Muskeln bringen in Bewegung und geben Halt. Und für viele Menschen sind sie von großer Bedeutung: Sie gestalten unser Äußeres.
Aber woraus sind Muskeln eigentlich gemacht? Wie werden sie gesteuert? Was passiert mit ihnen bei einer Trainingspause und gibt es wirklich Ausdauer- oder Sprintertypen? Interessantes Wissen dazu in zehn Fragen und Antworten.
1. Woraus bestehen Muskeln?
Wie in der Grafik deutlich wird, kann man den Aufbau eines Muskels gut von außen nach innen veranschaulichen. Im Muskel befinden sich die Muskelfasern, die in Muskelfaserbündeln – 10 bis 40 davon befinden sich in jedem Skelettmuskel –, zusammengefasst sind.
Jedes Bündel besteht aus circa 10 bis 20 Muskelfasern, die ihrerseits aus kleinsten Muskelfibrillen aufgebaut sind. Die darin befindlichen Sarkomere bestehen größtenteils aus den Eiweißen Aktin und Myosin. In dem Moment, in dem der Muskel angespannt wird, gleiten sie ineinander und der Muskel zieht sich zusammen.
2. Welche Muskelarten gibt es?
Die Muskelarten sind nicht zu verwechseln mit Muskelgruppen (Rücken, Brust, Beine, Arme und andere). Drei unterschiedliche Arten werden anatomisch definiert:
Quergestreifte Muskulatur
Für Sportler*innen die wichtigste Gruppe, da hiermit die gesamte Skelett- oder Bewegungsmuskulatur beschrieben wird. Sie erhält ihren Namen durch die unter dem Mikroskop gut zu erkennende Querstreifung und ist die einzige Muskelart im Körper, die wir willkürlich steuern können.
Glatte Muskulatur
Unter dem Mikroskop sieht sie glatt aus und entzieht sich unserer bewussten Kontrolle. Gesteuert wird sie vom vegetativen Nervensystem. Glatte Muskulatur findet man in vielen Hohlorganen wie Darm, Blase und Gebärmutter sowie in den Blut- und Lymphgefäßen.
Herzmuskel
Der Herzmuskel bildet tatsächlich eine eigene Muskelgruppe, da er Merkmale beider oben genannten Gruppen aufweist und über ein eigenes Reizleitungssystem verfügt. Es schlägt auch ohne den Einfluss des vegetativen Nervensystems, wird allerdings von diesem gesteuert.
3. Ausdauer- oder Sprintertyp – gibt es das wirklich?
“Mehr oder weniger”, erklärt Georg Sieger, Diplom Sportlehrer und Leiter des Juka Dojo Sportcenters in Hamburg-Fuhlsbüttel. “Wir können zwar die Kraftausdauer genauso wie die Schnellkraft, die beim Sprinter eine wichtige Rolle spielt, trainieren. Entscheidend für beide Kraftarten sind jedoch die unterschiedlichen Muskelfaserarten. Man unterscheidet hier grob gesagt zwischen den roten ST (Slow-Twitch)-Fasern und den weißen FT (Fast-Twitch)-Fasern.”
Letztere kontrahieren schneller, was beim Sprinten entscheidend ist, ermüden aber auch eher. Die roten Fasern hingegen arbeiten langsamer und dafür ausdauernder. Beide Fasern treten in allen Muskelgruppen auf. Es scheint jedoch erblich bedingt zu sein, in welchem Verhältnis sie vorhanden sind.
Die Möglichkeit, diese Fasern “umzutrainieren” ist leider begrenzt, da nur die schnellen FT-Fasern zum Teil in langsame ST-Fasern umgewandelt werden können. Das bedeutet: “Sprinter werden geboren, Dauerläufer werden gemacht.”
4. Was bezeichnet man als Muskeltonus?
Jeder Muskel besitzt unabhängig von der bewussten Steuerung des Menschen eine Grundspannung, den Muskeltonus, was unter anderem für die aufrechte Haltung des Körpers von großer Bedeutung ist.
In der quergestreiften Skelettmuskulatur wird der Tonus durch ein Wechselspiel aus An- und Entspannung einzelner Muskelfasern gewährleistet, bei der glatten Muskulatur durch eine Dauerspannung. Ist der Muskeltonus gestört, spricht man von einer muskulären Dystonie. Durch Medikamente kann der Muskeltonus, bei Operationen etwa, aufgehoben werden.
5. Wie werden Muskeln gesteuert?
Es ist ein kompliziertes Zusammenspiel zwischen verschiedenen Arealen des Gehirns, den Nervenleitungen und dem Muskel, der uns in Bewegung bringt. Das Signal zum Anspannen des Muskels wird über elektrische Nervenimpulse aus dem Gehirn über das Rückenmark in den Muskel geleitet und löst dort einen biochemischen Prozess aus, der zur Kontraktion des Muskels führt.
Die Signale laufen dabei in beide Richtungen. Sogenannte Propriozeptoren melden dem Gehirn zurück, wie die Bewegung abläuft, so dass das Gehirn immer wieder, und das in Bruchteilen von Sekunden, reagiert und durch erneute Befehle die Bewegung optimiert.
6. Was versteht man unter muskulärem Gleichgewicht?
“Ein wichtiger Punkt für jeden Menschen”, unterstreicht Georg Sieger. “Als muskuläres Gleichgewicht bezeichnet man das Zusammenspiel zweier zueinander gehöriger Muskeln, dem Agonisten und dem Antagonisten. Im Oberarm beispielsweise ist der Bizeps, der den Arm beugt, der Agonist.
Bei dessen Kontraktion entspannt sich zeitgleich der Trizeps, der Antagonist, räumlich gesehen auf der gegenüberliegenden Rückseite des Arms. Bei der Streckung des Arms läuft es dann umgekehrt ab. Derartige Muskelpaare findet man überall in der Skelettmuskulatur, so sind zum Beispiel Rücken- und Bauchmuskulatur Agonisten und Antagonisten. Beide Muskelpartien sollten, um Fehlhaltungen zu vermeiden, immer ausgeglichen trainiert werden.”
7. Wie wachsen Muskeln?
Beim Muskelwachstum, auch als Muskelhypertrophie bezeichnet, reagiert der Körper auf starke Beanspruchung, zum Beispiel beim Krafttraining, die Muskelfasern verdicken sich und mehr Proteine (Eiweiße) werden im Muskel eingelagert, so dass dieser leistungsfähiger wird.
Muskelverdickung ist also eine Anpassungsreaktion des Körpers auf erhöhte Belastung. Interessant ist, dass sich beim Menschen die Anzahl der Muskelfasern nicht vermehrt, was bei anderen Säugetieren übrigens durchaus der Fall ist, sondern nur ihr Volumen wächst.
8. Was passiert mit den Muskeln in einer längeren Trainingspause?
Der menschliche Körper ist in seiner Effizienz ähnlich gnadenlos wie eine klamme Firma: Wer nicht gebraucht wird, fliegt raus! So sieht es auch in den Muskeln aus. Machen wir eine Trainingspause, dann werden die mühsam angelegten Eiweißspeicher geplündert, feinere Blutgefäße und Nerven in den Muskeln in den Ruhestand versetzt und Muskelmasse abgebaut.
Einer Studie der Universität Kopenhagen zufolge verschwindet bei jungen Menschen in den Mittzwanzigern bei völliger Ruhestellung eines Beines über 14 Tage ungefähr ein Drittel ihrer Muskelmasse.
Der Wiederaufbau anschließend dauert zwar deutlich länger als der Abbau, aber keine Angst, der Muskel erinnert sich dank des sogenannten “Muscle-Memory-Effekts” an seine frühere Leistungsfähigkeit, so dass man nicht wieder auf absolutem Anfängerniveau beginnen muss.
9. Warum sind Männer oft kräftiger als Frauen?
Um diese Frage umfassend zu beantworten, muss man zwischen anatomischen und gesellschaftlichen Ursachen differenzieren.
Zunächst haben Männer grundsätzlich eine größere Muskelmasse. Und: Der Körperfettanteil ist bei Männern niedriger. Eine weitere Komponente ist die wichtige Muskelversorgung mit Sauerstoff, die bei Männern durch ein größeres Herz, das größere Lungenvolumen und einer höheren Hämoglobin-Konzentration im Blut besser ist als bei Frauen.
Zuletzt spielen auch die Hormone eine wichtige Rolle. Das männliche Testosteron hat eine stark anabole, also muskelaufbauende Wirkung.
Schon im Kindesalter beobachtet man zudem bei Jungs häufiger als bei Mädchen den Drang, sich miteinander zu messen, Leistung zu zeigen und – besonders kräftemäßig – an ihre Grenzen zu gehen. Dabei spielen neben den Hormonen auch gesellschaftlich geprägte Verhaltensmuster eine wichtige Rolle.
10. Welche Muskeln brauche ich beim Laufen?
Möchte man seine Muskeln für das Laufen trainieren, denkt man in erster Linie an die Beinmuskulatur. Aber aufgepasst: “Läufer benötigen auch die Teile der Skelettmuskulatur, die für die Gesamtstabilität des Körpers verantwortlich sind”, bestätigt Georg Sieger. Dazu gehören die Hüft- und Armmuskeln, im Besonderen aber die Bauch- und Rückenmuskulatur, die für die aufrechte Haltung von zentraler Bedeutung sind.
Neueste Erkenntnisse der Trainingsforschung legen nahe, dass neben klassischen Übungen für diese Muskelgruppen auch Liegestützübungen (von Läufer*innen liebevoll “Stabis” genannt) in unterschiedlichen Ausführungen hilfreich sind.
Von Arne Schulz