Der Handstand ist buchstäblich eine Gratwanderung – und ein Beleg für Körperspannung, Gleichgewichtssinn und innere Ausgeglichenheit. Wer kopfüber die Balance halten will, benötigt etwas Mut, viel Übung – und kräftige Finger.
Wie geht ein Handstand?
Beim klassischen Handstand setzt man die Hände etwa schulterbreit, parallel auf den Boden auf. Die Finger zeigen nach vorne. Die Beine werden in die Luft geschwungen, die Arme gestreckt, bis man mit einer geraden Körperhaltung auf den Handflächen steht. Die Füße und Beine sind ebenfalls gestreckt.
Wie geht‘s nicht?
Die größte Schwierigkeit beim Handstand besteht darin, die Überkopf-Position für einige Sekunden zu halten. Damit mehr daraus wird, als “ein Augenblick mit zwei gehobnen Beinen” (Erich Kästner, “Der Handstand auf der Loreley”) sollte man nicht versuchen, die fehlende Balance durch einen Hohlkreuz-Rücken auszugleichen.
Wichtig ist deshalb: Bauch-, Rumpf- und Gesäßmuskeln anspannen, Rücken “rund” machen und die Arme aus den Schultern heraus strecken.
Viele scheitern an der Übung, weil sie die Hände zu weit oder zu eng aufgestellt haben, die Arme nicht durchgedrückt sind oder die Beine nicht gestreckt werden. Bei vielen ist nicht unbedingt die fehlende Kraft ausschlaggebend, sondern die mangelnde Technik, beziehungsweise die Angst vor dem (Um-)Fallen.
Was bringt ein Handstand?
Ein Handstand erfordert eine grundlegende Körperspannung, Mobilität und Stabilität in den Handgelenken und ein ausgewogenes Kraftverhältnis in Armen, Rumpf und Schultern.
Sehr wichtig fürs Gleichgewicht: das richtige Ausbalancieren durch die Finger. Wer für einen Handstand trainiert, stärkt und stabilisiert den gesamten Körper.
In manchen Yogakreisen wird behauptet, dass Auf-dem-Kopf-Stehen das Gehirn besser durchblutet. Noch ist wissenschaftlich nicht ganz geklärt, welchen Effekt ein Handstand hat.
Es ist aber davon auszugehen, dass Turnübungen die Blutversorgung im Hirn nicht verändern. Dafür ist das komplexe Gefüge des Hirns viel zu sehr von Natur aus geschützt.
Unbestritten aber ist, dass es mental bereichernd sein kann, mal die Perspektive zu wechseln, die eigene Welt auf den Kopf zu stellen und Ängste zu überwinden.
Wie schaffe ich einen Handstand?
Vorübungen zum Handstand könnten sein:
- Liegestütze – vor allem in umgekehrter V-Form (Gesäß nach oben strecken), mit gestreckten Armen und Beinen
- Handstand an der Wand, die Füße stützen sich an der Wand ab. Je besser es klappt, desto mehr kann man von der Wand abrücken
- Wer beim Handstand nach vorne kippt, muss die Fingerspitzen in den Boden drücken, um die Balance zu halten. Wer nach hinten kippt, gibt Druck auf die Handballen. Daher ist es wichtig, die Fingerkraft zu stärken
- Handgelenke vorher aufwärmen, indem man sie kreist
Welche Variationen gibt es?
Für die meisten ist ein einfacher Handstand schon das Höchste der Gefühle. Wenn man einmal die ersten Hürden gemeistert hat und für mehrere Sekunden sicher im Stand verharren kann, kann man den Handstand akrobatisch erweitern. Beliebte Variationen sind:
- Handstand-Überschlag: ein gesprungener Handstand
- Handstand-Liegestütze
- Handstand mit gespreizten/ angewinkelten Beinen oder Arme
- Handstand auf einem Arm und vieles mehr
- Gehen im Handstand
Wer macht es?
Schon zu Turnvater Jahns Zeiten im 19. Jahrhundert war der Handstand ein beliebtes Mittel der Körperertüchtigung. Seitdem gehört die Übung in vielen Sportarten zur Grundausbildung. Turner etwa lernen den Handstand schon in jungen Jahren.
Bei der brasilianischen Kampfsportart Capoeira geben die Athleten der statischen Übung eine rhythmisch-tänzerische Komponente. Hier wird er, ebenso wie beim Breakdance, auch oft einarmig präsentiert.
“Adho Mukha Vrksasana” nennt sich der Handstand im Yoga, was übersetzt so viel heißt wie: Der Baum, der auf dem Kopf steht. Manchmal wird aus dem Baum aber auch ein Krokodil, nämlich dann, wenn der Ausübende vom senkrechten Handstand in eine horizontale 90-Grad-Position geht.
Cheerleader und andere Akrobaten zeigen den Handstand gerne auch Hand-in-Hand. Wasserspringer beginnen manche Choreographien Hals über Kopf und Voltigierer zeigen den Handstand auf einem laufendem Pferd.
Was für Handstand-Rekorde gibt es?
Der Australier Aerial Manx schaffte es, 8,47 Sekunden im Handstand zu stehen. Nicht viel? Er zeigte den Handstand auf Scherben und schluckte dabei ein Schwert.
Jennifer Stanley aus den USA drehte sich 30 Mal um die eigene Achse, während sie sich im Handstand befand. Und ihr Landsmann Sam Tartamella fuhr rund 690 Meter auf einem Skateboard in Handstand-Position.
Besonders eindrucksvoll ist die Leistung von Johann Hurlinger. Der Österreicher lief 1900 von Paris nach Wien – 1400 Kilometer auf seinen Händen. Er lief jeden Tag rund zehn Stunden kopfüber und erreichte nach 55 Tagen das Ziel.