Das klingt nach einer sehr emotionalen und schwierigen Zeit. Wie hat dich das beeinflusst und hast du dir Hilfe geholt?
Die vergangenen Jahre waren nicht leicht. Vor meiner Verletzung musste ich auch einige Rückschläge einstecken. Zum Beispiel durfte ich 2016 nicht mit nach Rio, obwohl ich die A-Norm nur ganz knapp verpasst hatte und auf der Road-to-Rio-Liste stand. Andere Athletinnen denen es auch so ging, wurden aber nominiert.
Ich habe ehrlich gesagt nie so richtig verstanden, warum. Das wurde sehr undurchsichtig vom DLV und DOSB gehandhabt und es gab komische Argumente, weshalb ich nicht mitgenommen wurde. Am Ende hatte ich den Eindruck, dass man in den Augen der Verantwortlichen nur eine Zahl ist. Der Mensch dahinter wird völlig außer Acht gelassen. Ich kam mir vor wie ein Superloser.
Ich bin froh, dass ich schon seit 2012 mit einem Sportpsychologen zusammenarbeite. Der hat mir sehr durch die vielen tränenreichen Zeiten geholfen, die ich in meiner Laufbahn erlebt habe. Letztendlich ist es ja so, dass dich jeder lehrt zu träumen. Aber wenn Tag X dann nicht klappt, wissen die meisten nicht, was sie machen sollen.
Letztendlich ist es ja so, dass dich jeder lehrt zu träumen. Aber wenn Tag X dann nicht klappt, wissen die meisten nicht, was sie machen sollen.
Denise Krebs, Mittelstreckenläuferin
Es war und ist nicht leicht. Sogar meine Mutter hat mich gefragt, warum ich mir das alles antue. Aber der Traum ist einfach riesig.
Was machst du konkret um mit der Belastung, die emotional dieses Jahr auf dich zukommt, umzugehen?
Ich versuche mich bewusst so wenig wie möglich auf Social Media aufzuhalten und zu schauen, was die Konkurrenz macht. Dort erzählt sowieso nur jeder, wie toll alles ist und die meisten verschweigen die schwierigen Tage. Deshalb grenze ich mich davon bewusst ab.
Außerdem führe ich eine Art Tagebuch, in dem ich aufschreibe, was gut läuft. Aber ich halte auch fest, was schlecht war. Das Buch ist wie eine Art Beweisstück. Ein Logbuch, aus dem ich am Ende auch nachvollziehen kann, was war.
Mir ist sehr bewusst, dass Tokio mein dritter Versuch wird. Natürlich habe ich auch Angst, dass das nicht klappt. Aber es kommt nicht in Frage nur anzufeuern, wie damals in Rio. Ich bin sehr zuversichtlich, dass vor allem die neue Strecke (5000 Meter) meine Chance ist, ein Ticket zu erlaufen.
Ich setze alles daran, es dieses Jahr zu schaffen.
Es ist bekannt, dass man in der Leichtathletik nicht viel Geld verdient. Wie finanzierst du das alles?
Gute Frage. Ich bin seit diesem Jahr nicht mehr im Kader, weshalb ich auch die Trainingslager zu einem großen Teil selbst finanzieren muss. Die Begründung war übrigens, dass ich 2019 nicht die erforderliche Leistung erbracht habe. Das ist ziemlich bitter, weil ich mich noch von meinem Sturz in Berlin erholen musste.
Ähnlich erging es mir in dem Jahr als mein Vater gestorben ist. Damals wurde ich aufgrund fehlender Leistung aus der Sportfördergruppe der Bundeswehr geschmissen.
Momentan bekomme ich Unterstützung von meinem Verein dem TSV Bayer Leverkusen in Form eines Zuschusses zum Trainingslager und eine kleine Aufwandsentschädigung. Außerdem haben wir eine Kooperation mit Nike und bekomme so die Ausrüstung gestellt. Die Sporthilfe NRW unterstützt mich auch mit 200 Euro im Monat. Aber das reicht natürlich noch lange nicht für alles.
Es ist ein großes Problem, dass kaum jemand Leistungssport so richtig fördern will.
Denise Krebs, Mittelstreckenläuferin
Es ist ein großes Problem, dass niemand Leistungssport so richtig fördern will. Ich habe neben dem Sport studiert und verdiene meinen Lebensunterhalt nebenbei. Das habe ich auch gemacht, weil ich meinen Kopf beschäftigen muss und schon immer viel Interaktion mit Menschen, außerhalb der Leistungssportblase, gebraucht habe. Außerdem ist mir schon immer klar, dass der Leistungssport irgendwann ein Ende hat.
Trotzdem ist es nicht leicht den Sport und den Beruf zu vereinen. Als ich zum Beispiel nach dem Studium bei einer Sportagentur angefangen habe, wurde mir das Leben dort schwer gemacht. Meine Leidenschaft wurde nicht verstanden. Da stellt man sich irgendwann die Sinnfrage. Ich habe mir dann einen neuen Arbeitgeber gesucht. Dabei hatte ich sehr viel Glück. Mein Chef bei AGKAMED zeigt sehr viel Verständnis für meine Situation.
Und wie geht’s weiter nach der Sport-Karriere? Könntest du dir zum Beispiel vorstellen, nach Ende deiner Laufbahn auch einen Marathon zu laufen?
(Lacht) Ich finde es ja total beeindruckend, dass es Menschen gibt die Marathon laufen. Es ist phänomenal, dass Leute sich so was antun. Das muss man sich mal vorstellen, wie hart sie dafür arbeiten müssen. So was läuft man nicht einfach aus der kalten Hose.
Ich selbst habe nicht vor Marathon zu laufen. Einen Halbmarathon kann ich mir aber vorstellen. Ich mache einmal die Woche einen Long-Run von 20 Kilometern bei einer Pace von 4:15 Minuten. Da bekomme ich einen Kilometer mehr auch noch hin. Aber nochmal 21 Kilometer mehr zu laufen – das ist mir einfach zu weit.