Auf dem Weg zum Runner’s High lauert der Mann mit dem Hammer. Er ist dafür verantwortlich, wenn nichts mehr geht. Lauftrainer Piet Könnicke erklärt, wie man dem Hammermann keine Chance gibt.
Begegnungen mit dem Mann mit dem Hammer können recht unterschiedlicher Art sein. Gewöhnlich wartet er zwischen 30 und 35 Kilometern auf den Läufer und haut voll drauf. Folge seines Erscheinens: plötzlich müde Beine, flacher Atem, eine bleiernde Ganzkörperschwere.
Er ist ganz sicher ein ungebetener Gast bei jedem Marathon. Ein Überraschungsgast sollte er aber nicht sein. Es ist klug, sich mental auf ihn vorzubereiteten. Zunächst ist der Kerl zu entmystifizieren.
Nach 30 Km sind die Kohlenhydrate aufgebraucht
Manche Dinge will man im Leben lieber nicht wissen, zum Beispiel wie Topfwurst in Aspik schmeckt. Aber das Verständnis, dass der “Hammerschlag” ein rein physiologischer Vorgang ist, ermöglicht, sich auf den quälenden Moment besser einzustellen.
Nach 20 Kilometern beginnt der Stoffwechsel eines*r Marathonläufers*in mehr Fett zu verbrennen, weil der Kohlehydratspeicher langsam leer wird.
Nach etwa 30 Kilometern sind die gespeicherten Kohlenhydrate dann endgültig aufgebraucht und der Körper holt sich die erforderliche Energie nur noch über die Verbrennung von gespeicherten Fettzellen. Das kostet viel Sauerstoff und Energie und ist anstrengend.
Das Wissen um diesen völlig natürlichen, wenn auch schmerzhaften Vorgang macht es leichter, ihn durchzustehen. Es ist kein Kampf gegen einen nicht identifizierbaren Gegner, sondern eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper.
Dieser Grenzgang hat durchaus etwas Faszinierendes. Das soll nun nicht heißen, dass man ab Kilometer 20 auf den “Einbruch” warten soll. Vielleicht kommt der Schurke gar nicht.
Bei einer guten Vorbereitung mit Fettstoffwechsel geübt – ohne dass man es immer gemerkt hat.
Am Anfang des Laufs nicht gleich losheizen
Mit der richtigen Marschverpflegung lässt sich die Kohlehydrat-Schuld zudem ein klein wenig ausgleichen und verschieben. Doch sollte man Gels und Getränke im Training probiert und auf Verträglichkeit getestet haben. Schließlich lässt sich mit einer klugen Renneinteilung der Hammermann weit ans Ende der Strecke verbannen. Wer zu Beginn nicht “losheizt” und alles verbrennt, was er hat, wird es weit bringen. Logisch: Wenn der Sprit für 42 Kilometer dosiert ist, wäre es fatal, von Beginn an Vollgas zu geben. Dann läuft man Gefahr, frühzeitig auf Reserve umzuschalten und nach 32 Kilometern mit leerem Tank dazustehen. Und der Mann mit dem Hammer wird dann ganz bestimmt nicht fragen: “Super oder Diesel?”
Früher war Piet Könnicke selbst erfolgreicher Läufer, unter anderem mit einer Halbmarathon-Bestzeit von 63:40 Minuten. Heute ist er als freiberuflicher Autor und Lauftrainer tätig. Er betreut Läufer vom ersten Schritt bis zu den lang ersehnten 42 Kilometern. Dabei geht es weniger um Zeiten als um die ganz persönliche Genugtuung des Läufers. www.gotorun.de.