Functional Training oder Fitness-Studio? Fit ohne Geräte oder doch lieber Laufband und Freihantel? Fitness-Experte Ralf Gier von Cardio-Fitness erklärt euch, welches die größten Unterschiede zwischen Trainings mit und ohne Geräte sind, warum es kein perfektes Workout gibt, und was die typischsten Fehler beim Trainieren sind.
Ausdauertraining – mit Gerät oder ohne?
Mit Geräten: einfach und gelenkschonend
Fitness-Geräte bieten den Vorteil der elektronischen Einstellungen und direkten Datenübersicht. So ist es sehr einfach, sein Training zu steuern und exakt auf das Trainingsziel “XY” hinzuarbeiten.
Fitness-Geräte wie Laufbänder haben gegenüber dem Lauftraining draußen den Vorteil der geringeren Gelenkbelastung.
Gute Laufbänder belasten die Gelenke um bis zu 35 Prozent weniger als das Laufen in freier Natur. Ellipsentrainer sogar noch weit mehr, da es hier kein Aufprallen auf den Boden und somit keine Rückstöße in die Gelenke gibt.
Schaut man beispielsweise noch auf Ergometer, so liegt hier der Vorteil bei der Einfachheit der Bewegung. Möchte ich auf einem Fahrrad in freier Natur fahren, muss ich koordinativ in der Lage sein, das Fahrrad zu steuern. Nicht so beim Ergometer.
Auf einem solchen Heimtrainer können auch ältere Menschen, die koordinativ nicht mehr so fit sind, trainieren. Ähnliches gilt für das Rudern.
Erstmal hat nicht jede*r einen geeigneten See oder Fluss, um zu rudern, aber selbst wenn, gilt es, erstmal das Boot zu kontrollieren, bevor man sich auf die Bewegung konzentrieren kann.
Neben den Geräte-Eigenschaften kommen natürlich noch die Faktoren Zeit und Wetter beziehungsweise landschaftliche Gegebenheiten hinzu. Hat man ein Fitness-Gerät zu Hause entfällt zum Beispiel die Anfahrt zum Fitness-Studio oder zur Laufstrecke. So spart man Zeit.
Auch das Wetter spielt beim Indoor-Training keine Rolle, da man immer die gleichen Verhältnisse vorfindet. Wohnt man mitten in der Stadt, ist meist eine schöne Laufstrecke oder Radtour nur mit erhöhtem Aufwand möglich.
Auf der anderen Seite kann so ein Gerätetraining zu Hause oder im Fitness-Studio auch etwas langweilig werden.
Ohne Geräte: natürlich und ganzheitlich
Ohne Gerät sind etwa Laufen, Wandern, Tanzen und Schwimmen möglich. Bei anderen Aktivitäten benötigt man wieder Equipment wie ein Fahrrad, Inline-Skates, Nordic-Walking-Stöcke oder ähnliches.
Ausdauertraining draußen ist natürlich etwas Besonderes. Man erlebt die Natur, hat frischen Wind um die Nase und erlebt die Strecke ganz anders.
Neben dem Erlebnisfaktor muss man sich beim Outdoor-Training den Umwelt- und Streckeneinflüssen stellen. So werden die Koordination, der Muskel- und Bandapparat, die Knochen und auch das Immunsystem ganz anders gefordert als beim Indoor-Training.
Krafttraining – mit oder ohne Geräte?
Mit Geräten: zielführend und verletzungsarm
Mit den unterschiedlichen Arten von Krafttraining-Geräten kann man sehr genau auf den Leistungsstand und die Bedürfnisse der Trainierenden eingehen.
Im Groben gehören zu den verschiedenen Arten des Krafttrainings das Freihantel- oder Seilzug-Training, das geführte Training an Kraftstationen und das Functional-Training mit Schlingentrainern sowie Kettlebells und co.
Natürlich kann man für das Training auch die Bereiche mixen und beispielsweise Übungen aus dem geführten Krafttraining und funktionelle Übungen durchführen. Zielsetzung und persönliches Wissen sind hier aber ganz klar die entscheidenden Faktoren.
Für Anfänger*innen ist definitiv das geführte Training das beste und birgt auch am wenigsten Verletzungsrisiko. Je größer die Erfahrung oder je mehr Betreuung durch die Trainer*innen, desto mehr Übungen mit freien Bewegungen sollten im Training vorkommen.
Ohne Geräte: effektiv, aber komplex
Spricht man vom Krafttraining ohne Geräte, so ist das Training mit dem eigenen Körpergewicht gemeint. Gewusst wie, ist das Körpergewichts-Training äußerst umfangreich und sehr effektiv.
Doch es ist auch relativ komplex in der Ausübung, und die Belastung zum Teil zu hoch für Anfänger*innen oder Senior*innen. Dieses Training ist generell zu empfehlen, aber ohne Vorerfahrung und/ oder die Anleitung von einem*r Trainer*in nicht für jede*n geeignet.
Fitness- oder Home-Studio?
Functional Training, fit halten im “Home Studio”, liegt derzeit stark im Trend. Ist das nicht eine sinnvolle und vor allem günstigere Lösung, als sich ein Gerät zu kaufen? Wenn diese Frage nur auf das Kraft- und Koordinationstraining bezogen ist, ist die Antwort ja.
Das Training ohne Geräte und mit seinem eigenen Körpergewicht kann man ohne Zweifel sehr gut zu Hause umsetzen – wenn man die Motivation aufrecht erhält und die korrekte Ausführung beherrscht. Denn nur dann ist das Körpergewichts-Training effektiv.
Auch das Functional-Training mit kleinen und günstigen Geräten wie einem Schlingentrainer oder einem Battlerope ist sehr umfangreich und effektiv. Wichtig ist hier der Wille, sich mit der Materie auseinanderzusetzen.
Denn nur wenn man die Prinzipien der einzelnen Kleingeräte und Bewegungsabläufe versteht, bleibt man am Ball und wird Erfolg haben.
Natürlich kann das Training mit einem Gerät mit der Zeit einseitig werden. Ein Bewegungswechsel ist immer sinnvoll, um dem Körper andere Reize zu geben. Denn nur durch neue oder anders geartete Reize erzielt man Trainingserfolge.
Um andere Reize zu setzen, muss man aber nicht unbedingt ein anderes Trainingsgerät nutzen, sondern nur sein Trainingsgerät “anders” nutzen.
Um ein Beispiel zu nennen: Laufen. Wenn man über Wochen und Monate immer die gleiche Distanz im gleichen Tempo läuft, wird man keine Leistungssteigerung erfahren.
Verändert man aber regelmäßig die Distanz und das Lauftempo, so werden die unterschiedlichen Reize zu einer ständig wachsenden Leistungsbereitschaft führen.
Gerät für Zuhause oder Fitness-Studio?
Warum sollte ich mir ein Gerät für Zuhause anschaffen, wenn mir doch im Fitness-Studio viel mehr Geräte zur Verfügung stehen? Dies ist eine immer wiederkehrende Frage, die unterschiedlich beantwortet werden kann.
Der wohl wichtigste Punkt dabei ist die persönliche, individuelle Situation. Ein Familienvater, der von der Arbeit immer spät nach Hause kommt, möchte vielleicht nicht noch mehr Zeit von Frau und Kindern fern bleiben und trainiert dann lieber zu Hause.
Der junge Single hingegen sucht neben der sportlichen Herausforderung eventuell auch soziale Kontakte – und die findet er eher im Fitness- als im Home-Studio.
Klar, man hat in einem Fitness-Studio mehr Geräte und somit mehr Auswahl und Trainingsmöglichkeiten. Aber man hat auch eine An- und Abfahrt, Wartezeiten an den Geräten, Öffnungszeiten und bezahlt einen Mitgliedsbeitrag.
Und: Wie viele Menschen haben wohl schon Beiträge gezahlt – und sind dann doch nicht gegangen?
Mit einem Gerät zu Hause kann man immer trainieren und das ohne zusätzlichen Zeitaufwand. Und wenn man das eine oder vielleicht die zwei bis drei Geräte richtig wählt, muss man auf kaum eine Übung verzichten. Allerdings gilt hier auch dasselbe wie beim Fitness-Studio: Man muss sie benutzen.
Typische Trainings-Fehler?
Niemand absolviert ein “perfektes Training”. Das gibt es nicht. Grundsätzlich tauchen immer dieselben Fehler auf. Viele vernachlässigen beispielsweise das Aufwärmen und riskieren somit ein größeres Verletzungsrisiko.
Oft ist den Trainierenden das Training – mit oder ohne Geräte – zu “eintönig”. Da muss man den Ball zurückspielen. Daran ist nicht das Training an sich schuld, sondern die fehlende Fantasie und Motivation der Ausübenden.
Eine falsche Technik führt auch selten zum gewünschten Ziel, sondern oft eher zu Verletzungen oder Dysbalancen. Aber noch schwerwiegender als das alles sind zwei Faktoren: “Ungeduld” und “blinder Glaube”.
Jede*r, die*der mit einem Training beginnt, hat ein Ziel beziehungsweise sollte eines haben. Das Erreichen eines Ziels benötigt aber immer Zeit. Gebe ich mir diese Zeit nicht, verliere ich entweder schnell die Motivation oder verletze mich, weil ich es übertreibe.
Der “blinde Glaube” ist bezogen auf die Aussagen von “Fitness-Expert*innen”. Hier möchte ich nicht generell alle Fitness-Expert*innen abwerten, sondern nur darauf aufmerksam machen, dass man nicht jedem Trend blind folgen sollte. Oft wird Altes aufgewärmt, mit neuem Namen versehen und dann als neu verkauft.
Jeder Mensch ist anders. Und somit gibt es auch nicht die eine, perfekte Sportart oder Trainingsmethode, die zu jeder*m passt. Genauso wenig gibt es das eine, perfekte Gerät.
Man sollte sich immer genau fragen, was man selber leisten kann und wie das persönliche Ziel aussieht. Mit diesen Maßstäben sollte man sich dann die entsprechende Trainingsart suchen, die zu einem passt.
Denn nur wer Spaß und Motivation beim Training hat, wird auch Erfolg haben und seine Ziele erreichen. Merke dir: Der erste und wichtigste Grundsatz ist immer “Hauptsache Bewegung”!