Der Frühling ist da, Zeit für Bewegung. Lass dich nicht von Rückenschmerzen stoppen. Welche Sportarten stärken den Rücken? Und worauf muss man achten? Sportmediziner Michael Eichler gibt Antworten.
Sonne beim Aufwachen, Tageslicht nach Feierabend und die Hoffnung, dass es bald endlich wärmer wird: Kommt der Frühling, erwacht oft auch der Körper. Nichts wie raus, Zeit für Bewegung! Das gilt besonders, wenn der Rücken immer wieder ziept und schmerzt.
Durch ständiges Sitzen und unzählige Stunden Computerarbeit verkümmern Bauch- und Rückenmuskeln, hinzu kommt das Risiko durch Fehlhaltungen. Die Folge: 2017 litten acht von zehn Erwachsenen an Rückenschmerzen. Während manche Ärzte früher zur Ruhe rieten, ist heute klar, dass vor allem das Gegenteil hilft.
Sechs Ratschläge für einen starken Rücken.
1. Bewegung ist die beste Therapie
Nur selten gehen Rückenschmerzen auf eine verformte Wirbelsäule oder Erkrankungen wie Entzündungen der Bandscheiben, einen Bruch oder einen Tumor zurück. Fast immer sind Rückenschmerzen stattdessen unspezifisch und zum Beispiel die Folge von Fehlhaltungen, Alterserscheinungen oder psychischem Stress.
“Dann ist Bewegung die beste Rückenmedizin”, sagt Michael Eichler, Sportmediziner, Neurochirurg und Leiter des Wirbelsäulenzentrums Fulda-Main-Kinzig. “Das Gros der Rückenschmerzen lässt sich durch eine gezielte Kräftigung der Rückenmuskulatur sehr gut behandeln.” Daneben beuge Bewegung auch einem Großteil aller Beschwerden an der Wirbelsäule vor.
Das Bauch- und Rückenmuskelgeflecht ist eines der komplexesten Muskelsysteme im Körper. Je mehr wir es trainieren, desto besser kann es die Wirbelsäule stabilisieren. “Bewegung entlastet die Wirbelsäule. Das ist gut, weil dadurch alle ihre haltgebenden Strukturen wie Wirbelgelenke und Bandscheiben geschützt werden”, sagt Eichler. Muskeln und Knochen hingegen werden gefordert, dadurch sinkt auch das Osteoporose-Risiko.
2. Dreidimensional hilft doppelt
Die Stabilität der Wirbelsäule profitiert besonders, wenn alle Muskelketten und Muskelverbindungen auf einmal trainiert werden und vor allem: wenn sie dreidimensional trainiert werden. Darunter fallen Bewegungen, die den Körper diagonal von links unten nach rechts oben fordern und andersherum.
“Nordic Walking kann ich hier ausdrücklich empfehlen”, sagt Eichler. “Durch die enorme Muskelspannung und den Kreuzgang aktiviert und kräftigt man die Rückenmuskeln.” Kreuzgang beschreibt die versetzten Bewegungen von Armen und Beinen: Bewegt sich das rechte Bein vor, geht der linke Arm mit nach vorne – und umgekehrt.
Wer möchte, kann auch einen Trend aus den USA austesten: Crawling, Krabbeln. Das sieht zwar kindisch aus – trainiert aber die diagonalen Muskelketten wie kaum eine andere Übung.
3. Die Abwechslung macht’s
Gerade im Frühling gibt es für viele kaum etwas Schöneres als einen Morgenlauf oder eine Radtour an der frischen Luft. Trotzdem nutzt es, ab und zu Abwechslung ins Sportprogramm zu bringen. Neue Sportarten beanspruchen oft Muskelgruppen, die sonst viel zu kurz kommen – und bringen neuen Spaß.
“Tanzen oder Reiten aktivieren die Rückenmuskeln ganz hervorragend”, sagt Eichler. “Man arbeitet mit einer sehr hohen Körperspannung. Ebenso Schwimmen und Yoga.” Von Laufen oder Radfahren hingegen profitiere der Rücken nicht so stark, da er bei den beiden Sportarten kaum bewegt werde, so der Experte.
4. Mach’s einfach!
Schnelle Hüftdrehungen, explosionsartige Bewegungen: Oft liest man, dass Sportarten wie Tennis oder Squash Gift für den Rücken seien. Aber jede Bewegung ist besser als keine Bewegung – zumindest meistens.
“Nur wenn eine akute Wirbelsäulenerkrankung oder eine spezifische Rückenerkrankung vorliegt, muss man aufpassen”, sagt Eichler. “Tennis ist eine Explosionssportart, aber wenn keine Arthrose in den Gelenken der Wirbelsäule vorliegt, vergrößert man damit sicher keine Rückenschmerzen. Deshalb rate ich immer: Mach’s einfach.”
5. Kurze und hohe Belastung
Langfristig verschwinden Rückenschmerzen nur, wenn die Muskulatur gezielt trainiert und aufgebaut wird. Um das zu erreichen, ist mehr nötig, als die meisten Sportarten allein bieten können. Schwimmen etwa sei zwar gut, um die Rückenmuskulatur zu kräftigen, sagt Eichler. “Aber lange nicht ausreichend.”
“Wenn wir die Rückenmuskeln wirklich aufbauen wollen, müssen wir sie direkt ansprechen und sehr hoch belasten”, erklärt der Sportmediziner. Möglich ist das mit speziellen Rückenübungen, die kurze, starke Belastungen bieten. Ein Beispiel dafür sind Reverse Sit-ups (siehe Video).
“Das schafft man nur an Geräten – zweimal 30 Minuten pro Woche, immer mit professioneller Begleitung”, sagt Eichler. “Nichts anderes, auch keine Übungen mit Eigengewicht, erzielt ein ähnlich gutes Ergebnis.”
Befürworter des Bodyweight-Trainings sehen das anders. Sie trainieren gerade den unteren Rücken durch Übungen wie Kniebeugen, Ausfallschritte oder den Schwimmer, bei dem man auf dem Bauch liegt und abwechselnd linkes Bein und rechten Arm und dann rechtes Bein und linken Arm anhebt.
6. Ein trainierter Bauch stärkt den Rücken
Um eine starke Rumpf-Muskulatur zu erhalten, lohnt es sich, auch den Gegenspieler zu den Rückenmuskeln zu stärken: die Bauchmuskeln.
Sit-ups (der ganze Oberkörper bewegt sich nach oben) und Crunches (nur der obere Rücken bewegt sich nach oben) trainieren die oberen, unteren und seitlichen Bauchmuskeln. Der Unterarm- oder Seitstütz, das sogenannte Planking, geht auch super im Park an der frischen Luft und stärkt zusätzlich den Trizeps und die Schultern.
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