Good News: Der 35-km-Klopper im Marathontraining muss gar nicht sein, sagt Achilles-Sport-Doc Matthias Marquardt. Außerdem erklärt er, wie Marathon-Anwärter*innen am besten ihr Training gestalten und wie sie Verletzungen vermeiden.
Läufer*innen wissen, dass in der Vorbereitung eines Marathons äußerste Disziplin und Fokussierung wenigstens ein Stück weit notwendig sind. Die Frage ist nur, worauf sich Marathon-Anwärter*innen dabei am meisten fokussieren: Die optimale Ernährung, den richtigen Laufschuh, das ordentliche Rumpftraining, die intensiven Läufe, die langen Läufe?
Erfahrungsgemäß meist auf das, wovor sie sich am meisten fürchten. Das ist bei Einsteiger*innen wohl die Streckenlänge – diese unendlich langen 42,195 Kilometer.
30 Prozent der Marathon-Starter haben orthopädische Beschwerden
Entsprechend gestaltet die/der Marathoni seine Trainingstage: Während der kurze schnelle Lauf eher mal ausfallen kann, gibt es bei den langen Läufen kein Pardon. Denn bei Kilometer 35 soll es schließlich richtig hart werden, also muss die Strecke auch regelmäßig im Training gelaufen werden.
Schließlich heißt Endurance frei übersetzt so viel wie Ausdauer, und die hat doch auch mit Aushalten zu tun. Man muss also die langen Strecken aushalten können. Fahren die Läufer*innen nun gut mit ihren langen Vorbereitungsläufen?
Offenbar nicht, wenn man bedenkt, dass etwa 30 Prozent der Läufer*innen an der Startlinie eines großen Stadtmarathons über orthopädische Beschwerden klagen. Und darin sind diejenigen gar nicht enthalten, die es aufgrund von ernsten Beschwerden während der Vorbereitungen gar nicht an die Startlinie geschafft haben.
Den Fokus nur auf die verletzungsträchtigen ultralangen Läufe zu legen, ist also sehr problematisch. Zumal, wenn die wichtigsten Stabilisierungs- und Technikübungen vernachlässigt werden.
Auch auf kürzeren Strecken finden wichtige Anpassungsprozesse statt
Trotz dieses Wissens nagt die Angst am Läufer*in-Ego, man könne die 42 Kilometer nicht schaffen. Und wer 35 Kilometer und mehr im Training läuft, gewinnt natürlich zunehmend Selbstvertrauen. Aber was nützt dies, wenn die/der Läufer*in sich seinen Stadtmarathon später vor dem Fernseher mit einem Eisbeutel auf dem schmerzenden Knie angucken muss?
Was ist denn nun mit der Ausdauer, reicht die auch bei kürzeren Läufen für die volle Distanz?
Natürlich ist die Basis des Ausdauertrainings die Anpassung an lange Strecken. Und natürlich sollst du auch lange laufen, wenn du dich auf die Königsstrecke der Leichtathletik vorbereitest; aber auch auf kürzeren Strecken finden wichtige Anpassungsprozesse statt. Vor allem bei höheren Intensitäten.
Dein Körper ist also in der Lage, durch Ausdauertraining Fähigkeiten zu entwickeln, die er auch bei Läufen einsetzten kann, die länger sind als die Trainingsläufe. Sonst wäre es ja auch schwer möglich, einen Ironman-Triathlon (3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen) zu bestreiten.
Oder glaubst du, die Triathleten laufen solche Distanzen auch im Training? Natürlich nicht! Die orthopädische Belastung wäre viel zu hoch für den Körper. Ihren Wettkampf absolvieren sie bei guter Vorbereitung dann trotzdem mit voller Leistungsfähigkeit.
Trick: Steig aufs Fahrrad
Das heißt: Du musst vor dem Marathon lange Läufe machen. 25 bis 30 Kilometer reichen für Freizeitsportler*innen jedoch vollkommen aus. Sinnvoller als über lange Distanzen zu laufen ist es, das Training ganz regelmäßig mit den wichtigsten Stabilisierungsübungen zu ergänzen.
Dadurch bleibst du verletzungsfrei und hast die Fähigkeit, die Kraft auch bei Kilometer 35 auf die Straße zu bringen. Um ein wirklich hinreichendes Ausdauerniveau erlangen zu können, sind intensive Läufe im Marathon-Trainingsplan sehr wichtig. Lauf also nicht nur im lockeren Tempo!
Wer jetzt immer noch Angst vor der Strecke hat, der kann sich mit einem Trick behelfen. Nimm für die ersten ein oder zwei Stunden deines extralangen Ausdauertrainings das Fahrrad und trainiere dort im Grundlagenbereich (Herzfrequenz fünf bis zehn Schläge niedriger als beim Laufen) und wechsle anschließend für zwei Stunden direkt in die Laufschuhe.
So hast du den Stoffwechsel auf die ganz langen Läufe gut vorbereitet, aber die Sehnen und Gelenke entlastet, so dass du sicher und schmerzfrei an den Start kommst. Denn du willst das Rennen doch auch genießen, oder?
Zum Autor: Dr. med. Matthias Marquardt, Triathlet und Marathonläufer, beschäftigte sich nach hartnäckigen Verletzungen ausführlich mit der Frage nach der besten Lauftechnik. Läufern ist Marquardt vor allem bekannt als Autor der Bücher “77 Dinge, die ein Läufer wissen muss”.