Philipp Pflieger gehört zu Deutschlands besten Langstreckenläufern. Eine Olympiateilnahme, mehrere Marathonfinishs und auch – abbrüche stehen in seinem Lebenslauf. Im Achilles-Running-Podcast zieht er Zwischenbilanz.
Es war ein Fernsehnachmittag mit seinen Eltern, der Philipp seinen Traum gab. Im Fernsehen liefen die Olympischen Spiele in Atlanta 1996 und Philipp deklarierte: „Da will ich auch mal hin“. Die Entschlossenheit eines Neunjährigen fanden seine Eltern putzig. Sie nahmen ihn nicht ernst. Doch der Junge war entschlossen. Die olympische Idee ließ ihn nicht mehr los. Er setzte alles auf eine Karte: Er wollte professioneller Läufer werden. Einmal bei Olmypia mitlaufen. Die Schule? War ihm egal. Gute Noten? Wurst. Beraufsausbildung? Nur, weil Eltern darauf bestanden.
Ein Traum wurde wahr
2014 startet Philipp bei seinem ersten Marathon. Er war schnell.
Zu schnell.
Die Folge: Kreislaufprobleme. Das Marathondebüt scheiterte krachend: “DNF – Did not finish” steht hinter seinem Namen. Aus völligen Übermut, wie er im Nachhinein selber sagt. Völlige Selbstüberschätzung. 42 Kilometer sind halt nicht 4 x 10 Kilometer.
Ein Jahr später wollte Philipp es erneut wissen: Berlin Marathon 2015. Dieses Mal war er besser vorbereitet und wusste, was auf ihn zukommt. Alles lief glatt und Philipp lief eine fantastische Zeit: 2:12:50. Bis heute seine Bestzeit und damals sein Ticket für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro, Brasilien.
Sein Traum von den Olympischen Spielen war endlich in Erfüllung gegangen. Jahrelang hatte er auf diese Chance hingearbeitet. In Rio wurde er zudem schnellster deutscher Läufer mit einer Zeit von 2:18:55 und belegte Platz 55.
“Rio war mein großer Traum. Alles, was danach kommt, fühlt sich an wie die Kür”
Philipp Pflieger im Achilles-Podcast
Fast-Zusammenbruch bei KM 39
Berlin-Marathon 2017 gings dann wieder bergab. Philipp hatte gut trainiert und wollte seine alte Bestzeit knacken. Aber die Bedingungen waren nicht auf seiner Seite. Wind, starker Regen, Kälte – und überstarker Ehrgeiz sind keine gute Kombination bei einem Wettkampf. Mehrfach verließen ihn seine Kräfte und bei KM 39 war es dann final vorbei.
Er fällt vor Erschöpfung einem Passanten in die Arme. Philipp kann sich kaum halten, macht ein paar hilflose Schritte in verschiedene Richtungen. Er wankt wie ein angeschlagener Boxer.
Schließlich gibt er auf. Das 40-KM-Schild sieht er aus dem Auto heraus.
DNF.
„Meine Beine konnten mein eigenes Körpergewicht nicht mehr tragen“
Philipp Pflieger im Achilles-Interview
Bis heute weiß Philipp nicht, warum es zu dem Fast-Kollaps kam. Die medizinischen Tests ergaben keine eindeutigen Ergebnisse. Einen guten Monat habe er gebraucht, um das Geschehene zu verarbeiten.
Seinen Helfer suchte Philipp über Social Media. Die Geschichte ging viral und Clemens, wie der Passant hieß, wurde gefunden. Philipp traf ihn später wieder und dankte ihm persönlich.
Danach wollte er wieder nach vorne schauen. Auch das gehört zum Sportler*innendarsein dazu: Niederlagen und Scheitern müssen verarbeitet werden. Zwischen Bestzeit und Megafail liegt ein schmaler Grat, ein ewiges Auf und Ab.
Anfang 2018 stand er wieder im Marathon-Startbereich und erreichte ohne Probleme die Norm für die Europameisterschaft.
Wieder oben.
Philipp Pflieger im Podcast
Beim Berlin Marathon 2019 will er wieder seine Bestzeit angehen und am besten auch gleichzeitig erneut das Ticket für Olympia in Tokio 2020 lösen.
Und er hat ein Buch geschrieben, quasi seine Marathon-Memoiren. Darin erzählt er von seinen Erfahrungen und Erlebnissen: Warum er mit Wehmut auf seine Kindheit zurückblickt, welche Marathons er noch auf dem Schirm hat und wie man den Marathon besser schafft.
Wir haben mit Phlipp gesprochen. Hört rein in den Podcast!
Philipp Pflieger hat ein Buch geschrieben: “Laufen am Limit – Warum Marathon die größte Herausforderung für Laufer ist“. Erschienen bei Edelbooks, 255 Seiten, 18,95 €.