Sechs Kilometer müssen Kinder in Entwicklungsländern zum Teil täglich laufen, um an Wasser zu gelangen. Eine Organisatorin des Spendenlaufs “Global 6k” von World Vision erzählt, wie die Hilfsorganisation erreichen will, dass die Kinder diese Strecke irgendwann nicht mehr zurücklegen müssen, wie Laufen dabei hilft – und wie jede*r in Deutschland dabei mitmachen kann.
Achilles Running: Hallo Caroline, ihr habt einen Sechskilometerlauf ins Leben gerufen: Was passiert beim Global 6k?
Caroline Sommer: Beim “Global 6K” laufen wir im Mai und Juni sechs Kilometer für 6000 Kinder in Afrika. Es ist ein globaler Lauf, der in unterschiedlichen Ländern gleichzeitig stattfindet und darauf ausgelegt ist, Kinder u.a. einfachen Zugang zu sauberem Wasser zu ermöglichen.
Man hat die Möglichkeit entweder einen eigenen Lauf mit Freunden und Bekannten auszurichten oder an einem der bestehenden Läufe in der Nähe teilzunehmen.
Letztes Jahr sind Menschen aus 23 Ländern mitgelaufen, wir waren 49.000 Teilnehmer. Dieses Jahr sind auch bereits wieder einige angemeldet – und jeder kann noch mitlaufen.
“Sauberes Wasser bedeutet Bildung”
Warum gerade sechs Kilometer?
Das ist die tägliche Strecke, die Kinder in Entwicklungsländern zurücklegen müssen, um an Wasser zu gelangen. Dieses ist dann oftmals auch noch verschmutzt. Den Kindern soll im wahrsten Sinne des Wortes ihre tägliche Strecke zum Wasser abgenommen werden, dadurch dass sie einfachen Zugang zu sauberem Wasser erhalten. Statt morgens Wasser holen zu müssen, könnten die Kinder die Zeit nutzen, um in die Schule zu gehen.
Wie wollt ihr das schaffen?
Unser globaler Lauf hilft, indem die gesammelten Startspenden von jeweils 30 Euro direkt in unsere Patenschaftsprojekte in Afrika fließen – dorthin wo am meisten Hilfe benötigt wird. Sauberes Wasser bedeutet zugleich Bildung und somit Zukunft für die Kinder.
Aber was hat gemeinsames Laufen genau damit zu tun?
Der direkte Bezug zum täglichen Sechskilometerlauf der Kinder zur Wasserstelle ist uns wichtig. Es geht darum, den Kindern in Not ihre Strecke abzunehmen und potentiell ein Stück weit die Anstrengung der Kinder nachzuempfinden. Darüber hinaus werden Menschen beim Laufen Teil einer großen Gemeinschaft.
Wilde Tiere und holprige Wege
Wirklich nachempfinden können wir die Strecke der Kinder in Not doch aber gar nicht.
Klar, vor Ort herrschen oft Gefahren wie extreme Wetterbedingungen: Hitze und Überschwemmungen. Ebenso gibt es wilde Tiere und holprige, steinige Wege, die die Kinder mit ihrem viel zu schweren Wasserkrug mit schlechtem Schuhwerk oder ganz ohne Schuhe gehen müssen. Aber mit dem eigenen Sechskilometerlauf und den dadurch gesammelten Geldern kann jeder dazu beitragen, dass Kinder diese Strecke irgendwann vielleicht nicht mehr laufen müssen.
Wie kann ich also mitmachen?
Der Lauf ist so ausgelegt, dass jeder seinen eigenen Lauf mit Freunden und Bekannten machen kann und seine Strecke, Ort und Zeit im Mai und/ oder Juni auslegt (als sog. „Gastgeber“). Alternativ kann man an einem bestehenden Lauf in seiner Nähe teilnehmen. Die Startspende liegt für alle bei 30 Euro und fließt direkt in Patenschaftsprojekte nach Afrika. Die Anmeldung zu dem Lauf kann bis kurz vor knapp stattfinden. Zu lange sollte man allerdings nicht warten, damit man noch rechtzeitig sein Global 6K Laufshirt erhält.
Einseitige Verteilung von Wasser
Welche Projekte unterstützt ihr konkret mit den Lauf-Geldern?
Wir unterstützen afrikanische Patenschaftsprojekte, die zum Hauptziel haben, Kindern einfachen Zugang zu sauberem Wasser zu ermöglichen. In vielen Länder in der Dritten Welt ist es nicht gang und gäbe, dass schon Brunnen irgendwo in der Nähe gebaut sind oder Wasserleitungen gelegt sind. Wir veranstalten auch Hygieneschulungen oder helfen beim Bau von Latrinen und Abwasserentsorgungssystemen.
Tschad ist zum Beispiel eines der Länder, in denen viele Dörfer keinen Brunnen und sauberes Wasser haben. Dadurch herrscht schlechte Hygiene, es gibt mehr Krankheiten – und Kinder sterben.
Wie viele leiden beispielsweise im Tschad unter Wassermangel?
Der Tschad hat 14,5 Millionen Einwohner, von denen 50 Prozent kein Zugang zu sauberem Wasser haben. Das ist zweimal die komplette Berliner Bevölkerung. Weltweit warten drei Milliarden Menschen in Entwicklungsländern darauf, bei der Verteilung von sauberem Wasser an die Reihe zu kommen. Würden sie sich hintereinander aufstellen, würde ihre Warteschlange von der Erde bis zum Mond und wieder zurück reichen!
Kann man mit einem einmaligen Projekt wie dem Global 6k überhaupt langfristig etwas verändern?
Mit einer Einmalspende ist das natürlich schwierig. Langfristig kann man mit Patenschaften etwas verändern. Das ist unsere effektivste Spendenform, weil monatlich über einen längeren Zeitraum gespendet wird und wir damit langfristig planen können. Gemeinsam mit den Dorfgemeinschaften erarbeiten wir Ziele, damit die Menschen vor Ort auf lange Sicht selbstständig leben können. Das heißt, wir kümmern uns darum, dass Schulen renoviert werden und Lehrer vor Ort sind, oder dass die Bewohner vor Ort lernen, wie sie auf dem Feld besser anbauen können. Unterstützt man als Pate ein Kind, unterstützt man gleichzeitig die Familie und das ganze Dorf, weil eine Schule mit Lehrern vor Ort oder ein Brunnen allen dient.
120 Liter Verbrauch pro Tag
Sauberes Trinkwasser nehmen wir hier als Läufer*innen für selbstverständlich, gehen teilweise auch bei Marathonläufen verschwenderisch damit um. Wie können wir uns da besser verhalten?
Der wichtigste Punkt lautet: Die Wertigkeit von sauberem Trinkwasser anzuerkennen. Wenn das geschafft ist, dann verhalten wir uns auch entsprechend. So passiert es uns nicht mehr, dass wir beim Laufen unbewusst Wasser wegkippen. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, ausreichend zu trinken. Wir sollten einfach dankbar sein für das Wasser, uns dessen enormen Wert bewusst machen und dementsprechend im Alltag schauen, wie man Wasser sparen kann. In Deutschland verbraucht jeder Mensch durchschnittlich 120 Liter Wasser pro Tag.
Läufer*innen müssen viel Wasser trinken: Wie kann ich den Wasserverbrauch reduzieren?
Für Trinken und Kochen verbrauchen wir nur fünf Liter pro Tag, am meisten geht für die Körperpflege und die Toilettennutzung drauf. Wir können auch unseren sogenannten virtuellen Wasserverbrauch reduzieren. Für die Herstellung eines T-Shirts werden rund 2700 Liter Wasser benötigt, für ein 300-Gramm-Rindersteak etwa 5000 Liter. Da viele Produkte, die wir direkt oder indirekt konsumieren, aus wasserarmen Regionen dieser Erde stammen, tragen wir eine Mitschuld daran, dass die Grundwasserspiegel sinken und Brunnen in vielen armen Ländern austrocknen.
Zur Person: Caroline Sommer arbeitet bei der Hilfsorganisation World Vision in der Abteilung Child Sponsorship und ist (Mit-)Organisatorin des World Vision Global 6K
Von David Bedürftig