Sie bleibt sitzen, wenn andere schon längst weggelaufen sind: Michaela Butz ist Weltmeisterin im Extrem-Saunieren. Im Interview erklärt sie, warum ihr Sport gefährlich sein kann und gibt Tipps für Sauna-Anfänger*innen.
Achilles Running: Frau Butz, Sie sind amtierende Sauna-Weltmeisterin, brutzeln bei 110 Grad minutenlang in der Saunakammer. Was macht daran Spaß?
Michaela Butz: Ich gehe in die Sauna, seitdem ich fünf Jahre alt bin. Vor zwei Jahren habe ich das Saunieren bei extremer Hitze kennengelernt, bei der Weltmeisterschaft war ich noch eine absolute Newcomerin. Mein Sieg galt als Sensation, normalerweise finden Sie nur Finn*innen oder Russ*innen auf den vorderen Plätzen. Und bei Wettkämpfen ist es doch so: Wenn man besser ist als die anderen, macht es Spaß.
Aber ist dieser Sport nicht wahnsinnig strapaziös?
Es ist nicht so, dass man mit Verbrennungen aus der Sauna kommt. Natürlich ist die Haut schon mal krebsrot. Das geht aber nach einer halben Stunde vorüber. Es ist alles eine Frage des Trainings. In meinem Saunasportverein “Die Saunaritter” trainieren wir drei, vier Mal pro Woche die Belastbarkeit der Haut und die richtige Atemtechnik.
Klingt alles recht locker. Aber vergangenes Jahr starb bei der Weltmeisterschaft in Finnland ein russischer Teilnehmer.
Es ist eine Extremsportart – und die sind nie ganz ungefährlich. Außerdem muss man wissen, dass bei dem verstorbenen Russen Schmerzmittel und eine lokale Betäubung nachgewiesen wurden. Er konnte die Hitze nicht mehr spüren.
Auch der andere Final-Teilnehmer, ein Finne, kollabierte.
Ja, er lag im Koma und hat wohl nur überlebt, weil er so kräftig gebaut ist und dadurch die Hitze besser vertragen konnte. Der Russe dagegen bestand nur aus Haut und Knochen. Das war wirklich eine tragische WM.
Deshalb hat der Veranstalter die WM 2011 abgesagt. Ob es 2012 weitergehen wird, ist unwahrscheinlich. Muss man da nicht noch stärker reglementieren und kontrollieren?
Alle Teilnehmer*innen müssen ein ärztliches Attest vorlegen, die Regel galt auch schon 2010. Jetzt achten die Schiedsrichter*innen aber noch viel stärker auf den Zustand der Wettkämpfer*innen. Und bei den Deutschen Meisterschaften steht vor jeder Sauna ein Arzt oder eine Ärztin und mit den Sportler*innen Augenkontakt.
Ich war auch schon in der Situation, dass mein Kopf sagte: Bleib sitzen! Aber wenn es zu heiß wird, laufen meine Füße los. Für mich selbst kann ich sagen: Mir geht’s nach jedem Training oder Wettkampf gut.
“In der Sauna denke ich an einen Spaziergang am Nordpol.”
Erklären Sie, warum halten Sie es länger in der Hitze aus als andere?
Ich bin das Saunieren seit der Kindheit gewöhnt. Womöglich bin ich auch schmerzresistenter als andere. Männer können es in der Sauna übrigens länger aushalten als Frauen. Sie haben eine dickere Haut und schwitzen doppelt so viel wie Frauen. Das macht die Hitze erträglicher.
Woran denken Sie, während Sie bei einem Wettkampf in der Sauna schmoren?
An etwas Kaltes.
Und zwar?
Einen Spaziergang am Nordpol zum Beispiel. “Eisbären zählen” nennen wir Sauna-Sportler*innen das im Spaß. Ich versuche außerdem, mein Umfeld auszublenden und ruhig zu atmen. Schlecht ist dagegen, wenn man sich selbst bemitleidet. Dann wird man panisch und hektisch.
Haben Sie manchmal Angst, umzukippen?
Nein, habe ich noch nie gehabt. Wenn ich mal an meine Grenze stoße, gibt mir mein Körper deutliche Signale. Ich kann dann meinen Herzschlag hören und gehe sofort raus aus der Sauna. Aber mir war noch nie schwindlig oder schlecht.
“Ein Saunabesuch sollte niemals in Stress ausarten.”
Wie viel Zeit verbringen Sie in der Sauna?
20, 30 Stunden pro Woche. Da sind aber Training und Saunagänge zur bloßen Entspannung eingerechnet.
Manche Leute halten es nicht mal bei 60 Grad lange in der Sauna aus. Haben Sie einen Einstiegs-Tipp?
Wer 60 Grad nicht aushält, ist vielleicht am Nordpol besser aufgehoben. Ansonsten ist ein häufiger Fehler, nur durch Nase oder nur durch Mund zu atmen. Das überfordert die Organe. Besser ist es, die Atmung zu verteilen. Allerdings ist die Atemtechnik nur bei heißen Saunagängen wichtig. Bei 60 Grad kann man bedenkenlos durch Nase oder Mund atmen. Grundsätzlich sollte man bei jedem Saunagang nur so lange in der Kammer bleiben, wie man sich wohlfühlt. Das gilt auch für den Aufguss.
Welche Regeln sind noch wichtig?
Man sollte unbedingt genügend trinken und sich zwischen den Saunagängen abkühlen. Wer hinterher warm duscht, wird nachschwitzen – was natürlich unangenehm ist. Außerdem sollten sich Anfänger*innen nicht überfordern oder nach ganz oben setzen, wo es am heißesten ist. Ganz wichtig auch: zwischen den Saunagängen ausreichend Pause machen. Ein Saunabesuch sollte niemals in Stress ausarten.
Zur Person: Michaela Butz, Jahrgang 1972, lebt in Rödermark-Urberach und ist Geschäftsführerin eines Reisebüros. Butz trainiert im Sauna-Sportverein “Die Saunaritter” und siegte 2010 bei der Sauna-WM im finnischen Heinola.