Der Adidas Supernova Glide Boost 7 ist ein Runningschuh der oberen Preisklasse. Wie sich der Laufschuh läuft, was seine Schwächen und Stärken sind und ob das Boost-Dämpfungsmaterial den erwünschten Effekt hat, weiß unser Laufschuhtest-Blogger Namri. Er war überrascht – und angetan.
Laufschuh Adidas Supernova Glide Boost 7
Modell: Supernova Glide Boost 7
Hersteller: Adidas
Das sagt der Hersteller: Optimale Energierückgabe, Stabilität und Komfort
Passform: Neutral
Obermaterial: Mesh, aufgeschweißte Overlays im Vorderfußbereich
Gewicht: 327 g / 307 g (mit / ohne Innensohle) bei Größe 44
Sprengung: 7 mm
Gelaufen auf: Asphalt, Laufband, Wald, Park
UVP: 150 €
Vorgeschichte zum Boost-Material
Wer kann mit der Abkürzung ERS etwas anfangen? Tipp: Es hat nichts mit Adidas, sondern mit Reebok zu tun. Wer erinnert sich noch? Keiner? Es handelt sich um das so genannte Energy Return System, das bereits Ende der 80er Jahre vorgestellt wurde.
Zylindrisch geformte Stäbe waren quer in der Mittelsohle verarbeitet, die beim Aufprall zusammengedrückt wurden. Diese potentielle Energie sollte dann wieder bei der Vorwärtsbewegung freigesetzt werden.
The Return of the Boost
25 Jahre später – Reebok ist mittlerweile eine Tochter von Adidas – nahm sich Adidas dieser Idee wieder an, als das Unternehmen das Boost-Material vorstellte. Wie beim ERS soll Boost beim Aufprall dämpfend wirken, um anschließend als Energie energetisch freigesetzt zu werden.
Adidas nennt das ganz unbescheiden “Endless Energy” auf der Innensohle. Unendliche Energie ? ein Traum. Quasi eine Art Perpetuum mobile. Mal sehen.
Allem Anschein nach ist das Boost Material sehr erfolgreich, denn seit dessen Einführung vor ein paar Jahren wurde nach und nach das ganze Adidas-Laufschuhsortiment mit Boost ausgestattet.
So auch TAFKASC (The artist formerly known as Supernova Classic), der nun als Supernova Glide Boost in seiner siebten Reinkarnation das Licht dieser Welt erblickt.
Der erste Eindruck: solide, aber unspektakulär
Da ich bereits das Vorgängermodell, Supernova Glide Boost 6, gerne gelaufen bin – so um die 400 Kilometer – war ich natürlich gespannt wie sich der neue 7er machen würde.
Er wirkt aufgeräumt und solide. Im Vergleich zum 6er designtechnisch kaum verändert. Böse Zungen könnten das auch langweilig nennen. Aber ein Laufschuh muss nicht immer gleich spektakulär daherkommen. Solide Schuhe sind unterschätzt.
Beim Laufen ist das Gefühl wieder da: Das Boost-Material fühlt sich so gut an! Weicher als die meisten anderen Mittelsohlen, z.B. Lunarlon von Nike oder RevLite von New Balance. Die Weichheit von Boost erinnert mich am ehesten an das Fresh Foam von New Balance, zu dem ich auch schon meinen Senf gegeben habe (zum Laufschuhtest New Balance Zante)
Irritationen: kurze Schuhzunge & miCoach
Ich verwende bei all meinen Laufschuhen alle Schnürsenkellöcher wegen der Marathonschnürung – wieso hat sich eigentlich diese bekloppte Bezeichnung durchgesetzt? Da die Schuhzunge recht kurz ist, schaut sie gerade so hinter der Schnürung hervor. Hoffentlich gibt das kein Problem.
Und welchen Sinn macht der miCoach-Hinweis auf der Schuhzunge, wenn die dafür notwendige Aushöhlung unter der Innensohle fehlt ? oder habe ich da etwas übersehen? Und mal ehrlich: benutzt tatsächlich irgendwer miCoach? Kommt da womöglich noch mal was?
Probelauf: Sitzt angenehm eng, dynamisches Abrollen
Der Schuh umfasst den Fuß im Mittelfußbereich fest genug, so dass auch bei schnelleren Einheiten oder Zwischenspurts die Ferse sich nicht aus dem Schuh verabschiedet.
Dafür dass das nicht unangenehm wird, sorgt die rundum angenehme Polsterung im Fersen-, Knöchel- und Schuhzungenbereich.
Die Schuhsohle ist mit reichlich Gummi von Reifenhersteller Continental ausgestattet, so wie beim Glide 6. Eine griffige Sohle, mit der ich keine Probleme hatte, auch nicht bei nassem Boden.
Der Nachteil, wenn soviel Gummi verarbeitet wird ist, dass der Schuh deutlich an Gewicht zulegt. So auch in diesem Fall.
Obwohl es ein ziemlich schwerer Schuh ist, hatte ich beim Laufen nie den Eindruck, dass ich einen schweren Schuh trage. Im Gegenteil, der Glide läuft sich deutlich dynamischer als manch anderer Schuh aus derselben Gewichtsklasse.
Offensichtlich wirkt sich das Boost-Material positiv und dynamisch auf das Abrollverhalten aus.
Laufvergnügen, egal ob schnell oder langsam
Überhaupt ist das mit dem Boost so eine Sache. Bei langsamen Einheiten dämpft das Material einwandfrei die Stöße ab und ist richtig gemütlich. So gemütlich wie eine langsamer Sonntagslauf mit Lauffreunden durch den Park bei goldenem Sonnenschein im Spätherbst.
Erstaunlicherweise macht der Schuh aber auch bei schnellen Einheiten Spaß. Nie hatte ich das Gefühl, dass das weiche Boost-Material ein schwammiges Laufverhalten erzeugt. Im Gegenteil, die Mittelsohle wirkt bei höherer Geschwindigkeit stabil und nimmt anschließend die Vorwärtsbewegung gut in den nächsten Schritt mit.
Das nennt man im Marketingsprech dann wohl “responsive”. Finde ich richtig gut.
Fazit: übergreifend überzeugend
Wir ihr seht, es muss wirklich nicht immer das ganz große Designtheater stattfinden, um einen richtig guten Laufschuh zu bauen. Es fällt mir schwer, an diesem Schuh von Adidas herumzukritteln.
Schwächen: Preis und Gewicht
Zwei Sache möchte ich aber nicht verschweigen. Zum einen der Preis. 150 Euro sind für mich zu viel Geld für einen Laufschuh. Und für meinen Geschmack könnte der Glide leichter sein. Ich sehe Einsparpotenzial bei der stark gummierten Außensohle und der Fersenkappe aus Plastik.
Stärken: Allrounder
Das schmälert aber nicht das größte Plus dieses Schuhs: Der Glide 7 kann bei allen Arten von Laufeinheiten bedenkenlos getragen werden. Egal ob Sprints, Lange Läufe, Tempoläufe und Uphill/Downhill, der Supernova ist ein Allrounder.
Angenommen, meine bessere Hälfte würde mich dazu verdonnern, meinen Schuhschrank auszumisten, und ich könnte nur ein Paar Schuhe behalten, dann stände dieser Schuh sicherlich weit oben auf meiner Liste. Dabei habe ich doch nur 15 Paar Laufschuhe.
Urteil
9 / 10 Punkten
“Boost it, Baby”
Fotos Adidas Supernova Glide Boost 7
Alle Fotos: Namri Dagyab
Disclaimer: Einige der in diesem Blog getesteten Produkte hat der Tester gekauft, andere wurden von den Herstellern zur Verfügung gestellt, ohne dass sie Einfluss auf Inhalt oder Bewertung hatten. Der Beitrag spiegelt die persönliche Meinung des Testers und nicht automatisch die Meinung der Achilles-Redaktion wider.