Brauchen Läufer Pulsuhren? Oder ist der Pulsmesser nur technischer Schnick-Schnack? Wie berechnet man seinen Maximalpuls? Und welche Pulsuhr-Modelle braucht man fürs Joggen im Park oder beim Marathon-Training?
Zum Laufen braucht man keine Pulsuhr
Um es gleich vorweg zu nehmen: Zum Laufen braucht man keine Pulsuhr! Mit Pulsuhren ist es wie mit Handys. Während es vor einigen Jahrzehnten überhaupt keine schnurlosen Telefone gab, scheinen sie heute überlebenswichtig.
Und genauso möchte man meinen, dass kein einziger Schritt mehr möglich ist, ohne zeitgleich eine Information über das Tempo seines Herzschlags zu bekommen. Doch genauso wie früher zwei Liebende auch ohne SMS zu einander fanden, so sicher kommt ein*e Läufer*in ohne Pulsuhr ans Ziel.
Aber: Pulsuhren sind nicht nur die Idee einer höchst profitablen Sportgeräteindustrie. Richtig angewendet erfüllen sie durchaus ihren Sinn und Zweck. Um seine Leistung zu optimieren und dafür effizient zu trainieren, kann der Einsatz hilfreich sein.
Auch wer unter der Maßgabe der Gesundheitsvorsorge läuft, hat mit einer Pulsuhr ein gutes Steuerungsinstrument, um das richtige Maß der Belastung zu finden. Warum der Puls beim Laufen wichtig ist, erfährst du hier.
Herzfrequenzen bestimmen Training
Für Läufer*innen, die oft auf demselben Belastungslevel trainieren und sich schwer damit tun, innerhalb ihrer Trainingswoche einen guten Tempomix zu erreichen, können Pulsuhren hilfreich sein.
Und im Zeitalter des Online-Trainings ist die Methode mit der Vor- bzw. Angabe von Pulswerten.
Wer sich bei seiner Trainingsintensität an der Herzfrequenz orientieren möchte, muss den Wert seiner:ihrer maximalen Herzfrequenz, HFmax, kennen. Der sicherste Weg, diese herauszufinden, ist eine Leistungsdiagnostik mit verschiedenen Belastungsstufen.
Vor allem, unerfahrenen Läufer*innen und Laufanfänger*innen würde ich vor der Aufnahme ihres Trainings eine solche Diagnostik empfehlen, ebenso Patienten, denen auf ärztlichen Rat mehr Bewegung verordnet wird. Die Kosten für diese Diagnostiken sind gut investiertes Geld.
Denn die verschiedenen Varianten, mit denen ein*e – gesunde*r! – Läufer*in seine HFmx bestimmen kann, setzen etwas Lauferfahrung und eine gewisse Belastungsverträglichkeit voraus.
Wie Läufer ihren Maximalpuls bestimmen
Ein einfacher Test: gut 15 Minuten lang locker einlaufen und dann dreimal 3 Minuten jeweils die erste Minute flott, die zweite noch schneller und die dritte in vollem Tempo. Nach jeder 3-Minuten-Belastung 2 Minuten Trabpause. Die Herzfrequenz, die am Ende des letzten 3-Minuten-Intervalls erreicht wird, ist der Maximalpuls.
Bei einem lockeren Grundlagen-Dauerlauf liegt die Pulsbelastung bei 70 bis 75 Prozent der HFmax. Bei einem schnellen Dauerlauf bis hin zum Tempodauerlauf erhöht sich der Pulsschlag bis zu 85 Prozent der HFmx. Und bei Tempoläufen oder Fahrtspielen liegt er bei 90 Prozent der HFmax.
Einfluss auf die Pulswerte haben neben dem Grad der Belastung auch die generelle Fitness, die Tagesform, wie gut oder schlecht man geschlafen oder gegessen hat, ob man gestresst oder ausgeruht ist. Pulsuhren wiederum können verfälschte Werte anzeigen: Stromleitungen, Autoverkehr, Pulsmessgeräte von Mitläufern oder Handys können die Daten beeinflussen.
Nicht nur deshalb ist es wichtig, sich nicht nur auf die Technik zu verlassen, sondern auf seine eigene, innere Pulsuhr. Die Natur hat jedem Menschen mit dem Herz ein eigenes Schlagwerk eingebaut, das – bei allem ausgefeilten Hightech – eine zuverlässige Informationsquelle ist.
Wer auf sein Herz hört und sich nicht zum Sklaven der Technik und zum abgängigen Hightech-Jünger macht, wird das Laufen in seiner Natürlichkeit fühlen und spüren, wie locker oder hart man trainiert.
Puls bestimmen: Hand aufs Herz
Was uns Läufer*innen früherer Generationen voraus hatten, ist das ureigenste Gefühl für den Grad einer Anstrengung: Frei von jeglichen Hilfsmitteln bewusst zu fühlen, was lockeres oder intensives Training ist, hatte uns die pulsuhrfreie Läufer*innenschaft voraus.
Atmung und Beine waren – und sind es immer noch – die Gradmesser für sportliche Anstrengung. Körper und Tempogefühl waren die Instrumente für die Steuerung des Trainings.
Daher würde ich auch heute jedem*r Läufer*in empfehlen, für einzelne Trainingseinheiten die Pulsuhr zuhause zu lassen, sich auf sein Körpergefühl zu verlassen bzw. dieses zu schulen oder wiederzuentdecken.
Vor allem junge Nachwuchsläufer*innen, die ich trainiere, lasse ich nach einem Training schätzen, wie hoch ihr Puls ist: einfach Hand aufs Herz und die Schläge zählen. Vor einem lockeren Dauerlauf sage ich ihnen, dass sie einen flüssigen Schritt finden sollen und ein Tempo, bei dem sie ruhig und tief atmen und sich problemlos unterhalten können.
Schwierige Wahl: die richtige Pulsuhr
Das Angebot an Pulsuhr-Modellen ist vielfältig. Oft sind individuelle Vorlieben, Tragegefühl und Optik Kauf-Faktoren. Die vom Läufer-Magazin “Runners World” in seinem Vorjahres-Vergleich von verschiedenen Modellen vorgenommene Einteilung in drei Gruppen ist sinnvoll:
- Einsteiger-Pulsuhren zeigen die grundlegenden Werte, ohne durch allzu viele Funktionen zu verwirren.
- Aufsteiger-Pulsuhren bieten Zusatzfunktionen, mit denen sich Pulswerte sinnvoll analysieren oder gezielt programmieren lassen. Darüber hinaus sind mitunter Funktionen oder Techniken zur Distanzmessung dabei.
- “Profi”-Pulsuhren schließlich eignen sich zur Trainingssteuerung und -analyse. Dass die Wahl des richtigen Modells eine Herausforderung ist, zeigt die Produktpalette eines führendes Herstellers: Allein der hat aktuell 22 verschiedene Pulsuhren im Katalog.
Meine Empfehlung: Um ein gutes Laufgefühl zu bekommen, ist weniger durchaus mehr.