Der Schlüssel zur Bestzeit könnte in deinem Chronotyp liegen! Gemeinsam mit Chronobiologe und Sportwissenschaftler Dr. Jan-Frieder Harmsen machen wir in dieser Folge einen Deepdive in den zirkadianen Rhythmus: Du erfährst, wie du dir zum Beispiel Licht, Körpertemperatur & Co. zunutze machen kannst, um z.B. deinen Körper schneller aufs Training vorzubereiten oder auch deine Schlafqualität (und somit Regeneration) zu verbessern.
Chronotypen – wie unterscheiden sie sich?
Jeder Mensch folgt einem ganz eigenen Rhythmus: Manche sind morgens sofort hellwach, andere brauchen etwas länger, um in die Gänge zu kommen – oder drehen am Abend erst richtig auf. Diese Unterschiede sind kein Zufall. Sie hängen eng mit unserer inneren Uhr zusammen. Die Frage ist: Könnten wir Schlaf, Regeneration und Training verbessern, wenn wir unseren Alltag stärker an diesem biologischen Takt ausrichten? Genau hier setzt die Chronobiologie an. Sie untersucht, wie biologische Prozesse im Körper zeitlich gesteuert werden. Dabei geht es nicht nur darum, wann wir wach oder müde sind. Auch die Hormonproduktion, der Stoffwechsel und unsere körperliche Leistungsfähigkeit folgen einem ganz bestimmten Zeitmuster. Im Zentrum steht dabei der zirkadiane Rhythmus.
Auf Grundlage dieses Rhythmus lassen sich verschiedene Chronotypen unterscheiden. Die bekanntesten: Lerchen (Frühtypen), Eulen (Spättypen) und Tauben (Mischtypen). Jeder dieser Typen hat individuelle Aktivitäts- und Leistungshochs – mental als auch körperlich. Während Lerchen früh am Morgen produktiv sind, erreichen Eulen ihre Höchstform meist erst am späten Nachmittag oder Abend.
Doch warum gibt es diese Unterschiede überhaupt? Evolutionsbiologisch ergibt das durchaus Sinn. In frühen Menschengruppen konnte eine zeitlich versetzte Schlafverteilung ein Vorteil sein – jemand war immer wach, um auf potenzielle Gefahren zu achten. Auch genetisch lässt sich der Chronotyp zumindest teilweise erklären. Kleine Abweichungen in unserer inneren Uhr – zum Beispiel durch bestimmte Genvarianten – beeinflussen, wie lang unser „natürlicher Tag“ ist und wann wir uns am leistungsfähigsten fühlen.
Welche Einflüsse gibt es?
Genetik spielt eine Rolle – aber sie ist längst nicht der einzige Faktor. Viel entscheidender ist das Licht. Tageslicht am Morgen sendet dem Körper das Signal, dass der Tag beginnt. Wer sich früh dem natürlichen Licht aussetzt, verschiebt den eigenen Rhythmus nach vorn. Umgekehrt kann spätes, künstliches Licht – insbesondere mit hohem Blauanteil – dazu führen, dass wir später müde werden. Wer abends also lange vor Bildschirmen sitzt oder unter hellen LED-Lampen lebt, verschiebt seine innere Uhr. Ein zentraler Mechanismus dahinter ist das Hormon Melatonin. Es wird bei Dunkelheit ausgeschüttet und wirkt wie ein Startsignal für die nächtliche Erholungsphase.
Doch nicht nur Licht beeinflusst unseren Takt. Auch die Körperkerntemperatur folgt einem täglichen Rhythmus: Tagsüber steigt sie leicht an, am Abend fällt sie wieder ab – dies erleichtert das Einschlafen. Diese Temperaturkurve lässt sich gezielt unterstützen. Ein warmes Bad am Abend kann helfen, den Körper auf den Schlaf vorzubereiten. Ein kaltes Bad hingegen wirkt eher anregend – erklärt Frieder.
Auch andere Faktoren spielen hinein: Stress, Ernährung, Bewegung oder auch das Alter. Kinder und Jugendliche tendieren eher zum Spättyp, im Laufe des Lebens verschiebt sich der Rhythmus bei vielen wieder nach vorn. Der Chronotyp ist also keine festgelegte Eigenschaft – sondern etwas, das sich immer wieder verändern kann.
Trainieren nach Chronotyp
Wie bereits erwähnt, kann der Chronotyp unsere Leistungsfähigkeit beeinflussen – und damit auch unsere Performance beim Laufen. Besonders bei intensiven Einheiten spielt das Timing eine Rolle. Lerchen profitieren eher von morgendlichen Reizen, während Eulen ihre Höchstform meist am späten Nachmittag oder Abend erreichen. Studien zeigen: Wer im Einklang mit seinem natürlichen Rhythmus trainiert, kann mehr Leistung abrufen.
Doch die gute Nachricht für alle mit festen Trainingszeiten: Der Körper ist anpassungsfähig. Wer regelmäßig zur gleichen Uhrzeit trainiert, verschiebt seinen Rhythmus nach und nach. Gerade für Nachteulen, die sich auf frühe Wettkämpfe vorbereiten, ist das entscheidend. Um sich gezielt umzustellen, lohnt es sich, schon einige Wochen vor dem Event anzufangen: morgens früher aufstehen, direkt Licht tanken, Koffein gezielt einsetzen, abends die Bildschirmzeit reduzieren. Entscheidend ist dabei ein langsames Vorgehen – am besten in Schritten von 30 bis 60 Minuten pro Tag.
Auch die Ernährung spielt eine Rolle. Eulen essen häufig später – was sich auf den Stoffwechsel und die Regeneration auswirken kann. Wer spät trainiert, sollte auch entsprechend spät essen dürfen, solange die Qualität und das Timing stimmen. Gerade bei intensiven Einheiten ist es sinnvoll, die Kohlenhydratspeicher vorher gut zu füllen. In der Regeneration zeigt sich: Wer dauerhaft entgegen seinem natürlichen Rhythmus lebt – etwa Spättypen mit frühem Arbeitsstart – braucht häufig mehr Erholung. Chronischer Schlafmangel oder ein verschobener Tag-Nacht-Rhythmus können Anpassungseffekte ausbremsen.
Wie viel bringen Blaulichtbrillen? Und gibt es noch weitere Sachen, die wir beachten sollten? Das hört ihr in der Folge: auf Spotify, Apple Podcasts oder auch auf YouTube (im Videoformat!).