Kohlenhydrate enthält?
Nein, Bier ist keine gute Kohlenhydratquelle. Eine kleine Flasche (0,33 l) enthält nur 11 Gramm Kohlenhydrate. Bier bremst vielmehr das Wiederauffüllen der Glykogenspeicher.
Stimmt es, dass Aspirin in Wodka aufgelöst Kopfschmerzen und Kater vorbeugt?
Nein. Das Einzige, was beschleunigt wird, ist der Magendurchbruch.
Macht Absinth blind?
Thujon ist ein starkes Nervengift, das Halluzinationen und epileptische Krämpfe hervorrufen sowie schwere psychische Schäden verursachen kann. Was in früheren Tagen an Absinth blind machte, war jedoch das Methanol. Der Bitterstoff Thujon hingegen, dem Wirkung zugeschrieben wird, kommt in so geringen Dosen vor, dass er keine gesundheitlichen Schäden verursacht.
Wirkt ein Glas Sekt vor dem Marathon anregend?
Alkohol wirkt nur kurzfristig ermunternd, auf Dauer aber ermüdend.
Stimmt es, dass ein sechs Grad kaltes Bier dem Körper keine Kalorien zufügt?
Eine Legende besagt, dass die Kalorien im Bier egalisiert werden, weil der Körper ebenso viel Energie braucht, um das Getränk um Magen auf 37 Grad zu erwärmen. Ist Quatsch, aber die Story trotzdem sehr überzeugend.