Wie verhalte ich mich als Läufer*in möglichst unpeinlich an Ampeln? Stretchen, hüpfen, nur warten? Trippeln – bloß nicht. Ein Ratgeberbuch muss her.
Die drei großen ungelösten Fragen der Menschheit lauten: Wer steckt im Donald-Trump-Kostüm? Besuchen Außerirdische die Erde nur, weil es hier die coolsten Sneaker gibt? Und wie um Himmels willen verhalten sich laufende Menschen möglichst unpeinlich an roten Fußgängerampeln?
Für erfahrene Sporttreibende ist die Sache klar: Jede Sekunde Regeneration zählt. Daher lässig an den Ampelpfahl lehnen, um mit der Ein-Fingertechnik die Nase zu leeren.
Pulsuhrdrücken und Hüpfen
Alle anderen bilden eine unselige Ampelkoalition, in der Hektik und Irrsinn herrschen. Anfänger*innen wollen maximale Sportentschlossenheit demonstrieren, was im Wald eher schwierig ist, weil da kaum einer guckt.
Deswegen ist darstellendes Bewegen zur Hauptverkehrszeit bei Jogging-Einsteiger*innen so beliebt: Sollen alle sehen, wie hammerfit ich bin, vor allem die adipösen SUV-Piloten mit der Pappschachtel Donuts auf dem Beifahrersitz. Also verschärftes Hüpfen, Skippings oder Stretchen, was trainingstechnisch keinen Sinn macht, aber total aktiv aussieht.
Die Trainingsobsessiven wiederum vertreiben sich die Wartezeit mit hektischem Pulsuhrendrücken: Wo war noch mal die Stopptaste? Wäre ja eine Katastrophe, wenn 23 Sekunden Ampelwarten in die Gesamtzeit eingingen; versaut den Tagesschnitt total.
Geht gar nicht: Trippeln auf der Stelle
Ganz oben in der Rangliste peinlichen Ampelverhaltens steht das Trippeln auf der Stelle. Marathonläufer*innen kennen diese Strategie der sehr kleinen Schritte von der Warteschlange vorm Dixi-Klo.
Läufer*innen über 50 wiederum kennen gar nichts anderes mehr. Eine zunehmend steuerlose Blase beschert älteren Menschen exakt zwei Zustände: Gut 95 Prozent der Lebenszeit, vor allem nachts und beim Laufen, beherrscht wachsender Entleerungsdruck alles Denken und Handeln, dagegen stehen läppische fünf Prozent wohltuenden Erleichterungsgefühls.
Das Leben ist ein langer, unruhiger Harnfluss. Angehende Inkontinenzkandidaten und Ampelhüpfer ahnen: Trippeln hilft nichts, hält aber die Beine wenigstens straff.
Ein Ratgeberbuch muss her
Und dann wären da noch die Rotläufer*innen, die das natürliche Überlegenheitsgefühl aller Freizeitsportelnden ausleben. Entweder mit diesem erhabenen Bessermenschenblick, von wegen: Ich entlaste das Gesundheitssystem, da wird man ja wohl mal kleinere Verkehrssünden begehen dürfen.
Oder mit dem Eh-alles-zu-spät-Gestus, also: Die paar Jahre, die mein Meniskusrest noch nicht vollständig weg geschreddert ist, benehme ich mich halt wie der letzte Husten. Nichtmehrlaufenkönnen oder Knast, wo ist der Unterschied?
Bestseller “Ampelstretching”
Wir fassen zusammen: Die Verhaltensunsicherheiten an der Ampel sind immens, umgehend muss ein Ratgeberbuch her. “Ampelstretching” wäre ein erfolgversprechender Titel, oder “Wartefitness für Eilige”, vielleicht auch “Ampelfit ohne Geräte (bis auf die Ampel)”. Fehlt nur noch “Ampel-Yoga für Veganer” und das kontrovers diskutierte “Rot ist für Loser”.
Klare Sache: Wer warten muss, hat die Grünphase davor nicht geschafft. Der finale Geheimtipp: Einfach mehr Tempo trainieren.