Scheiß Laune, schwache Beine, schlechte Leistung. Achtung: Das sind Anzeichen für Übertraining. Einfach zu viel gelaufen, zu viel gemacht, zu viel trainiert. Was dagegen hilft? Körperliche und mentale Ruhe, zum Beispiel.
Wichtigste Frage: Wie stelle ich als Läufer*in überhaupt fest, dass ich überlastet bin?
Übertraining sorgt für übersäuerte und verkürzte Muskeln, so dass die Leistungsfähigkeit sinkt. Der Körper kann an verschiedenen Stellen Beschwerden spüren: Die Oberschenkel sind schlapp, die Waden machen zu, die Achillessehne schmerzt. Auch wenn die Region zwischen den Schulterblättern zumacht, ist das ein Anzeichen für Überlastung, oder wenn die Füße jeden Morgen weh tun.
Symptom für Übertraining
“In allerster Linie merkst du Übertraing daran, dass du nicht mehr deine Leistung bringst”, sagt Pouria Taheri, Medical Coach der adidas Runners und niedergelassener Orthopäde in Berlin, im Podcast mit Achilles Running. “Du hältst über fünf bis zehn Tage nicht mehr deine Pace? Was ist da nur los, kann doch nicht sein!?”
Klar, zunächst glaubt man, es liege vielleicht an Schlafmangel, an falscher Ernährung – oder gar mangelhaftem Training. Du fühlst dich schlapp, die Beine sind schwer und du willst dagegen mit noch mehr Training angehen, aber gerade das ist falsch: Dein Körper ist wahrscheinlich überlastet und tut weh. Du bist übertrainiert und solltest dir Ruhe gönnen.
Gesunder Trainingsplan
“Aufgrund ihrer Euphorie, besonders wenn ein Wettkampf ansteht, bauen Läufer oft mehr Training in ihren Trainingsplan ein als vorgesehen”, sagt Taheri. “Die einfachste Art Übertraining vorzubeugen, ist also ein gesunder Trainingsplan, den du einhältst und an dessen Wirkung du glaubst.”
Aber keine Angst. Eine komplette Laufpause musst du bei Übertraining nicht einlegen. Wichtig: Akzeptiere, dass du mal einen Gang runterschalten musst. Fahr die Pace und die Kilometeranzahl zurück. So bleibst du in der Biomechanik des Laufens drin und die Muskulatur wird weiter mobilisiert. Dazu weitere Mobilitätsübungen und Regeneration vermehrt einbauen. Auch Alternativsportarten wie Schwimmen oder Fahrradfahren bieten sich an.
Allerdings gilt das nur, wenn die Überlastung frühzeitig erkannt und entsprechend reagiert wird. Sonst können Muskelfaserrisse oder schlimmstenfalls Ermüdungsbrüche die Folge sein. Der Gang zum Arzt oder zur Ärztin ist auf jeden Fall ratsam.
Ruh. Dich. Aus.
Recovery first: Restdays und Ruhe sind unabdingbar. Ansonsten kann der Körper einfach nicht regenerieren und die Überlastung beginnt. Am besten gönnst du dir an diesen Tagen Zeit für dich, hörst einen Podcast, machst Kraft- und Stretching-Übungen und lässt abends Leib und Seele baumeln.
Wie es seine Art war, kristisierte der mittlerweile leider verstorbene Laufguru Peter Greif einst die übertriebene Angst vor dem Übertraining. Für manchen sei ein ordentliches Trainingspensum schon die Vorstufe vom Übertraining: “Es ist kaum möglich, sich mit 3 Pausentagen pro Woche überzutrainieren. Übertraining ist doch nicht Schlimmes, so etwas heilt ruckzuck folgenlos aus, wenn man es nicht über Monate betreibt. Aber auch der härteste dieser Zustände klingt nach drei, höchstens vier, Wochen relativer Ruhe wieder ab.”
Trainieren nach dem Ampelsystem
“Im Gegensatz dazu steht leider der gesellschaftliche Druck: höher, schneller, weiter. No pain, no gain. Das funktioniert nicht, so erreichst du nicht deine Laufziele und das ist auch wissenschaftlich bewiesen”, sagt Sportorthopäde Taheri. “Ich rate zum Ampelsystem: Du brauchst Tage, an denen du Vollgas gibst (grün), Tage, an denen du nur leicht läufst (gelb) und eben auch Tage, an denen du gar nichts machst (rot).”
Weiterhin gehören gesunde Ernährung und Dehnübungen in den Trainingsplan, um Übertraining vorzubeugen: “Besonders an den Tagen, an denen du nicht läufst, musst du deine Mobilität und Flexibilität trainieren und Krafttraining betreiben, um die korrekte Laufhaltung beizubehalten”, sagt Taheri. Am besten ein Workoutprogramm aufbauen, das immer wiederholt werden kann: Streching bis über 75 Sekunden zu halten, kann ganz schön anstrengend sein. HIIT mit körpereigenem Gewicht sowieso.
Auch der Kopf braucht eine Pause
Job, Familie, Verkehr: Das Leben kann uns manchmal ganz schön stressen und überfordern. “Den Kopf frei zu bekommen, zum Beispiel mit einer kleinen Wanderung am Ruhetag, ist super wichtig, wenn es um Überlastung geht”, sagt Taheri. Handy weg, nicht dauernd erreichbar sein – allein das hilft enorm.
Und wenn die Schwiegereltern in der Stadt sind und nerven oder eine große Präsentation ansteht, dann muss der 20 Kilometer Lauf am gleichen Tag nicht sein. Das wäre zu kräftezehrend und stressig für den Kopf – schließlich braucht er genau wie der Körper Pausen und darf nicht überfordert werden”, sagt Taheri.
“Das Laufen soll uns ja glücklich machen.”