In der Fitnesswelt sind sie das A & O – im Ausdauersport werden sie schnell mal vergessen: Proteine. Dabei ist der Proteinbedarf von Läufer:innen tendenziell sogar höher als von Kraftsportler:innen. Warum das so ist und wie viel Eiweiß es im Laufsport nun wirklich braucht, verrät uns Sportwissenschaftler Prof. Dr. Karsten Köhler in der neuen Podcastfolge.
Proteine – Aufbau und Funktion
Proteine gehören zu den wichtigsten Bausteinen des Körpers, denn sie erfüllen zahlreiche zentrale Aufgaben. Sie bauen nicht nur Muskeln, Haut, Haare und Organe auf, sondern steuern auch viele biochemische Prozesse und stabilisieren das Immunsystem. Enzyme, Hormone, Antikörper und Transportmoleküle bestehen aus Proteinen. Ohne sie läuft kein einziger Zellprozess ab. Besonders in Phasen intensiver körperlicher Belastung, wie im Ausdauersport, tragen sie zusätzlich zur Energieversorgung bei.
Der Körper setzt Proteine aus Aminosäuren zusammen. Dabei unterscheidet man zwischen essenziellen Aminosäuren, die über die Nahrung aufgenommen werden müssen, und nicht-essenziellen, die der Körper selbst herstellen kann. Vor allem für Ausdauersportler:innen sind BCAAs – verzweigtkettige Aminosäuren – relevant, weil sie unter bestimmten Bedingungen als zusätzliche Energiequelle dienen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine tägliche Proteinzufuhr von 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht. In der Praxis nehmen die meisten Menschen jedoch deutlich mehr auf – im Schnitt etwa 1,2 bis 1,3 g/kg. Ein echter Proteinmangel tritt daher nur selten auf und betrifft meist Menschen mit sehr einseitiger Ernährung. Wer sich ausgewogen und ausreichend kalorienreich ernährt, nimmt in der Regel automatisch genug Protein auf, da die Proteinzufuhr mit der Energieaufnahme steigt.
Bedeutung im Laufsport
Auch für Läufer:innen spielen Proteine eine zentrale Rolle. Zwar stehen Kohlenhydrate bei der Energiebereitstellung meist an erster Stelle, doch auch Proteine tragen zur Energieversorgung bei, vor allem bei langen Belastungen oder wenn die Kohlenhydratspeicher erschöpft sind. Darüber hinaus unterliegen Muskeln, Sehnen und Bindegewebe beim Laufen einem ständigen Auf- und Abbauprozess. Dieser sogenannte Strukturumsatz sorgt dafür, dass der Körper fortlaufend neues “Baumaterial” benötigt, um kleine Schäden zu reparieren und sich an Belastungen anzupassen. Für diesen Umbauprozess braucht der Körper ebenfalls ausreichend Protein.
Eine gezielte Erhöhung der Proteinzufuhr kann solche Anpassungsprozesse unterstützen – insbesondere die Regeneration oder den Aufbau neuer Strukturen. Im Leistungssport kommen daher bis zu 2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht zum Einsatz. Im Ausdauersport reicht jedoch meist die automatisch höhere Aufnahme durch den gestiegenen Energiebedarf im Training. Bestimmte Trainingsphasen können dennoch einen bewussteren Umgang mit Protein erfordern – etwa bei erhöhtem Umfang, in intensiven Wettkampfwochen oder in Regenerationsphasen. Entscheidend bleibt jedoch die gesamte Energiezufuhr. Wer zu wenig isst, kann seinen Proteinbedarf nicht decken – selbst wenn er auf die Proteinzufuhr achtet.
Im Gegensatz zum Kraftsport ist das Timing der Proteinzufuhr im Ausdauersport weniger entscheidend. Zwar schadet es nicht, direkt nach dem Training eine eiweißreiche Mahlzeit zu essen, zwingend notwendig ist es aber nicht. Denn der Muskel bleibt bis zu 48 Stunden nach der Belastung aufnahmefähig für Protein – der Reiz zur Regeneration verpufft also nicht sofort.
Gute Proteinquellen
Entscheidend ist – wie so oft – die Vielfalt der Lebensmittel. Im Alltag ist es in der Regel nicht notwendig, auf spezielle Produkte zurückzugreifen.
Tierische Produkte liefern hochwertiges Protein mit einem vollständigen Aminosäureprofil. Doch auch pflanzliche Proteine können den Bedarf gut decken, solange man verschiedene Quellen kombiniert. Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse und Samen ergänzen sich gegenseitig und ergeben gemeinsam ein vollwertiges Aminosäureprofil. Wer tierische Produkte durch pflanzliche Alternativen ersetzt, sollte dennoch den Proteingehalt im Blick behalten. Während Sojamilch annähernd so viel Protein enthält wie Kuhmilch, liefern andere Milchalternativen wie Hafer- oder Mandelmilch deutlich weniger. Nicht jede pflanzliche „Milch“ eignet sich daher als gleichwertiger Ersatz, wenn es um die Proteinzufuhr geht.
Protein-Supplements sind für gesunde Menschen in der Regel nicht notwendig. Sie bieten vor allem einen praktischen Vorteil – etwa nach dem Training, wenn keine Mahlzeit zur Hand ist. Einen gesundheitlichen oder leistungsbezogenen Zusatznutzen gegenüber normalen Lebensmitteln haben sie jedoch nicht. Einzelne Aminosäuren wie BCAAs schmecken zudem oft bitter und sind in den meisten Fällen überflüssig.
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