Anfang April ist Anna Achilles Halbmarathon gelaufen. Ohne Lauf-Mantras wäre das nicht gegangen. Ihr helfen die Verse, die sie sich vor und während des Wettkampfs immer wieder aufsagen kann. Zur Beruhigung und zur Motivation.
Am Abend davor: “Entspann dich, es ist nur ein Lauf”
Habe ich durch meine Erkältung zu viel Training verloren? Hätte ich früher beginnen sollen? Härter trainieren? Diese Zweifel werden kommen. Aber, verdammt: Ein Halbmarathon ist keine K2-Besteigung. Es ist einfach nur Laufen. Völlig machbar. Außerdem: Keine*r zwingt mich, diesen Halbmarathon zu laufen. Ich tue das für mich. Kein Grund durchzudrehen!
Im Startblock: “Genieße es, du hast es dir verdient”
Ich habe seit Wochen auf diesen Moment hingearbeitet. Habe in Laufklamotten geschlafen, bin durch Schneeregen gestapft, habe Freunde mit meinem Trainingsplan genervt. Heute ist Schluss damit. Der Tag der Tage ist da. Ich habe es verdient, mich zu freuen. Außerdem, ich stehe hier, in Berlin, mit 29.999 anderen Laufverrückten. Die Innenstadt ist nur für uns Läufer*innen gesperrt. Keine Autos weit und breit. Und wir haben auch noch Publikum. Wie cool ist das denn?
Startschuss: “Langsam laufen”
Der typische Anfänger*innen-Fehler: zu schnell losrennen. Ist mir schon so oft passiert. Unnötig und ärgerlich, weil nach hinten raus die Puste fehlt. Also: Ich darf mich nicht mitreißen lassen, wenn andere beim Startschuss lossprinten. Ich werde schön langsam beginnen. Die Puste muss schließlich für zwei Stunden reichen. Die Schnell-Starter*innen hole ich sowieso spätestens bei Kilometer 18 ein.
Kilometer 3: “Ich schaffe das mit links”
Die ersten drei Kilometer sind die schlimmsten. Ich muss ins Rennen hineinkommen und meinen Rhythmus finden. 18 Kilometer liegen noch vor mir. Fühlt sich an wie ein riesiger Berg. Und ich muss hoch bis zur Spitze. Schaffe ich das? Natürlich schaffe ich das. Weg mit der Angst!
Ich habe schon ganz andere Sachen hinbekommen: Ich bin bei einem zehn-Kilometer-Rennen unter 55 Minuten geblieben, habe CrossFit-Training überlebt und muss ständig meinen Onkel Achim Achilles ertragen. Also, wenn ich das kann, dann schaffe ich auch diesen Halbmarathon. Und zwar mit links.
Kilometer 7: “Läuft, weiter so”
Der Moment, wenn ich im Rennen angekommen bin: Ich fühle mich gut, bin im Flow. Dieses Gefühl sollte ich jetzt möglichst lange bewahren. Keine negativen Gedanken aufkommen lassen. Genießen, sich in der Menge mittreiben lassen. Sich freuen, dass so viele Zuschauer*innen da sind. Sie jubeln für uns. Geiles Gefühl!
Kilometer 10: “Trinken und Gehen”
Die Hälfte ist knapp geschafft. Hier werde ich mir einen Wasserbecher schnappen und ganz wichtig: Ich halte kurz an, gehe ein paar Meter und trinke dabei. Manche glauben ja, dass man dadurch wichtige Sekunden verlieren würde. Blödsinn. Was habe ich davon, wenn ich weiterlaufe, mich verschlucke und auch noch die Hälfte verschütte? Eben. Darum lieber kurze Pause und dann mit Vollgas weiter.
Kilometer 16: “Ich kann das”
So, jetzt wird es hart. Denn weiter als bis hierhin bin ich noch nie im Training gelaufen. Damit muss mein Körper erstmal klarkommen. Die Waden werden schmerzen, die Oberschenkel brennen. Sie wollen mir mitteilen: So, liebe Anna, du hattest deinen Spaß …
Aber jetzt ist’s genug. Mein Kopf muss dagegenhalten. Überzeugungsarbeit leisten. Ach Körper, so schlimm ist es doch gar nicht. Du kannst schon noch. Man muss sich auch mal was trauen. Du kannst das nämlich.
Kilometer 19: “Ich bin eine Maschine”
Noch drei Kilometer. Wenn ich es bis hierhin schaffe, hält mich nichts mehr auf. Mein Kopf schaltet um auf Autopilot. Ich denke an nichts mehr, nur noch ans Ankommen. Weiterhin setze ich einen Fuß vor den anderen, auch wenn der Körper murrt und ziept. Ich fühle nichts mehr. Ich spüre nichts mehr. Auf den letzten drei Kilometern bin ich kein Mensch mehr, sondern eine Maschine.
Zielgerade: “Lächeln”
Völlig egal, wie ich auf den letzten Metern daherkomme. Ob ich noch locker sprinten kann oder ins Ziel kriechen muss. Das Wichtigste dabei: Lächeln.
Denn erstens: Ich habe es verdammt noch mal geschafft. Ich bin 21,0975 Kilometer gelaufen. Wie cool ist das? Da muss man sich einfach freuen. Und zweitens: das Zielfoto. Mein Lauf wird schließlich für die Nachwelt dokumentiert. Da darf man schon mal ein freundliches Gesicht machen.