Laufen ist gesund, Marathon schadet dem Körper. Stimmt das? Und wenn ja, warum? Oder ist das alles Panikmache? Wie kann man sich vor Überlastungen schützen?
Wenn wir Lehren aus der Geschichte ziehen wollen, scheint der Marathon keine kluge Distanz für Sportler*innen zu sein. Grund zur Sorge gibt der Lauf des legendären Boten Pheidippides, brach er doch tot zusammen, nachdem er die Kunde vom Sieg über den Gegner aus Persien von Marathon nach Athen trug.
Diese geschichtsträchtigen 40 Kilometer liegen jedoch weit zurück und so starten jährlich etwa 130.000 Menschen bei einer der fast 200 Marathonveranstaltungen in Deutschland. Heftig diskutiert wird nach wie vor aber die Frage, ob ein solches Rennen förderlich für die Gesundheit ist oder ob es ihr gar schadet.
Statistisch gesehen kann von einem Todesfall auf 110.000 Startern bei Marathonläufen ausgegangen werden. Grund genug, das “Marathon-Paradox” einmal aufzugreifen. Das besagt, dass Laufen grundsätzlich positiv auf Bänder, Sehnen, das Herz und das Immunsystem wirkt, dieselben Effekte aber für einen Wettkampf über 42,195 Kilometer nicht gelten.
Das Herz und der Bewegungsapparat würden bei einem Marathon möglicherweise geschädigt, und so wird der Marathonlauf mit Todesfällen und orthopädischen Beschwerden in Verbindung gebracht.
Belastung von etwa 5.000 bis 8.500 Tonnen
Es ist unstrittig, dass der Körper beim Laufen sehr starken Kräften ausgesetzt ist. Auf Asphalt fängt der Organismus bei jedem Schritt circa das 2,5 bis 3,5-Fache seines Gewichts ab. Ein*e Läufer*in muss bei einem Marathon also mit einer Belastung von etwa 5.000 bis 8.500 Tonnen rechnen. Diese unvorstellbare Last verteilt auf ungefähr 35.000 Schritte und die entsprechende Aktivitätsdauer.
Die Angst vor der Summe dieser Strapazen für sich alleine genommen scheint zu kurzsichtig. Zu beachten ist weiterhin, dass zahlreiche externe Faktoren eine wichtige Rolle darstellen. Beispielsweise sind die Anforderungen auf Asphalt andere als auf Waldboden.
In Studien zeigte sich, dass Knieprobleme der Probanden eher auftraten, wenn sie auf Asphalt liefen. Reizungen und Probleme der Achillessehne scheinen hingegen eher auf Waldboden zu entstehen. Beschwerden und Überlastungen kommen abhängig vom Wochenumfang und deutlich häufiger bei Laufanfänger*innen vor.
Akute Schäden sind beim Marathon eher selten
Akute Verletzungen treten bei einem Marathon und beim Lauftraining selten auf. Gerade im Vergleich zu anderen Sportarten ist das Verletzungsrisiko und der Schweregrad gering. Schäden betreffen eher Überlastungen mit geringem bis mittlerem Beschwerdegrad, die jedoch eher von längerer Dauer sind.
Da akute Schäden selten sind, stellt sich die Frage nach möglichen dauerhaften Schäden am Bewegungsapparat durch das Marathonlaufen.
Auf der einen Seite stehen dabei die großen Belastungen, die der Laufende im Laufe der Zeit seinem Bewegungsapparat zumutet, auf der anderen Seite findet sich das enorme Anpassungspotenzial aller Gewebestrukturen.
Während Muskeln und auch das Herz-Kreislauf-System tendenziell schnelle Adaptationen zeigen, sind die passiven Strukturen aufgrund ihres langsameren Stoffwechsels erst mit zeitlicher Verzögerung angepasst. Insgesamt müssen wohl rund 30 bis 75 Prozent aller Läufer*innen im Verlauf ihrer sportlichen Karriere mit Überlastungsschäden rechnen.
Das Risiko steigt dabei mit den Trainingsumfängen und nimmt bei einem Ausmaß von über 60 Kilometern pro Woche das größte Risiko ein. Außerdem wird Laufanfänger*innen ein höheres Beschwerderisiko zugeschrieben.
Zusammenfassend deuten aktuelle Studien darauf hin, dass das Absolvieren eines Marathons keine unmittelbar negativen Wirkungen auf den Bewegungsapparat einer*s gesunden Sportlers*in hat. Selbst kurzfristige Veränderungen, wie ein Flüssigkeitsanstieg in den Gelenken, entwickeln sich schnell zurück.
Man kann also davon ausgehen, dass die positiven Effekte des Trainings, auch im Hinblick auf einen Marathon, überwiegen. Schäden durch einen Marathon sind bei einer*m trainierten Läufer*in nicht zu erwarten. Ähnliches gilt für eine chronische oderakute Schädigung des Herzmuskels.
Regelmäßige Gesundheitsuntersuchung ist ein Muss
Das Marathon-Paradox beschreibt, dass akute körperliche Anstrengung das Risiko, an einem plötzlichen Herztod zu sterben, erhöht, während regelmäßiges Training davor schützt, doch die Wirklichkeit sieht anders aus.
Bei genauer Betrachtung der Studien zeigt sich, dass im Verlauf eines Marathons ein gesundes und durch regelmäßiges Training angepasstes Herz keinen Schaden nimmt. Allerdings können bei älteren Starter*innen unentdeckte Herzmuskelschäden nicht ausgeschlossen werden, sodass eine regelmäßige Gesundheitsuntersuchung für jede*n Läufer*in zur Pflicht gehören muss!
Grundprobleme wie beispielsweise strukturelle Fehlstellungen im Kniegelenk, dem Fußgewölbe oder auch am Becken sind mögliche Auslöserfür schmerzhafte Reizungen oder Entzündungsprozesse.
Läufer*innen, die keinerlei Krafttraining, Lauf-ABC oder Gymnastik betreiben, können zudem funktionelle Fehlstellungen entwickeln. Wenn Läufer*innen auf eine systematische, regelmäßige und langfristig angelegte Vorbereitung wert legen, sollte Marathonlaufen zu einem gesundheitlich unbedenklichen Erlebnis werden.
Wichtig ist aber dabei, stets auf das eigene Körpergefühl zu hören und kein Training oder Wettkampf zu unterschätzen.
Das ist ein Text von unserem Kooperationspartner RUNNING – Das Laufmagazin. Es erscheint einmal im Monat. Das Heft kostet 4,90 Euro.