Sie sind zu klobig, zu teuer und ihr mangelnder Datenschutz bereitet nicht nur Digital Natives Bauchschmerzen – Augmented-Reality-Brillen. Dies sind wohl die Hauptgründe, warum AR-Brillen wie Google Glass bisher der große Durchbruch bei Privatpersonen verwehrt blieb.
Doch was würde es für die Laufszene bedeuten, wenn die Technologie im Alltag von Sportler*innen richtig durchstarten würde? Unser Redakteur Gino hat ein Gedankenexperiment gewagt.
Wenn ihr euch nicht für die Geschichte von Google Glass interessiert, könnt ihr diesen Teil auch einfach überspringen. Im zweiten Teil geht es speziell darum, wie AR-Brillen die Laufwelt revolutionieren könnten.
Was ist Augmented Reality?
Kurz gesagt handelt es sich bei Augmented Reality um eine sogenannte erweiterte Realität. Mittels einer Kamera wird die reale Umgebung gefilmt. Gleichzeitig wird diese Umgebung durch virtuelle Elemente wie Grafiken oder Videos erweitert. So verschmilzt die reale Umgebung mit virtuellen Inhalten und wird durch diese ergänzt.
Viele von euch dürften mit Augmented Reality durch den Smartphone-Hit Pokémon GO in Berührung gekommen sein. Die Aufgabe der Gamer*innen in diesem Spiel ist es, im echten Leben vor die Tür zu gehen, um draußen virtuelle „Monster“ zu fangen.
Dank Augmented Reality findet ihr die Pokémon an den verrücktesten Orten – wie dieses Video beweist.
Die Geschichte von Google Glass
Um zu verstehen, warum sich AR-Brillen bisher noch nicht auf dem Massenmarkt etablieren konnten, hilft ein Blick in die Vergangenheit. 2012 wurde Google Glass auf der jährlich stattfindenden Entwicklerkonferenz Google I/O in Kalifornien als das „neue große Ding“ vorgestellt.
Die AR-Brille des Internet-Giganten wirkte damals wie ein Ausblick in die Zukunft smarter Technologien und schien ihrer Zeit voraus zu sein.
Die erste Version war ein Flop
Die erste Version der AR-Brille hieß „Glass Explorer Edition“ und erschien 2013. Google wollte unbedingt, dass ihre High-Tech-Brille ein Erfolg wird. Als die Brille jedoch erschien war die Kritik sowohl von Nutzer*innen der Brille als auch von Journalist*innen groß.
Dies lag vor allem am mangelnden Datenschutz. Denn die Brille besitzt eine integrierte Kamera und ein Mikrofon und kann so alles und jeden in der Nähe der Trägerin bzw. des Trägers aufzeichnen. Zudem herrschte Unklarheit, ob und wie die aufgenommenen Videos und Fotos von Google für andere Zwecke weiterverarbeitet werden könnten.
Weitere Probleme: Der Einführungspreis von stolzen 1500 US-Dollar (umgerechnet aktuell etwa 1390 Euro) und die mangelnde Verfügbarkeit. So konnten nur ausgewählte Personen wie Google I/O-Entwickler und einige Twitter-User die Brille erwerben. Zudem befand sich die AR-Brille in einem sehr frühen, experimentellen Stadium und zeichnete sich vor allem durch ihr klobiges Design aus.
Trotz Schwächen coole Features
Dennoch bot schon die erste Version von Googles AR-Brille einige coole Features wie einen Stadtführer oder eine Übersetzungsfunktion namens „The World Lens“, die automatisch jede Sprache auf Speisekarten, Straßenschildern, gedruckten Texten etc. in eine englische, schriftliche Übersetzung umwandelte.
Die Bedienung erfolgte mit einem Druck auf den Brillenrahmen oder via Sprachkommandos, die mit den Worten „Ok, Glass“ aktiviert werden konnten.
Hallo, Datenschutz?
Die App „Refresh“ sammelte Information von Leuten, die man traf mit Hilfe von Social-Media-Daten und dem eigenen Google-Kalender. Datenschützer*innen dürften bereits an dieser Stelle Bauchschmerzen bekommen.
Außerdem besaß die Brille eine integrierte Kamera, mit der man Fotos schießen und filmen konnte. Die 5-MP-Kamera stand stark in der Kritik. Aus der Ich-Perspektive „spionageartige“ Aufnahmen von den Menschen in seiner Umgebung ohne ihre Erlaubnis machen zu können, kam nicht bei allen gut an. An einigen Orten wie Banken etc. wurde das Tragen der Brille nach einigen Monaten nach der Veröffentlichung der Brille aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten.
„Nimmst du mich gerade auf?“ war eine Frage, mit der Nutzer*innen der Brille häufig konfrontiert waren. In diesem Zusammenhang wurden Google-Glass-Träger*innen charmanterweise auch als „Glasshole“ betitelt.
Alle diese Probleme führten dazu, dass die AR-Brille nicht der erhoffte Hit für Google wurde. So sah sich das Unternehmen nach neuen Anwendungsgebieten und einer anderen Zielgruppe um.
Die AR-Brille für die Arbeitswelt: Google Glass Enterprise Edition
Als Google merkte, es läuft nicht wie geplant, hüllten sie sich zunächst in Schweigen, wie es mit der Brille weitergehen soll. 2015 ersetze Google die AR-Brille durch ein mehr auf Unternehmen fokussiertes Brillen-Modell – die Google Glass Enterprise Edition. Private Anwender konnten die AR-Brille nun nicht mehr kaufen.
AR-Brillen steigern die Produktivität
Googles neues Gadget wurde in der Arbeitswelt nun immer populärer. Denn die AR-Brille sorgte dafür, dass Arbeiter*innen ihre Hände frei hatten und gleichzeitig auf Videoanleitungen, virtuelle Einblendungen und anderes Wissen zurückgreifen konnten. Besonders in Bereichen wie der Logistik und in der Medizin taten sich immer mehr Anwendungsmöglichkeiten auf, die wie geschaffen für Augmented Reality waren. Die AR-Brille soll Menschen laut Google smarter, schneller und besser machen.
Im Mai 2019 erschien schließlich der Nachfolger – die Google Glass Enterprise Edition 2. Diese kostet 1000 US-Dollar (umgerechnet ca. 925 Euro) und wird ebenfalls nur an Unternehmen verkauft. Die neueste AR-Brille von Google basiert auf Android, integriert WLAN, Bluetooth 5.0 und eine 8-MP-Kamera. Was ihr damit alles im beruflichen Umfeld so anstellen könnt, seht ihr hier.
Seite 2: Mit diesen Features könnten AR-Brillen bei Läuferinnen der Durchbruch gelingen