Laufen ist gesund und macht Spaß – wenn man es richtig macht. Deshalb ist es wichtig, immer wieder das eigene Pensum und Training zu reflektieren, selbst wenn wir schon jahrelang laufen. Dafür sollten wir unseren Beginners Mind kultivieren. Unsere Redakteurin Anna hat die wichtigsten Fragen aufgeschrieben, die Läufer*innen sich dafür immer wieder stellen sollten.
Na? Du wirst nicht schneller, obwohl du viel mehr läufst als früher? Die Schmerzen im Knie begleiten dich seit Wochen, inzwischen auch im Alltag? Du hast ständig Killerkrämpfe in der Nacht? Im Training fühlst du dich müde und ausgelaugt? Vielleicht ist es Zeit, sich ein paar unangenehme Fragen zu stellen.
Bevor dir jetzt eine böse Stimme ins Ohr flüstert „ICH bin schon ZWEI Halbmarathons und einen M A R A T H O N gelaufen – ich WEISS was ich tue!!1!“, atme einmal kurz tief durch.
Einatmen. Ausatmen.
Du willst doch nicht zu diesen selbsternannten „Laufexpert*innen“ gehören, die nach ein bis zwei Jahren Laufsport meinen, sie hätten die Weisheit mit den ganzen Energy-Bars mitgefressen. Ja, genau. Wir meinen diejenigen, über die du dich immer aufgeregt hast.
Selbstreflektion und „Beginners Mind“
Denn was dich jetzt weiter bringt ist ein klarer Kopf, eine schonungslose Selbstanalyse und die Bereitschaft, dich selbst als Anfänger*in zu sehen. „Beginners Mind“ oder auch „Anfänger*innengeist“ nennt sich das und kommt eigentlich aus dem Zen Buddhismus.
Der Anfänger*innengeist beschreibt eine offene und neugierige Einstellung beim Erlernen von Fähigkeiten, selbst wenn man bereits weit über das Anfangslevel hinaus ist. Auch Laufen ist eine Fähigkeit, die wir erlernen und die wir verbessern können, wenn wir uns immer wieder daran erinnern, dass wir vielleicht noch nicht alles über uns, unseren Körper, unsere Fähigkeiten und unser Training wissen.
Anders gesagt: Jede*r Läufer*in profitiert davon, das eigene Training und Laufverhalten zu reflektieren – selbst wenn du schon ein*e Laufverteran*in mit 20 Jahren Lauferfahrung bist. Wir haben fünf Fragen für dich, die du dir auf jeden Fall immer wieder stellen solltest – egal, ob du Laufanfänger*in, erfahrene*r Läufer*in oder sogar Profi bist.
1. Ist meine Pace angemessen?
Die Lauf-Crew trifft sich und es werden Pace-Gruppen eingeteilt. Deine Buddys entscheiden spontan, dass sie heute etwas schneller laufen werden als sonst. Eine halbe Minute schneller. Dein erster Gedanke: Das kann ich auch! Und ja, du hast recht: Du kannst bei dieser Geschwindigkeit sicher mithalten. Aber ob du das tun solltest ist eine andere Frage.
Nur weil du eine bestimmte Pace halten kannst, heißt es noch lange nicht, dass das gut für dich und deinen Körper ist. Tatsächlich solltest du darauf achten, dass du die richtige Pace für DICH findest und dabei deine Laufbuddys und dein Ego kurz ausblenden. Denn das Training bei Geschwindigkeiten, die eigentlich zu schnell für dich sind, kann schnell zu Verletzungen und Burnout führen.
Natürlich soll das nicht heißen, dass du nicht ab und an mal einen Lauf mit deinen Buddys machen kannst, der etwas schneller ist als dein normales Tempo. Aber sollte das die Regel werden, tust du dir keinen Gefallen.
Genauso wichtig ist es im Übrigen auch abzugleichen, ob es an der Zeit ist, deine Pace etwas anzuziehen. Vielleicht läufst du deinen Buddys auch davon. Idealerweise unterhältst du dich über eine Temposteigerung vorher mit einem Laufcoach.
2. Sind meine langsamen Läufe zu schnell und meine schnellen Läufe zu langsam?
Die Comfort-Zone – die Pace, die uns magisch anzieht. Wir alle lieben sie. Sie ist kinderleicht zu laufen. Aber gleichzeitig nicht zu einfach. Unser der Tempo-Sweetspot sozusagen. Aber wer sich immer in dieser Zone bewegt, wird sich kaum verbessern. Denn Tempo-Kontraste sind wichtig.
Unsere langsamen Läufe sollten daher genau das sein: langsam. Ja, auch langsamer als unsere Wohlfühl-Pace. Und auch die schnellen Einheiten sollten logischerweise schneller sein, als unser Wohlfühltempo. Trainingsreize funktionieren eben über Kontraste und die entstehen nur, wenn wir bereit sind auch mal zu chillen oder eben richtig Dampf zu machen.
3. Bekommt mein Körper, was er braucht?
Nach der Trainingseinheit schön eine Packung Nachos mit Käse überbacken und Jalapenos drunter mischen – klingt lecker, ist aber (leider) scheiße. Denn nach dem Training braucht der Körper Nährstoffe, die er gerade verbrannt hat. Die gilt es zu ersetzen. Also lasst euch nicht durch den bösen Heißhunger steuern. Jetzt ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung gefragt. Dazu gehört auch Wasser trinken. Übrigens nicht nur nach dem Workout, sondern auch davor.
4. Habe ich mir realistische Ziele gesetzt?
Angefixt von der Euphorie des Wettkampfs verselbstständigt sich schnell der eigene Computer und plötzlich ist man zu fünf Marathons in den nächsten fünf Monaten angemeldet. Puhh. Sogar Profi-Athlet*innen laufen meist nicht mehr als drei Marathons im Jahr.
Das liegt daran, dass dein Körper sich erholen muss und auch Pausen braucht. Hier solltest du abwägen, was realistische Ziele für dich sind. Klar, Wettkämpfe sind toll und du willst noch viele laufen – aber lass dir Zeit dafür. Das ist gut für deinen Körper und deine Energie.
5. Mache ich genug Pausen?
Pausen gehören auf jeden Trainingsplan – ohne sie wirst du deine Ziele nicht erreichen. Denn dein Körper muss sich nach Belastung erholen, sonst folgen Verletzungen und Burnout früher oder später. Außerdem tragen Trainingspausen maßgeblich dazu bei, dass du deine Leistung steigern kannst. Stichwort Superkompensation.
Wenn es dir schwer fällt zu sagen, wann du das letzte Mal nicht trainiert hast, solltest du dir eine Einheit „Netflix und chill“ einlegen. Falls du dafür Filmtipps brauchst, haben wir eine Liste der besten Lauffilme für dich. Viel Spaß beim Chillen!