Höhere Körperleistung, mehr Power – oder alles nur erfunden? Isotonische Getränke sollen dem Körper Mineralien zurückgeben und die Muskeln mit Energie versorgen. Warum Apfelschorle während des Sports nicht ratsam ist, wieso Hobby-Athlet*innen anders trinken als Leistungssportler*innen und was Isotonie genau bedeutet, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Malaika Fischer.
Achilles Running:* Frau Fischer, isotonische Getränke werden als Wundermittel angepriesen – bewirken sie wirklich was?
Malaika Fischer: Jeder, der Sport treibt, verliert relativ viel Flüssigkeit. Gerade bei Ausdauersportarten, die länger als eine Stunde dauern, sind isotonische Getränke generell während und besonders nach der Belastung sehr sinnvoll, um die Speicher schnell wieder aufzufüllen. Aber auch nach Aktivitäten wie Walken oder Spazierengehen sind isotonische Getränke eine willkommene Erfrischung.
Und wie viel muss ich trinken?
Das hängt davon ab, ob ich alt oder jung, Frau oder Mann, trainiert oder untrainiert bin. Jemand, der stark schwitzt, hat andere Bedürfnisse als ein Wenigschwitzer. Auch die Temperaturen spielen natürlich eine Rolle. Athleten verlieren bei intensiver Belastung zum Beispiel zwischen ein bis zweieinhalb Liter Flüssigkeit pro Stunde.
“Schorle erst nach der Belastung”
Isotonisch – was heißt das eigentlich?
Isotonische Getränke haben den gleichen osmotischen Druck wie unser Blut. Das heißt, die Anzahl an gelösten Teilchen – an Vitaminen, Kohlenhydraten und so weiter – ist genauso groß wie im Blut. So gehen die wertvollen Inhaltsstoffe des Getränks direkt in die Blutlaufbahn über, denn: Gleich und gleich vermischt sich schneller.
Ich laufe aber nicht länger oder schneller durch diese Drinks, oder doch?
Um einen Trainingseffekt zu erzielen, spielt die Regeneration nach dem Sport eine große Rolle. Dann geht es darum, die Speicher schnell wieder aufzufüllen. Das funktioniert mit isotonischen Getränken ideal. Getränke mit geringer Teilchenkonzentration, wie Wasser, helfen nicht so rasch. Getränke mit zu vielen Kohlenhydraten, wie eine Limo, sind sogar eine Belastung für den Körper.
Ist der Klassiker Apfelsaftschorle nicht das ideale isotonische Sportgetränk?
Eine Apfelsaftschorle ist grundsätzlich gesund, wenn ich sie selbst mische, am besten in einem Verhältnis von ein Drittel Fruchtsaft und zwei Drittel Mineralwasser. Idealerweise sollten Sportler eine Apfelschorle erst nach dem Training und nicht während der Belastung trinken.
Wieso das?
Wird während des Sports Schorle getrunken, beeinträchtigt das den sensiblen Magendarmtrakt, weil die Fruchtsäuren in hohen Konzentrationen die Verdauung beeinflussen können. Da wäre beispielsweise Früchtetee mit ein wenig Kochsalz und Zucker empfehlenswerter.
“Alkoholfreies Bier liefert Energie”
Nach vielen Laufveranstaltungen trinken die Teilnehmer*innen ein alkoholfreies Bier – ist das ratsam?
Ja, denn isotonisches, alkoholfreies Bier liefert Energie und erfrischt enorm. Dabei muss bedacht werden, dass nicht jedes alkoholfreie Bier immer isotonisch ist. Dafür ist eine hohe Kunst der Braumeister erforderlich, die im Brauprozess die Isotonie bestimmen.
Wieso sollte ich überhaupt zu alkoholfreiem Bier greifen, anstatt zu speziellen isotonischen Sportdrinks?
Das Wasser, die richtigen Vitamine, die natürlichen Polyphenole und die Kohlenhydrate im alkoholfreien Bier sind essenziell nach der Bewegung. Das beweisen zahlreiche wissenschaftliche Studien, die in renommierten Journalen international veröffentlicht wurden.
Bier ist zudem ein natürliches Produkt – im Gegensatz zu den chemisch hergestellten Sportdrinks. Bei Bier gibt es aufgrund des Reinheitsgebots nur die Möglichkeit, aus vier Inhaltsstoffen zu wählen: Wasser, Weizen- und Gerstenmalz, Hopfen und Hefe. Zusatzstoffe sind verboten.
Das heißt aber auch: Alkoholfreies Bier ist ein gutes Sportgetränk für danach, aber nicht sinnvoll während der Belastung?
Richtig. Während des Sports ist der Magendarmtrakt sensitiver, daher kann die Kohlensäure zu Magengrummeln führen.
Was wiederum für fertige Iso-Drinks sprechen würde: Die haben meist keine Kohlensäure.
Dafür haben diese Drinks oft viel Zucker. Da sollte man auf die Zutatenliste schauen und wenn dort Zucker an erster Stelle steht, den Drink gleich wieder ins Regal stellen.
Aber Zucker gibt doch Energie?
Für Leistungssportler kann es wichtig sein, schnell an eine große Menge an Zucker und Kalorien zu kommen. Sie verbrennen diese Energie aber auch sofort wieder. Hobbyläufer hingegen sollten von hochkonzentrierten Sportdrinks eher absehen – besonders wenn sie durchs Laufen abnehmen möchten.
Zur Person: Dr. Malaika Fischer ist promovierte Ernährungswissenschaftlerin und Abteilungsleiterin für Forschung und Entwicklung bei der Privatbrauerei ERDINGER Weißbräu. Sie hat sich während des Studiums und der Promotion in Deutschland und Schweden im Fachgebiet der Sporternährung und Ernährungsmedizin spezialisiert.
*Um die Aussagen der Interviewpartnerin nicht zu verfälschen, werden lediglich die Fragen gegendert.