Anna Achilles trainiert für einen Wettkampf – wirklich jetzt. Ihr Ziel: Sie will schneller laufen als beim letzten Mal. Um das zu schaffen, gibt es nur einen Weg: Intervalle – fies, aber effektiv. Doch Anna will es wissen. Sie stellt sich dem Training
“Schneller, Anna”, brüllt Isa, als ich an ihr vorbei renne. Meine Laufpartnerin steht am Rand der Tartanbahn, ihr Blick auf die Stoppuhr gerichtet: “Gib Gas, noch 200 Meter.” Oh nein, bitte nicht. Meine Lunge explodiert gleich. Ich keuche so laut, dass man mich Kilometer weit entfernt hören muss. Irgendwas Säuerliches kriecht meine Speiseröhre empor. Mir ist kotzübel.
Warum ich mich so quäle? Weil ich Halbmarathon laufen will – unter zwei Stunden. Das bedeutet: Für jeden Kilometer darf ich nicht länger als fünf Minuten und 41 Sekunden brauchen. Momentan unvorstellbar. Ich bin viel zu lahm. Aber es gibt für alles eine Lösung. In diesem Fall heißt sie: Intervalltraining.
Der berühmte Langstreckenläufer Emil Zátopek gilt als einer der Ersten, der diese Trainingsmethode genutzt hat – und er war damit äußerst erfolgreich. 1952 wurde er drei Mal Olympiasieger, auf 5.000-Meter, 10.000-Meter und im Marathon.
Wie geht Intervalltraining?
Intervalltraining ist der Wechsel aus schnellen Passagen und Geh- beziehungsweise Trabpausen. Das klingt harmlos, ist es aber keineswegs. Die Belastungsphase muss nämlich richtig anstrengend sein, nur dann ist das Training effektiv.
Folgende Symptome sind deshalb normal: hecheln, stöhnen, hoher Puls, Übelkeit, Wut. Wenn du anfängst, den Sport zu verfluchen, machst du alles richtig. Richtig fies sind die Pausen zwischen den Belastungseinheiten. Die sind so schnell vorbei, dass man zwar kurz durchschnaufen kann, aber keine Chance hat, sich vollständig zu erholen. Aber auch das muss sein.
Wie schnell und wie lange müssen Intervalle sein?
Als Faustregel gilt: Intervalle läuft man etwas schneller als das geplante Wettkampf-Tempo. Für mein Halbmarathon-Ziel beispielsweise empfiehlt Lauftrainer-Guru Herbert Steffny – der schon Joschka Fischer marathonfit gemacht – Intervalle in einer Geschwindigkeit von 5:20 Minuten pro Kilometer.
Weitere Regel: Je länger der geplante Lauf, umso länger sollten die Intervalle sein. Für mein Halbmarathon-Training bieten sich deshalb 1000-Meter-Intervalle an, mit drei Wiederholungen. Wenn sich jemand auf einen fünf- oder zehn-Kilometer-Lauf vorbereitet, dürfen es auch 400 oder 800-Meter-Intervalle sein. Dann aber mit mehr Wiederholungen, fünf bis zehn Mal.
Warum macht Intervalltraining schneller?
Der Körper ist grundsätzlich ein fauler Hund. Er tut keinen Schlag mehr als nötig. Nach dem Motto: “Wozu etwas tun, wenn es auch so geht?” Wenn man ihn aber immer wieder an seine Grenze treibt, ihm Höchstleistungen abverlangt, dann fängt er an, sich Gedanken zu machen: Brauche ich vielleicht mehr Muskelfasern? Sollte ich das Herz stärken? Mehr Platz in der Lunge für Sauerstoff schaffen?
Das führt dazu, dass sich unsere Ausdauer verbessert. Der Effekt ist enorm. Nach nur ein paar Intervalleinheiten merke ich sofort, wie mir das “normale” Dauerlaufen leichter fällt.
Video: Intervalltraining bei Anna
Was sollte man beachten?
Intervalltraining ist sinnvoll, weil es schneller macht. Aber es sollte nur circa 20 Prozent des Trainings ausmachen, schreibt Sportarzt Matthias Marquardt in der “Laufbibel.” Der Mammutanteil liegt beim Grundlagenausdauertraining, also dem langsamen Laufen bei niedrigem Puls. Beim Intervalltraining kann man sich schnell überlasten und Verletzungen riskieren. Gerade Anfänger*innen sollten deshalb vorsichtig sein. Erst wenn du 60 Minuten entspannt laufen kannst, ist Intervalltraining ratsam.
Welche Varianten gibt es?
Bergsprints: Um sich nach einem langsamen Dauerlauf noch ein wenig auszutoben. Suche dir einen leichten Anstieg, sprinte zehn bis 20 Sekunden lang hinauf. Trab entspannt hinunter und wiederhole das Ganze.
Fahrtenspiel: Während des Laufes wechselst du willkürlich zwischen allen möglichen Belastungsbereichen. Lass dich von der Umgebung inspirieren. Lockeres Traben auf dem Feldweg, Sprints von Baum zu Baum, Steigerungsläufe von Straßenlaterne zu Straßenlaterne. Entscheid dich nach Lust und Laune. Am Ende macht alles schneller, was den Puls in die Höhe treibt. Die Quälerei mag anstrengend sein, aber lohnt sich.