Kohlenhydrate galten bislang im Sport als Leistungsbringer. In den letzten Jahren gab es jedoch eine “Revolution” in der Sporternährung. Ernährungsexperte Wolfgang Feil erklärt, was hinter dem “Train low – Compete high”-Prinzip steckt und wie man es anwendet.
Ohne Kohlenhydrate zu mehr Leistung – geht das? Richtig angewandt, scheint es zu funktionieren. Erfolg hat der*die Sportler*in, der mit weitgehend leeren Kohlenhydratspeichern trainiert und mit vollen Speichern in den Wettkampf geht. Warum ist das so?
Mehr Kohlenhydrate bei Tempotraining
Wer weniger Kohlenhydrate isst, produziert mehr Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, die vor allem im Training gebildet werden. Deshalb empfehlen wir, das normale Ausdauertraining mit weitgehend leeren Speichern durchzuführen.
Dies bedeutet, dass Läufer*innen das normale Training generell kohlenhydratarm gestaltet sollten. Sie sollten also auch vor dem Training keine extra Kohlenhydrate in Form von Sportriegel, Brot oder Nudeln zu sich nehmen. Vor der Einheit reicht eine Portion Quark oder ein Eiweißgetränk ohne Kohlenhydrate.
Nur fürs Tempotraining macht es Sinn, auf Kohlenhydrate vor und während der Trainingseinheit in Form von Trinkmahlzeiten, Sportriegeln, Sportgetränken und Energie-Gels zurückzugreifen, um die harten Einheiten durchzustehen.
Interessant: In Studien konnte gezeigt werden, dass einige Enzyme, die für die Mitochondrien-Bildung wichtig sind, hoch reguliert sind, wenn man mit weniger Kohlenhydraten trainiert. Ein direkter Leistungsfortschritt wurde in den Studien meist jedoch noch nicht festgestellt.
Dies könnte daran liegen, dass die meisten Studien viel zu kurz waren, so dass dieser Effekt noch nicht zu erfassen war. Unsere Erfahrung mit unseren Spitzenathleten wie etwa Arne Gabius zeigt jedoch: Wer im Winter im Aufbau-Training mit dieser Strategie trainiert, wird im Frühjahr im Wettkampf dominieren.
Eiweiß und Fett machen schnell
Wer sich generell kohlenhydratarm ernährt und dafür auf eine optimierte Fett- und Eiweißversorgung achtet, der verbessert seinen Fettstoffwechsel.
Durch die erhöhte Eiweiß- und Fettzufuhr (natürlich nur die “guten” Fette) kommt der Körper tagsüber nicht mehr in das sogenanntes “Zuckerloch” und kann auch im Training bei viel höheren Intensitäten noch Fett verbrennen. Positiver Nebeneffekt: besseres, niedrigeres Wettkampfgewicht. Besonders beim Marathon ist das Prinzip “Train low – compete high” daher der Schlüssel zum Erfolg.
Tipp: Die Umstellung zu einer generell niedrigeren Kohlenhydrataufnahme wird am Anfang sicherlich hart sein, da Ihr Körper es gewohnt ist, immer Kohlenhydrate fürs Training zur Verfügung zu haben. Nach ein paar Wochen werden Sie aber sehen, dass der Körper sehr anpassungsfähig ist und auch das Ausdauertraining mit wenigen Kohlenhydraten keine Probleme mehr bereitet.
Im Wettkampf werden Kohlenhydrate benötigt
Trotz moderater oder reduzierter Kohlenhydrataufnahme im Alltag, sollte ein*e Sportler*in – besonders ein Ausdauersportler ? natürlich schauen, dass die Kohlenhydratspeicher vor dem Wettkampf (10 km und länger) wieder gut gefüllt sind.
Nur so kann Höchstleistung gebracht werden. Die beste Strategie ist, drei bis fünf Tage vor dem Wettkampf darauf zu achten, dass man viele Kohlenhydrate isst. Da die generelle Kohlenhydrataufnahme im Trainingsalltag nun niedriger ist, ist diese Ladephase von größter Wichtigkeit.
Fünf Tipps zu “Train low – Compete high”
- Essen Sie in der Basisernährung generell deutlich weniger Kohlenhydrate in Form von Nudeln, Reis, Brot und Kartoffeln. Besonders weizenhaltige Produkte sollten stark reduziert werden, da diese Entzündungsreaktionen antreiben.
- Optimieren Sie Ihre Eiweiß- und Fettversorgung in jeder Mahlzeit
- Führen Sie Ausdauer-Trainingseinheiten bevorzugt mit weniger gefüllten Kohlenhydratspeichern durch
- Bevorzugen Sie außerhalb der Wettkampfphase in den ersten zwei Stunden nach dem Training ein reines Eiweißgetränk ohne Kohlenhydrate, um die Mitochondrien-Neubildung zu forcieren. Auch die erste richtige Mahlzeit sollte nicht von Kohlenhydraten dominiert werden.
- Füllen Sie Kohlenhydratspeicher drei bis fünf Tage vor dem Wettkampf wieder auf.