Unsere Serie über die „Nachhaltigkeit und ökologische Belastung von Laufschuhen“ geht weiter. Diesmal mit Adidas, dem weltweit zweitgrößten Unternehmen in der Sportbekleidungsbranche.
Wir kontaktierten zwölf Marken aus dem Laufschuh-Bereich und stellten den Teilnehmern zwölf Fragen. Nicht alle Fragen wurden von allen Marken beantwortet. Entweder aus inhaltlichen oder aus unternehmerischen Gründen.
Nachdem Adidas uns zu Beginn eine Absage erteilt hatte, erhielt die Redaktion dennoch einige Antworten auf unsere Fragen wie auch weitere Informationen über die Anstrengungen des Unternehmens, das Thema Nachhaltigkeit ins Geschäftsmodell zu integrieren.
Adidas der Sport-Riese
Adidas ist nach Nike der zweitgrößte Anbieter in der Sportbekleidungsbranche. 1924 wurde das Unternehmen als “Gebrüder Dassler Schuhfabrik” gegründet. Nach einem Streit zwischen den Brüdern Adolf und Rudolf Dassler entsprangen 1949 zwei neue Unternehmen – Adidas und Puma. Seither ist Adidas in Herzogenaurach angesiedelt.
Im Jahr 2018 erwirtschaftete der Branchenriese einen Umsatz von über 20 Milliarden Euro. Der Gewinn lag bei circa 1,7 Milliarden Euro. 2018 beschäftigte Adidas weltweit mehr als 57.000 Menschen.
Das Unternehmen sorgte 2015 mit der Veröffentlichung des “Ultra Boost Modells” für große Aufmerksamkeit. Die Boost-Sohle besteht aus Thermoplastic Polyurethane (TPU) und wurde bereits 2013 von der BASF entwickelt. TPU wird von etlichen Firmen in der Branche für die Zwischensohle eingesetzt.
Mit dem Ultra Boost stieß Adidas in den Laufmarkt hinein und charakterisierte die Boost-Technologie als die beste des Marktes. Mittlerweile gibt es unzählige Modelle und Abwandlungen in allen Segmenten der Adidas Produktpalette. Der Ultra Boost hat sich im Alltagsbereich und zum Beispiel auch im Basketball durchgesetzt.
Unser Fragenkatalog
Adidas reagierte auf unsere Anfrage mit einer schriftlichen Zusammenfassung der relevanten Punkte zum Thema Nachhaltigkeit. Fragen zur Produktpalette, der Entwicklung in den vergangenen fünf Jahren sowie das Thema Reparaturmöglichkeiten wurden dabei nicht beantwortet.
1.) Inwiefern hat sich der Einsatz von Materialien zur Produktion von Schuhen in den vergangenen fünf Jahren verändert?
Adidas hat das Thema Nachhaltigkeit in sein Geschäftsmodell integriert, indem es Nachhaltigkeit auf die Produktebene bringt: Wir sind 2015 eine Partnerschaft mit „Parley for the Oceans“ eingegangen, und produzieren Schuhe und Bekleidung mit recyceltem Plastikabfällen, die an Stränden und Küstenregionen gesammelt wurden, bevor sie in den Ozean gelangen können.
Wir haben eine Million Paar Schuhe aus Parley-Ocean-Plastik im Jahr 2017 hergestellt, fünf Millionen im Jahr 2018 und elf Millionen werden es im Jahr 2019 sein.
2.) Sofern existent, bitte beschreiben Sie das Programm, das die Entwicklung und den Einsatz von umweltfreundlicheren Materialien thematisiert.
Wir wollen bis 2024 möglichst nur noch recycelten Polyester einsetzen. Bereits heute beträgt der Anteil von recyceltem Plastik an unserer Bekleidung mehr als 40 Prozent.
Im April 2018 haben wir den ‘Futurecraft Loop’ präsentiert, einen vollständig recycelbaren Laufschuh, der aus einem einzigen Material ohne Verwendung von Klebstoff besteht und im Jahr 2021 auf den Markt kommen wird. Seit 2018 beziehen wir ausschließlich nachhaltige Baumwolle (= weniger Wasserverbrauch, weniger Pestizideinsatz, Förderung fairer Arbeitsbedingungen für die Baumwollbauern).
3.) Bitte definieren Sie eventuell vorhandene unternehmensinterne Zielsetzungen, bis zu einem Zeitpunkt “X” umweltfreundlichere Schuhe zu produzieren.
Wir wollen bis 2024 möglichst nur noch recycelten Polyester einsetzen. Bereits heute beträgt der Anteil von recyceltem Plastik an unserer Bekleidung mehr als 40 Prozent.
Änderungen nach lauter Kritik
Adidas hat in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um die – in der Vergangenheit in den Fokus geratene – Lieferkette umzustrukturieren. Denn 2006 mehrte sich die öffentliche Kritik an der Produktion des Unternehmens. Viele Lieferanten und Produktionsstätten – primär in Asien – würden die Mitarbeiter*innen zu menschenunwürdigen Bedingungen anstellen.
Zwar besitzt Adidas einen Tarifvertrag, doch die Lieferanten hielten sich oftmals nicht an die bestehenden Regeln. So wechselte der Sportartikelhersteller über die Jahre seine Lieferanten. Genaue Entwicklungen und Verträge sind nicht bekannt, allerdings wurde der Riese 2018 im “Australian Fashion Report” bei der Entlohnung der Arbeiter in den Lieferfirmen mit einem “A-” bewertet.
Zudem geriet das deutsche Unternehmen beim Bezug der Materialien ins Fadenkreuz. Adidas erhielt das Papier für die Verpackungen von einem asiatischen Anbieter, der den Regenwald in Indonesien rodete. Nach der Kritik löste Adidas den Vertrag auf. Das Aktienunternehmen arbeitet seit Jahren an der Verbesserung der Produktion.
In 2015 ging Adidas eine Partnerschaft mit dem Unternehmen Parley ein, das an den Stränden der Ozeane das angeschwemmte Plastik einsammelt. Dieses Plastik wird für die Produktion der Adidas-Parley-Serie genutzt. Ebenfalls im administrativen Bereich verändert sich Adidas. Die folgenden Aussagen kommen direkt vom Unternehmen.
[…
Soziale Aktivitäten sind ein integraler Bestandteil unserer Personalentwicklungsprogramme. Zum Beispiel haben unsere Nachwuchsführungskräfte einen Tag lang Plastik an einem Strand bei Shanghai eingesammelt. Auch in unseren Einzelhandelsgeschäften und an unseren Bürostandorten reduzieren wir Energieverbrauch und Abfallmenge. Bereits seit 2016 gibt es in unseren Geschäften nur noch Papiertüten, dadurch haben wir circa 70 Millionen Plastiktüten eingespart.
Durch den Verzicht auf Plastik an seinen Standorten spart Adidas weltweit mehr als 40 Tonnen Kunststoff pro Jahr ein, das entspricht über 1,5 Millionen Plastikflaschen. Die Vorschläge dazu kamen von den Mitarbeitern selbst und wurden über das Intranet gesammelt.
Adidas bietet seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein breites, nachhaltiges Mobilitätsangebot. Wir erstatten allen Mitarbeitern an unserem Hauptsitz in Herzogenaurach auf Antrag die Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Darüber hinaus bietet Adidas einen Bus-Shuttle von Nürnberg und Fürth nach Herzogenaurach. Für Radfahrer stehen Duschen und Umkleideräume sowie gesicherte Fahrradstellplätze mit einer Reparaturstation zur Verfügung. Auf dem Campus des Unternehmens können Leihfahrräder kostenfrei genutzt werden. Viele Mitarbeiter nutzen diese Möglichkeiten und fahren auch längere Arbeitswege regelmäßig mit dem Fahrrad. Zur Förderung der Elektromobilität stehen Lademöglichkeiten sowohl für Elektroautos als auch für Elektrofahrräder zur Verfügung.
…]
Wie sind Adidas Maßnahmen zu bewerten?
2017 nahm die Plattform „Good on You“ die Marke unter die Lupe und stufte sie als „Gut“ ein. Good on You verglich diverse Sportmarken miteinander und zog den “2017 Australian Fashion Report” als Grundlage heran. In der Bewertung sagt die Plattform, mittlerweile eine Online-Instanz im Bereich ethischer Mode, dass Adidas Fortschritte mache, allerdings noch Arbeit vor sich habe – was bei der schieren Größe des Unternehmens und den vielen Produkten allerdings nicht verwunderlich ist …
Adidas arbeitet seit Jahrzehnten mit anderen Produktionszahlen und anderen Prozessketten als kleinere Unternehmen oder Marktmitgestalter, die sich ausschließlich auf Schuhe konzentrieren. Allerdings ist die Verantwortung damit auch eine größere.
Adidas macht Fortschritte. Vielleicht nicht so viele und so schnell, wie manche das mögen. Allerdings ist auch ein langsamer Fortschritt gut und sollte in der Betrachtung der gesamten Branche berücksichtigen werden.
Alle Artikel aus der Serie “Nachhaltigkeit und Laufschuhe”
Wie nachhaltig sind Laufschuhe?
Nachhaltigkeit und Laufschuhe: Eine Branche bewegt sich
Nachhaltigkeit bei Adidas
Nachhaltigkeit bei Lunge
Nachhaltigkeit bei Brooks Running
Nachhaltigkeit bei Runnertune