Ausdauertraining während der Schwangerschaft ist empfehlenswert und für Geübte oft bis kurz vor der Geburt gut machbar. Perfekt, dachte sich Hobbyläuferin Ellen-Jane – bis sie es selbst versuchte.
Ein Traumtag, um zu laufen. Nicht zu warm, nicht zu kalt, die Bäume saftig grün, überall tschirpende Vögel und flatternde Schmetterlinge. Nur eins stört die Idylle: ich, das stampfende Nilpferd in Lycra.
Schwer keuchend schleppe ich mich den Weg entlang und kann mich nur verklärt daran erinnern, wie leicht ich mich noch vor ein paar Wochen gefühlt hatte, als ich hier entlang flitzte.
Dass ich auch in der Schwangerschaft laufen werde, stand für mich außer Frage. Seit ich mich als Teenager im Landschulheim auf Sylt nachts aus der Jugendherberge schlich, um am Strand meinem Liebeskummer davonzurennen, ist Laufen mein bester Freund, mein Seelenheil, mein Therapeut.
Davon abgesehen eignet sich moderates Herz-Kreislauf-Training super für Schwangere. Und stärkt natürlich auch das ungeborene Kind.
“Geübte Läuferinnen können, wenn eine komplikationslose Schwangerschaft und keine ärztlichen Bedenken vorliegen, das Lauftraining auch während der Schwangerschaft weiterführen”, schreibt etwa die Deutsche Sporthochschule Köln auf ihrem Informationsportal für Sport und Schwangerschaft.
Ich finde mich geübt. Ich war nie besonders gut, besonders schnell und schon gar nicht diszipliniert. Aber ich laufe seit gut 20 Jahren, ich habe einen Halbmarathon in unter zwei Stunden geschafft und drehe in der Regel ein- bis dreimal die Woche meine Runden. Oder besser gesagt, ich drehte.
Es gibt sie wirklich, die glücklichen Schwangeren, die mit ihrem Training wie gewohnt weitermachen können. Eine gute Freundin von mir gehört dazu. Ich nicht. Dabei wollte ich mich durch das Laufen fit und in Form halten und dämlichen Kommentaren zu meinem Gewicht vorbeugen.
Geübte Läuferin? Schwächelnde Schwangere!
Es fing schon kurz nach dem positiven Schwangerschaftstest an. Ich wurde krank. Erst schniefte und schwitzte ich mit einer Grippe, dann konnte ich vor Übelkeit und Magenkrämpfen kaum mehr essen und trinken. Aus einer “geübten” Läuferin wurde eine schwächelnde Schwangere, die schon nach zwei Stockwerken auf der Treppe schnappatmet.
Selbstverständlich habe ich nicht kampflos aufgegeben.
Ich hatte diese Traumvorstellung, sah mich, wie ich mit meiner Babykugel fit und fidel die Grünanlagen Berlins erlaufe. Wie mir freundliche, sogar bewundernde Blicke von anderen Laufenden entgegenfliegen und wie ich ihre Gedanken lese: “Toll, schwanger und trotzdem tut sie was für sich. Die ist eine von uns.”
Tatsächlich sahen meine ersten Rundungen im Laufoutfit eher aus, als hätte ich mich einen Monat nur von Donuts ernährt. Hinzu kam die Langsamkeit.
Statt bewundernde Blicke zu genießen, kreisten meine Gedanken darum, ob man mir wohl ansieht, dass ich kaum zwei Kilometer hinter mir habe. Bloß die Pulsuhr verstecken. Nicht, dass jemand meine Geschwindigkeit oder Distanz sieht.
Dann kam die Eisenkralle
Jetzt kommt der Teil, an dem ich gerne berichten würde, wie ich mich regelmäßig überwand und schließlich wieder zu einer guten Form fand. Ist aber nicht passiert.
Am Ende war es nicht die Puste, die mir ausging, wie ich befürchtet hatte. Das besserte sich tatsächlich von Lauf zu Lauf. Doch dann kam die Eisenkralle. Mit jedem Meter den ich lief, griff sie fester in meinen Bauch und zog immer weiter nach unten. Teilweise fühlt es sich an, als würde es mir gleich das Kind rausreißen. Das seien die Mutterbänder, sagte mein Arzt.
Sechs Mal habe ich es versucht, bis ich aufgab. Ich sah die Eisenkralle als Signal meines Körpers, aufzuhören.
Aber es gibt zum Glück auch andere Möglichkeiten, sich schwanger fit zu halten – Schwangerschafts-Yoga etwa, Nordic Walking oder Schwimmen. Letzteres gefällt mir besonders gut. Nicht nur, weil ich mich, vom Wasser getragen, nicht mehr fühle wie eine trächtige Elefantenkuh. Sondern, weil ich immer denke, ich bin jetzt quasi ein menschliches U-Boot für mein Kind. Schon cool.
Und trotzdem: Laufen ersetzt das alles nicht.