Ist stilles Wasser gesünder als kohlensäurehaltiges? Müssen es wirklich drei Liter am Tag sein? Ist lauwarm besser als kalt? Mythen rund ums Trinken gibt es viele. Achilles Running klärt auf.
Irrtum 1: Wer Durst hat, trinkt zu spät
Manche Menschen gibt es nur im Doppelpack mit ihrer Wasserflasche. Alle fünf Minuten nippen sie daran, auch wenn sie gar keinen Durst haben. Andere lassen sich via Handy-App ans Trinken erinnern.
Viele glauben, man müsse trinken, bevor sich ein Durstgefühl einstellt. “Unsinn”, sagt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop. “Durst ist ein Signal des Körpers. Damit will er sagen: Ich brauche jetzt Wasser, nicht früher und nicht später.”
Laut Knop ist die Regel einfach: Trinken, wenn man durstig ist. Das gilt gemäß aktuellem Konsens eines internationalen Expertengremiums übrigens auch für Sportler*innen: Selbst Marathonläufer*innen sollten nur dann trinken, wenn sie wirklich Durst verspüren (siehe Irrtum 2).
Irrtum 2: Zu viel trinken gibt es nicht
Leider doch. Immer wieder – wenn auch insgesamt eher selten – versterben Teilnehmer bei Wettkämpfen, weil sie zu viel trinken. Hyponatriämie heißt das Phänomen in der Fach-, Wasservergiftung in der Umgangssprache.
“Das Phänomen tritt zum Glück nur selten auf”, erklärt Knop: “Die Ursache: ein zu niedriger Natriumgehalt im Körper. Wenn man viel schwitzt, verliert der Körper Salz. Trinkt man gleichzeitig zu viel natriumarmes Wasser, beispielsweise Leitungswasser, sinkt der Salzgehalt im Blut und im Gewebe immer weiter – und diese ‘Zu viel Wasser zu wenig Salz’-Kombination kann zu Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerz und im schlimmsten Fall zum Tod führen.”
Betroffen seien vor allem Sportler*innen mit großer Ausdauerbelastung wie beim Ironman oder einem Marathon. Sie sollten darauf achten, natriumreiche Getränke zu sich zu nehmen bzw. den Salzverlust über die Nahrung auszugleichen.
Irrtum 3: Bei Hitze mindestens drei Liter Wasser trinken
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, bei Hitze mindestens drei Liter Wasser am Tag zu trinken. Doch die Frage nach der Wassermenge lässt sich pauschal nicht beantworten.
“Wie viel Wasser ein Körper benötigt, ist individuell verschieden”, sagt Uwe Knop. Entscheidend für den Flüssigkeitsbedarf seien Alter, Körpergewicht, Temperatur, Kondition und Anstrengung.
Wer in einem vollklimatisierten Büro arbeitet, benötigt weniger Wasser als ein*e Arbeiter*in auf einer Baustelle in der prallen Sonne. Wer am See faulenzt, muss weniger trinken als ein*e Marathonläufer*in.
Hinzu kommt: “Auch über die Nahrung und mit Kaffee wird bereits viel Flüssigkeit aufgenommen”, sagt Knop. Wichtiger als sich an Zahlen zu orientieren, sei es deshalb, auf seinen Körper und sein Durstgefühl zu hören.
Irrtum 4: Kein kaltes Wasser trinken
Einmal bitte vorstellen: Es ist richtig heiß, man schwitzt überall und hat großen Durst. An was denkt man jetzt? An ein Glas mit lauwarmem Leitungswasser? Eher nicht.
Viele Ratgeber empfehlen aber genau das: Bei Hitze solle man keine kalten Getränke konsumieren. Aber stimmt das auch?
Expert*innen sind sich uneinig. Klimatologin Angela Schuh erklärt, dass der Körper auf die zugeführte Kälte mit einer Verengung der Blutgefäße reagiere und sich von innen wieder aufheize.
Uwe Knop dagegen empfiehlt zu trinken, worauf man Lust hat. “Sich zu etwas zu zwingen, was man nicht möchte, macht langfristig nur unglücklich, denn es befriedigt essenzielle Körperbedürfnisse nicht”, findet der Ernährungswissenschaftler.
Außerdem gäbe es keine wissenschaftlichen Beweise, dass lauwarmes Wasser tatsächlich besser sei als kaltes.
Irrtum 5: Stilles Wasser ist gesünder als Kohlensäurehaltiges
Ebenfalls ein Irrtum. Kohlensäure hat zwar den Nebeneffekt, dass man aufstoßen muss – vielleicht kommt daher der schlechte Ruf. Ungesünder ist kohlensäurehaltiges Wasser aber nicht.
“Es ist eine Frage des Geschmacks”, sagt Knop. “Manche trinken ihr Wasser lieber still, manche lieber mit Sprudel.” Entscheidend ist, wie das Wasser dem Körper bekommt.
Während des Sports ist es ratsam, eher stilles Wasser zu trinken. Kohlensäure übt einen leichten Dehnungsreiz auf den Magen aus – für manche Sportler*innen unangenehm.
Außerdem vermeidet man mit stillem Wasser Schluckauf. Letzten Endes ist es wichtig, auf seinen Bauch zu hören. Der eigene Körper weiß meistens am besten, was gut für ihn ist.