Warum dürfen manche Menschen essen, was sie wollen, ohne ein Gramm zuzunehmen? Warum werden andere dagegen schneller dick als sie “Kuchen” sagen können? RUNNING – Das Laufmagazin-Autorin Dr. Claudia Pauli erklärt, warum Menschen einen unterschiedlichen Energiebedarf haben.
Hast du gelegentlich das Gefühl, deinem Gegenüber ist es möglich, zu essen, was und wie viel sie*er möchte, ohne zuzunehmen, während du selbst gewissermaßen schon an Gewicht zulegst, indem du bestimmte Nahrungsmittel “nur anguckst”? Die Ursache begründet sich möglicherweise darin, dass dein Grundumsatz anderen Einflussfaktoren unterliegt. Denn jeder Mensch hat einen individuellen Energiebedarf, der sich aus vier Bestandteilen zusammensetzt: Grundumsatz, Leistungsumsatz, spezifisch-dynamischer Wirkung der Nährstoffe und Verdauungsverlust.
Was ist der Grundumsatz?
Als Grundumsatz bezeichnet man den Energieverbrauch eines entspannt liegenden Menschen im Zeitraum von zwölf Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme bei einer konstanten Umgebungstemperatur von 20 Grad Celsius. Während 60 Prozent des Grundumsatzes der Wärmeproduktion dienen, sind 40 Prozent für die Aufrechterhaltung von Herz- und Kreislauffunktion, Atmung, Nieren- und Hirntätigkeit von Nöten.
Einflussfaktoren des Grundumsatzes sind unter anderem Alter, Geschlecht (Frauen haben einen niedrigeren Verbrauch als Männer), hormonelle Faktoren (zum Beispiel Schilddrüsenfunktion), intensive Trainingseinheiten sowie Stressphasen. Die zwei letztgenannten Aspekte erhöhen den Gesamtumsatz, der sich zumindest näherungsweise berechnen lässt:
Berechnung des Grundumsatzes (pro Tag)
Grundumsatz Männer in kcal = Körpergewicht in kg x 24 x 1,0
Grundumsatz Frauen in kcal = Körpergewicht in kg x 24 x 0,9
Was ist der Leistungsumsatz?
Zusätzlich zum Grundumsatz entsteht aufgrund von körperlicher Aktivität der Leistungsumsatz. Da die Skelettmuskulatur 40 bis 50 Prozent des Körpergewichtes ausmacht, steigt je nach Tätigkeit deren Energiebedarf um mehr als das 20-Fache an.
Dauer und Intensität der Belastung, Größe der eingesetzten Muskelmasse sowie der Trainingszustand bestimmen den Leistungsumsatz. Denn regelmäßig beziehungsweise gut Trainierende benötigen (um die gleiche Leistung zu erbringen) weniger Energie als Untrainierte.
Spezifisch-dynamische Wirkung und Verdauungsverlust
Damit der menschliche Organismus entsprechende Aktivitäten wie etwa einen Tempodauerlauf vollziehen kann, benötigt er Energie in Form von Lebensmitteln. Je nach Art und Menge der aufgenommenen Grundnährstoffe (Kohlenhydrate, Fette, etc.) braucht der Körper eine unterschiedliche Menge an Sauerstoff beziehungsweise Energie, um diese Nährstoffe zu verarbeiten. Diese Wirkung bezeichnet man als spezifisch-dynamisch.
Sofern viele ergänzende Nahrungsmittel zugeführt werden (das heißt normale Mischkost), sodass alle wichtigen Nährstoffe bereitstehen, beansprucht die Verarbeitung der zugeführten Nahrung etwa zehn Prozent des Grundumsatzes an Energie. Rund weitere zehn Prozent werden zudem durch die Verdauungsarbeit verbraucht.
Gesamtumsatz und BMI
Wie zuvor beschrieben, wird der Gesamtumsatz eines Menschen neben dem Grundumsatz vorwiegend durch den Leistungsumsatz bestimmt. Dieser hängt davon ab, wie stark sich jemand im Beruf und/oder in der Freizeit körperlich betätigt. Jugendliche benötigen im Durchschnitt deutlich mehr Energie als Erwachsene, da ihr Organismus noch (schnell) wächst. Wenn wir älter werden, sinken sowohl der Grund- als auch der Leistungsumsatz. Dies gilt es in Bezug auf Ernährungsverhalten sowie Umfang und Intensität der körperlichen Aktivität zu berücksichtigen.
Um das eigene Gewicht einzuschätzen, bietet sich die Berechnung des Body-Mass-Index (BMI) an. Er beschreibt das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße: BMI = Gewicht/Größe2. Ein BMI mit einem Wert von weniger als 18,5 gilt dabei als Hinweis auf Untergewicht. Liegt er zwischen 18,5 und 25, spricht man von Normalgewicht. Überschreitet der BMI die 25 liegt üblicherweise Übergewicht vor. Ein Wert von mehr als 30 deutet auf Adipositas (Fettsucht) hin.
Allerdings berücksichtigt der BMI weder Statur oder Alter der jeweiligen Person noch deren Körperzusammensetzung (Anteil von Fett und Muskelgewebe). So darf der Wert zum Beispiel mit steigendem Alter höher liegen. Insofern ist er nur als Richtwert zu sehen.
Genau hinschauen
In unserer Wohlstandsgesellschaft leiden immer mehr Menschen an Übergewicht. Langfristig kann dies viele negative Folgen haben. Dazu zählt ein im Vergleich zu Normalgewichtigen erhöhtes Risiko für Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Störungen der Herzkranzgefäße, Atembeschwerden oder Arthrose. Daneben können auch soziale Ausgrenzung, Hänseleien oder mangelndes Selbstwertgefühl die Folge sein. Die Ursache für Übergewicht ist, abgesehen von Bewegungsmangel, insbesondere eine ungünstige Ernährung.
Deshalb gelten diesbezüglich folgende Ratschläge: Stark fett- und zuckerhaltige Nahrungsmittel sollten möglichst selten und zudem in geringer Menge konsumiert werden. Es empfiehlt sich, bevorzugt hoch- und vollwertige Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Haferflocken oder Müsli zu sich zu nehmen und auf jene mit “leeren” Kalorien (zum Beispiel Gebäck und Limonaden, die schnell wieder für ein Hungergefühl sorgen) zu verzichten.
Tausch also Fleischwurst gegen fettarme Putenbrust aus, iss anstelle von einem Stück Kuchen zwischendurch eine Scheibe Vollkornbrot mit Hüttenkäse und Gurkenscheiben oder stell dir statt des Gebäcks einen Mix aus Haferflocken, fettarmem Joghurt und Obst auf den Schreibtisch!